Ohne großes Bohei legt Holger Paetz in der Kirchheimer Bastion mit der Politik los, nimmt erst mal Aiwanger, Söder, Greta, Klimakleber und Kriegsverbrecher aufs Korn, nach dem Motto: „Die Guten in die Stube, die Schlechten in die Grube.“
Muss Kabarett durchweg lustig sein? Offenbar nein, wenn man Menschen wie Holger Paetz einlädt. Es sind seine grotesken, amüsant-zynischen und hintersinnig-aufrüttelnden Gedankengänge, die – Hand aufs Herz – überwiegend der Wahrheit entsprechen. Mal nur zum Lachen, öfter allerdings zum Nachdenken, Kopfschütteln oder auch zum stillen Genießen.
Treffsicher philosophiert der mehrfach preisgekrönte Kabarettist und Autor aus München in seinem Programm „Liebes Klima, gute Besserung!“ über eben das Klima, aber auch Politik und Vieles, was in Sachen Biodiversität, Evolution, Gesellschaft, Ökologie und Ökonomie noch im Argen ist. Auf seine Art ist Holger Paetz ein Menschenfänger. Man hört dem in Aschaffenburg aufgewachsenen Künstler mit der scharfen Beobachtungsgabe und der Tendenz zur Selbstironie gerne zu: ein teuflisch guter Rezitator, der seine unfassbare Textfülle ohne Hänger, dafür aber mit Betonung, stimmiger (Körper)Sprache und insbesondere mit vielfältiger Gesichtsakrobatik, souverän rüberbringt. Stehen, laufen, sitzen. Stetig im Flow, schaut Holger Paetz intensiv nach oben, nach unten, nach rechts und links, kommuniziert mit seinen vielen „Augenblicken“ mit dem Publikum und das, obwohl diesem scheinbar manchmal das Lachen vergeht.
Von SUV bis „Fridays für Future“
So erkennt Holger Paetz, dass die Redewendung „über den Tisch ziehen“ bei Putin eine „sportliche Bedeutung“ bekommt. Zwischendrin switcht er zu den „SUV-Fahrern“, die er je nach Sichtlage genauso zum Erbrechen findet wie die „schweißtriefenden Trampelsäcke“, also Jogger. Anders sieht er es bei „Fridays for Future“, die ja nach wie vor alle gutheißen würden. „Kinder, ich finde das so bewundernswert, im Geiste bin ich bei euch – mit der Heuchelei bringt das Laster der Tugend seine Huldigung dar“, so Holger Paetz über das Engagement der Jugendlichen und schiebt nach: „Alte Männer sind gefährlich, denn sie erleben die Folgen ihrer Entscheidungen meist nicht mehr.“ Auch macht er sich Gedanken über die arbeitslose Bundeswehr. „Die könnten doch zum Amazonas fahren und den Regenwald beschützen oder bei Lidl an die Fleischtheke, falls jemand Gulasch kaufen will.“
In vielem geht es Holger Paetz um die Moral der Industrie, um das Erkennen ihrer Falschheit, wenn sie ihrer Kundschaft vorgaukeln: „So eine Sauerei, das machen wir nicht“. Doch Paetz hat die Industriebosse durchschaut. „Keine Drecksau mehr zu sein geht ja nur, wenn man vorher eine war. Was wäre der biblische Paulus ohne den Saulus“. Dann kommt er zu den Apothekern, die verkaufen was sie wollen, darunter auch tausendfach verdünnte Globuli für jegliches Zipperlein. Sein Vorschlag: „Münzen mit Wasser abspülen, selbiges auffangen und damit bezahlen.“
Extrem vielseitig und erkenntnisreich
Der Inhalt seines Programmes ist extrem vielseitig und überaus erkenntnisreich. So lernen die Bastion-Zuschauerinnen und Zuschauer, dass „Lügen auch durchaus lange Beine haben“ und, dass es seit Corona „Schräggläubige unter uns gebe“, wobei ihm am besten die „Impfgegner mit Reichskriegsflagge“ gefallen. „Bei manchen wünscht man sich ein Hirngerinnsel im Blut, statt einem Blutgerinnsel im Hirn.“
Ein wahrer Meister seines Fachs ist der preisgekrönte Künstler nicht zuletzt in seinen Gedichten, die nach dem Motto „kurz, knackig und auf den Punkt“ mit einer Quintessenz des Unerwarteten daherkommen. Es ist bei den mehrfach gereimten Zugaben, bei denen das Publikum befreit auflachen kann.