Kirchheim
„Ich fahre im Büro am liebsten Rad“

New Work In der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule in Kirchheim arbeiten „Geschäfts­führer“ und „Mitarbeiter“ im innovativen Büro Hand in Hand. Von Debora Schreiber

„Wer länger sitzt, ist früher tot“, hat die stellvertretende Schulleiterin der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule, Claudia Häfner, gegoogelt. Im Zukunftsbüro der Berufsschule in Kirchheim läuft daher einiges ganz anders als im übrigen Schulalltag.  

Junioren- und Übungsfirmen sollen die Schülerinnen und Schüler optimal aufs Berufsleben vorbereiten. Zu diesem Konzept passen jetzt auch die neuen Räume: modern, innovativ, aber auch unterrichtstauglich sollten sie sein, erklärt Claudia Häfner. Nach zwei Jahren Planung und Umsetzung findet die feierliche Einweihung des Büros der Zukunft statt.

Hierfür lässt sich keiner zweimal bitten: Neben dem Esslinger Landrat Heinz Eininger, den Landtagsabgeordneten Andreas Kenner und Natalie Pfau-Weller und der Bürgermeisterin Christine Kullen sind zahlreiche Gäste erschienen, um die neuen Büroräume und das „Lernen von morgen“ in Augenschein zu nehmen. 

Ein entscheidender Gedanke war die körperliche Bewegung. „Viele Studien belegen, dass ständiges Sitzen im Büroalltag sehr schädlich und ungesund ist. Bewegung hingegen bedeutet, dem Körper etwas Gutes zu tun. Das verbessert die Konzentration“, sagt Claudia Häfner. Daher war schnell klar, es kann nicht nur darum gehen, Stehtische aufzustellen, sondern es brauche auch Geräte, die zum Bewegen anregen und motivieren.

 

Das Lernen lernen

Heinz Eininger betont, wie wichtig die Berufsschulen sind. „Alle, die nicht studieren, gehen durch die beruflichen Schulen, das vergisst man oft.“ Dabei seien gerade sie sehr wichtig, da sie den Schülerinnen und Schülern Flexibilität vermittelten. Anstatt immer mehr Stoff anzuhäufen, plädiert er dafür, den jungen Leuten wieder das Lernen beizubringen. 

Der Lehrerin Julia Haußmann sowie ihren Kolleginnen und Kollegen waren bei der Umsetzung des Zukunftsbüros vier Punkte ganz besonders wichtig: Flexibel, sportlich, digital und nachhaltig sollte es sein. Kurz gesagt: New Work war der Grundgedanke. Hier bildeten die Lehrer als Geschäftsführer und die Schülerinnen und Schüler als Mitarbeitende ein Team mit flachen Hierarchien. Es gehe darum, die Kreativität zu fördern und die Jugendlichen individuell anzuspornen – jeder mache das, was er gut könne. Daher gibt es auch keine festen Arbeitsplätze, jeder kann sich seinen Platz frei wählen. „So werden die Jugendlichen eigenständig, selbstbewusst und lernen, Problemlösungsstrategien zu erarbeiten“, sagt Haußmann.

Von I-Pads über Touchboards bis Laptops ist das moderne Büro gut ausgestattet. „Je nach Arbeitsauftrag könnten die Mitarbeitenden dann entscheiden, welches Endgerät am besten geeignet ist“, sagt Haußmann. 

 

Ein bisschen Rad fahren

„Mit den Desk-Bikes kann man die Füße beim Arbeiten bewegen: Langsam Rad zu fahren, ist immer noch besser, als nicht zu fah­ren.“ Damit nicht genug: Sitzbälle und Gibbon Boards – ein Brett mit Band, über das balanciert werden kann – sorgen für Abwechslung. „Das steigert die Konzentrationsfähigkeit, danach kann es motiviert weitergehen.“ Das bestätigt auch die Schülerin Chiara Gollnau, die das Berufskolleg 2 besucht. „Hier lernt man besser als in anderen Fächern, weil hier nicht so viel vorgegeben ist und man eigene Entscheidungen treffen kann.“ Man könne sich hinsetzen, wo man möchte, kann stehen, in der Gruppe arbeiten, auf dem Ball oder Rad sitzen. Die Atmosphäre sei familiärer und trotzdem würde man viel eigenständiger arbeiten. „Das ganze Büro gefällt mir sehr gut, aber am liebsten fahre ich mit dem Rad, während ich für die Übungsfirma arbeite“, sagt Chiara Gollnau.