In Kirchheim ist auf 3,5 Hektar das Steingauquartier mit etwa 375 Wohnungen entstanden – ein Vorzeigeprojekt für soziale und bauliche Vielfalt, wirbt die Stadtverwaltung Kirchheim. „Das Steingauquartier hat es verdient, der breiten Bevölkerung präsentiert zu werden, deshalb haben wir uns für das zweite IBA’27-Festival beworben“, sagt Oliver Kümmerle, der stellvertretende Abteilungsleiter Städtebau und Baurecht Kirchheim. Das Potenzial haben auch die Veranstalter erkannt, denn: Kirchheim ist bei dem zweiwöchigen Programm mit von der Partie und das nicht nur mit einem Projekt, sondern gleich mit zwei.
Auch das Bauvorhaben „Badwiesen 2030“ findet seinen Weg auf die Bühne. Genauso sind etwa das Holzparkhaus und die Neckarspinnerei in Wendlingen Teil des Festivals, das bereits vor dem Ausstellungsjahr 2027 Einblicke in Arbeitsweisen, Projekte und Ideen der „Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart“ (IBAʼ27) gewährt. „Jetzt, zwei Jahre vor der Ausstellung, ist Baustellenzeit, und durch das Festival können sich die Projektverantwortlichen untereinander austauschen“, sagt Markus Bauer, der Teil des Kommunikationsteams der IBA’27 ist. Sacha Rudolf von der IBA ist für das Steingauquartier zuständig und ergänzt: „Alle können noch mal schauen, was man voneinander lernen kann.“ Die Bewohnerinnen und Bewohner des Steingauquartiers hätten beispielsweise die Whatsapp-Gruppe „biete-suche“, die sich als hilfreich herausgestellt habe, sagt Rudolf. Wenn jemand etwa einen alten Kinderstuhl übrig hat, könne er das mitteilen und sagen, was er gerne dafür hätte.
Quartiersprojekte in Kirchheim
Was macht Kirchheim so besonders? Das erfuhren Festivalbesucherinnen und -besucher des Steingauquartiers. Im Rahmen einer Führung durch das Quartier wurde dessen Entwicklung veranschaulicht. Die Grundlage bilde ein innovatives Verfahren, durch das Grundstücke gezielt an Baugemeinschaften, lokale Bauträger und Privatpersonen vergeben worden seien, um sowohl eine gewisse bauliche Vielfalt als auch die Gemeinwohlorientierung sicherzustellen, teilt die Stadtverwaltung mit.

Neben dem Steingauquartier gibt es in Kirchheim das Projekt „Badwiesen 2030“. Auf dem Gelände einer in den 1960er-Jahren gebauten Wohnanlage soll ein durchmischtes Quartier mit Genossenschaftsmietwohnungen entstehen. Modernisieren, energetisch sanieren und nachverdichten steht auf dem Plan. Hierdurch sollen auf dem fast drei Hektar großen Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof aus 192 Genossenschaftswohnungen 309 werden. Außerdem sind Gemeinschaftsbereiche geplant, um Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen ein modernes, vielseitiges und barrierearmes Leben zu ermöglichen. Neben der Sanierung der Bestandsbauten entstehen auch fünf Häuser in Holzbauweise. Die Stadtverwaltung Kirchheim teilt mit: „Die energiesparenden Gebäude werden mit Abwärme aus einem nahegelegenen Abwasserkanal versorgt.“
Was sind IBA’27-Projekte?
IBA’27-Projekte sind Bauprojekte, die zeigen, wie neue Wege in die Zukunft aussehen können, teilt die IBA’27 auf ihrer Internetseite mit. Zum Großteil handelt es sich um größere Quartiere, die durch den Um- und Weiterbau bestehender Siedlungen, Gewerbegebiete oder brachliegender Fabrikgelände entstehen, wie etwa die Neckarspinnerei in Wendlingen. Ziel sei es, urbane Gebiete mit einer dichten Mischung aus Freizeit, Wohnen, Arbeiten, Kultur und Produktion zu schaffen. Bereits im Jahr 2027 sollen die IBA’27-Projekte als IBA-Ausstellungsorte zumindest teilweise fertiggestellt sein.

Ergänzend zu den IBA-Projekten bietet das sogenannte IBA’27-Netz darüber hinaus Raum für Vorhaben, die unabhängig von der IBA entwickelt wurden, nicht direkt in der Region Stuttgart liegen, bereits fertiggestellt sind, oder für solche, die sich nicht bis ins Jahr 2027 fertigstellen lassen. Dazu zählen das Kirchheimer Steingauquartier und die „Badwiesen 2030“. Die IBA dokumentiere die Vorhaben und fördere den Austausch zwischen den Trägern und den IBA-Projekten. So entstehe ein Netzwerk des Wissens, das über die IBA’27 selbst hinausreiche.
„Untere Wiesen“ in Dettingen
Auch Dettingen stand wegen seines Quartierprojekts „Untere Wiesen“ im Austausch mit der IBA. Vorrangig gehe es darum, den Guckenrain an den Dettinger Ortskern anzubinden. Bürgermeister Rainer Haußmann erklärt: „Das Projekt wird das Zieljahr 2027 leider nicht erreichen“, deshalb werde es derzeit nicht öffentlich beworben und ist auch nicht Bestandteil des IBA’27-Festivals. Dennoch arbeite die Stadt an der Umsetzung: „Momentan planen wir den Neubau der Unterführung unter der B 465 und der Teckbahn für rund zwölf Millionen Euro.“ Damit würden die Chancen für die „Unteren Wiesen“ deutlich steigen, weil erst damit die gefahrlose und barrierefreie Verbindung der getrennten Ortsteile und der fußläufige Anschluss an den Hauptort und die Schiene geschaffen werde.
Projekte in Wendlingen
Im direkten Bahnhofsumfeld hat die Stadt Wendlingen ein Holzparkhaus gebaut, das so konstruiert ist, dass es bei einem Rückbau in den Materialkreislauf zurückgeführt werden kann. Bevor es jedoch je zu einem Abriss kommen sollte, gebe es aufgrund der Bauweise auch noch die Möglichkeit, den Raum für andere Zwecke zu nutzen.
Auf dem stillgelegten Spinnereigelände in Wendlingen-Unterboihingen soll die vorhandene Fabrikstruktur mit robusten, anpassungsfähigen Gebäuden fortgebaut werden, heißt es auf der IBA-Website. Grüne Freibereiche ziehen sich bis an den Neckar und machen das Flussufer zum attraktiven Park. So bilden auf dem Quartiersgelände „Neckarspinnerei“ Wohnen und Arbeiten, Kultur, Handel und Freizeit einen dichten Nutzungsmix.
Projekte in Nürtingen
Im Zentrum von Nürtingen in der Kirchstraße 14 soll durch das sogenannte Welthaus einen Ort für fairen Konsum, bezahlbare Mieten und mehr gesellschaftliches Miteinander geschaffen werden. Außerdem planen die Stadt sowie Bürgerinnen und Bürger zusammen mit der IBA’27 im direkten Bahnhofsumfeld ein gemischt genutztes Quartier. Umstrukturierungen im Bus- und Bahnverkehr sollen im Rahmen des Projekts Bahnstadt Nürtingen die Möglichkeit schaffen, innerstädtische Flächen neu zu entwickeln.
Das IBA’27-Festival geht noch bis zum 24. Mai. Das vollständige Programm ist im Internet zu finden unter festival.iba27.de