Kirchheim. Eine Packung Eier ist nichts im Haushalt von Dilek N. (alle Namen sind von der Redaktion geändert). Bei sechs Kindern ist sie nach einer Mahlzeit weg. Umso mehr fällt der Mutter auf, wie stark die Preise gestiegen sind. „Statt 1,20 Euro kostet die Packung jetzt 1,60 Euro.“ Das bedeutet eine Steigerung von satten 30 Prozent. Das setzt sich bei den Einkäufen fort: Pro Woche gibt sie statt 150 bis 180 Euro in letzter Zeit regelmäßig zwischen 260 und 300 Euro aus. Die achtköpfige Familie bezieht vom Amt Arbeitslosengeld II, nach Abzug von Strom und Miete hat die Mutter noch etwa 1000 bis 1100 Euro zum Leben.
Dabei fällt es ihr immer schwerer, auf Qualität zu achten. „Früher hab ich auch Biogemüse gekauft, das geht jetzt nicht mehr.“ Das Hackfleisch vom türkischen Metzger ist auch enorm im Preis gestiegen: Von 5,50 Euro auf 8 Euro pro Kilo. Leidtragende sind die Kinder. „Ich kaufe ehrlich gesagt auch mal Nuggets, wenn die im Angebot sind. Statt Wurst und Käse gibt es oft nur Frischkäse. Insgesamt ernähren wir uns schlechter“, sagt sie. Und seit wegen Corona die Schulmensa geschlossen ist, muss sie ihrer Tochter auch etwas fürs Essen mitgeben. „Ihre Freundinnen holen sich einen Döner, sie geht zum Bäcker und holt für ein paar Cent ein Brötchen“, sagt sie. „Ich würde dem Landwirtschaftsminister gerne mein Geld geben. Dann soll er mir sagen, wie er davon sechs Kinder ernährt“, sagt sie.
„Unter aller Kanone“, findet Else T. den Versuch der Politik, „gerechtere Preise“ zu erzielen. Sich vernünftig zu ernähren, werde immer schwerer, sagt die Bezieherin einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Im Monat bleiben ihr für Essen und Bekleidung etwa 400 Euro. Fleisch isst sie wenig, aus der Region ist es für sie „unbezahlbar“. Sie sagt, sie verstehe aber auch die Bauern, dass sie mehr bekommen müssten. „Mein Vater kommt aus einer Bauernfamilie, ich stand als Kind selbst auf dem Feld.“ Die Leute müssten weniger Fleisch essen, aber grundsätzlich müsse die Politik dafür sorgen, dass Lebensmittel bezahlbar bleiben.
Verständnis für die Nöte der Landwirte hat auch Helene K., aber sie sagt ebenso: „Man muss auch an sich selbst denken.“ Und damit hat die 57-Jährige, die einen Sohn groß gezogen hat und krankheitsbedingt eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, mehr als genug zu tun. Denn mit 200 Euro pro Monat bleibt ihr abzüglich einiger Rückzahlungen für Vorschüsse an den Landkreis und einen Stromversorger nur wenig zum Leben. „Ein Einkauf kostet mich statt 15 Euro nun 20 Euro“, sagt sie. Fleisch isst sie so gut wie gar nicht. Wie man den Konflikt zwischen Erzeugern und Konsumenten auflösen soll, weiß sie nicht. Da sagt sie ehrlich: „Es wird immer einen Verlierer geben.“ Thomas Zapp
Blitzumfrage zur Preissteigerung bei Lebensmitteln
Von Silja Kopp