Kirchheim
Hilfe zur Selbsthilfe

Flüchtlinge Im Jobcafé JET erhalten Menschen mit Fluchthintergrund Hilfe beim Schreiben und Erstellen von Lebensläufen und Bewerbungsunterlagen. Ohne die Ehrenamtlichen geht hier gar nichts. Von Antje Dörr

Manchmal ist er kurz davor, zu verzweifeln. Zum Beispiel, als er den Hauptschulabschluss nicht schafft. Ganz knapp, aber wen interessiert das schon? Durchgefallen ist durchgefallen. Kaum vorstellbar, dass ihm jemand eine zweite Chance gibt. Zumal der verpatzte Schulabschluss nicht sein einziges Stigma ist. Eliyas Jafari, 22 Jahre alt. Gebürtiger Afghane, 2011 vom Iran nach Deutschland geflohen. Motiviert, fleißig, höflich, mit Deutschkenntnissen, keine Frage. Aber reicht das für den deutschen Arbeitsmarkt?

Als Eliyas Jafari ins Jobcafé JET kommt, schöpft er wieder Hoffnung. Die Ehrenamtlichen erarbeiten mit ihm einen Lebenslauf, stellen Bewerbungsunterlagen zusammen, geben ihm Tipps. Eliyas Jafari ruft bei Dorfschmid, einem Kirchheimer Friseurgeschäft an, wird zum Praktikum eingeladen. Er schlägt sich gut. Im Herbst darf er eine Ausbildung beginnen.

Natürlich läuft es nicht immer so. Eliyas Jafari hat viel Glück gehabt, an einen Arbeitgeber zu geraten, der den vermasselten Schulabschluss nicht so wichtig findet. Aber Eliyas Jafaris Geschichte zeigt trotzdem etwas Allgemeingültiges: dass zwischen dem Wunsch vieler Flüchtlinge, zu arbeiten, und ihrem Erfolg auf dem Arbeitsmarkt eine Lücke klafft, die staatliche Institutionen nicht füllen können. „Einen Lebenslauf zu erstellen, aus den Menschen rauszubekommen, was sie eigentlich schon alles gemacht haben, das ist richtig zeitaufwendig“, sagt Bruno Möltgen, ein pensionierter Ingenieur, der als Ehrenamtlicher bei JET arbeitet. „Das könnten die Jobcenter-Mitarbeiter gar nicht leisten“.

411 Menschen: So viele haben sich im Jobcafé JET, das zweimal die Woche im Café Eckpunkt der Diakonischen Bezirksstelle in Kirchheim seine Türen öffnet, seit Ende 2015 beraten lassen. Knapp 90 Prozent von ihnen sind Männer. „Die meisten, die hierher kommen, sind schon eine Weile hier und haben bereits Deutschkurse hinter sich“, sagt Leiterin Theresa Ringwald. Weil Flüchtlinge ohne Sprachkenntnisse ohnehin keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, wird im JET Deutsch gesprochen.

Die Wünsche sind völlig unterschiedlich: Manche wollen eine Lehre oder ein Studium beginnen, andere streben eine ungelernte Tätigkeit an. Auch der Grad an Unterstützung, den die Besucher benötigen, variiert. „Manche nehmen ihre Unterlagen mit und machen von da an alles selbstständig. Anderen müssen wir zeigen, wo sie Stellenanzeigen finden können“, sagt Theresa Ringwald. „Wir gehen auch mal mit zu einem Vorstellungsgespräch. Oder zum Jobcenter“, ergänzt Otto Kapp, ein weiterer Ehrenamtlicher. Das Ziel sei jedoch, dass die Flüchtlinge sich selbstständig um einen Job kümmern können, sagt Theresa Ringwald. „Es kommt bei einem Arbeitgeber viel besser an, wenn nicht wir anrufen, sondern der Mensch selbst.“

Wie erfolgreich die Arbeit ist, ist schwer zu sagen. Ob die Bemühungen der Ehrenamtlichen am Ende Früchte tragen, wissen sie selbst nur im Einzelfall. Darum gehe es aber auch nicht, sagt Ringwald. JET sei schließlich keine Jobvermittlung, sondern Hilfe zur Selbsthilfe.