Kirchheim
Im Fickerstift mähen seltene Schafe das Gras

Aktion Schafe und Kinder einer benachbarten Kita erfreuen an einem heißen Nachmittag die Senioren. Eingefädelt hat die Aktion der Hausmeister. Von Thomas Zapp

Das charakteristische, fast klischeehafte „Määäääh“ ertönt tatsächlich recht bald von einem kleinen Lamm als Teil der Mini-Schafherde. Das Echo ist dann aber menschlichen Ursprungs: Einige Kinder der nahe gelegenen Kindertagesstätte „Kuschelwolke“ auf dem ehemaligen Hallenbadareal sind in den Garten des Kirchheimer Fickerstifts gekommen, um die ungewöhnlichen Besucher zu bestaunen. Dass vier Schafe das hohe Gras im Garten der Seniorenanlage mampfen oder im Schatten der Bäume liegen, ist eine Premiere für 86 Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims. 

 

Wenn sie nicht mehr so oft rauskommen, soll das Leben reinkommen. 
Petra Mayer
Betreuungskraft im Fickerstift

 

Die besondere Aktion haben sie Ralf Haßelbach zu verdanken. Der selbstständige Dienstleister betreut unter anderem auch den Fickerstift als Hausmeister. „Er hatte die Idee, die Schafe mitzubringen, und wir fanden das super“, sagt Petra Mayer, Betreuungsfachkraft im Seniorenheim. Der Hausmeister hält nämlich in seiner Freizeit Schafe auf einem Obstwiesen-Stückle in Dettingen, das er von seinem Großvater geerbt hat.

Dabei erhält er auch eine Schafrasse, die auf der Roten Lis­te vom Aussterben bedrohter Nutztierarten steht: das Alpine Steinschaf. Es möglich gemacht. gilt als eine der ältesten Schafrassen überhaupt und hat die Schafzucht in den Ostalpen geprägt. Heute wird sie allerdings nur noch in kleinen Herden gehalten, meistens von Nebenerwerbslandwirten. Sie gilt als robust und wetterhart mit einer hohen Milchleistung und ist für Hochlagen geeignet. Offenbar waren sie auch aufgrund ihres Fleisches so beliebt, dass zu viele von ihnen geschlachtet und zu viele Böcke kastriert wurden.

Dieses Schicksal bleibt den Schafen im Garten des Kirchheimer Fickerstifts erspart: Im Gegenteil werden sie viel gestreichelt, natürlich unter Aufsicht von Ralf Haßelbach, der in seiner Abwesenheit einen Stromzaun als Gehege aufgestellt hat. „Unsere Bewohner waren begeistert“, sagt Petra Mayer. Vor allem in der Kombination mit den Kindern habe der Nachmittag unheimlich viel Leben ins Haus gebracht. Schließlich gab es gegen die brütende Hitze an diesem Nachmittag für alle auch noch kühle Getränke, Popcorn und erfrischende Kugeln Eis. 

Die Schafe erfreuen Kinder, Erzieherinnen und Senioren gleichermaßen – und den Tieren scheint es auch zu gefallen. Fotos: Tobias Tropper

Und als die Kinderschar wieder weg war, blieben viele Seniorinnen und Senioren einfach sitzen und schauten den friedlich weidenden Tieren einfach nur zu. Petra Mayer hofft, dass es nicht die letzte Aktion gewesen war. „Es ist einfach schön, wenn die Türen offen bleiben und das Leben reinkommt“, sagt sie. Für die Senioren, die nicht mehr so selbstständig sind, sei es eine Bereicherung, gerade wenn Kinder dabei sind. „Die meisten haben ja Kinder und Enkel, die aber oft weiter weg wohnen“, sagt Petra Mayer. Sie hofft daher, dass diese Aktionen noch öfter stattfinden und das „Määäääh“ bald wieder im Garten des Fickerstifts erklingt – sei es vom Schaf oder aus Kindermund.

 

500 Tiere weltweit gibt es geschätzt noch von den Alpinen Steinschafen laut der österreichischen Website www.tier­erlebniswelt.at.