Kirchheim
Im Gewölbekeller von Alex’ Pub in Kirchheim gehn die Lichter aus

Gastromonie  Alex‘ Pub macht dicht – aber nicht für immer. Nach dem Lockdown für Clubs und Diskotheken geht’s für Alex Gössl an anderer Stelle in Kirchheim weiter, diesmal aber ebenerdig. Von Thomas Krytzner

Heiliger Morgen, 10 Uhr: Vor Alex‘ Pub in der Max-Eyth-Straße stehen bereits die ersten Gäste und zücken ihre Impfzertifikate, um reingelassen zu werden. Ihnen ist bewusst, es wird das letzte Treffen zum Heiligen Morgen im stimmungsvollen Gewölbekeller sein. Drinnen bereiten Pächter Alexander Gössl, Katja Solic und Caro Krämer wie immer das englische Pub für die Feiernden vor. Und doch ist es nicht wie immer. Denn: Es wird das letzte Mal sein, dass sie das Pub öffnen.

Wehmut macht sich breit. Pächter Alexander Gössl, den alle nur Alex nennen, sieht der Schließung mit einem weinenden und mit einem lachenden Auge entgegen: „Es ist schade, dass es hier nicht mehr weitergeht, aber ich freue mich auf die Wiedereröffnung nach dem Gastro-Lockdown an anderer Stelle in Kirchheim.“

Dabei hatte vor über zwei Jahren alles hoffnungsvoll begonnen, wie sich Alex Gössl erinnert: „Im Filmriss lief mein Pachtvertrag aus und hier im Gewölbekeller gab es damals schon eine Disco-Konzession. Die haben wir uns gesichert.“ Um nicht mit Wirt Michael Holz zu konkurrieren und solange der „Filmriss“ noch existiert, sollte dieses Lokal nur ein Pub mit viel Livemusik sein, erklärt Alex Gössl das damalige Vorhaben. Doch dieses stand unter keinem guten Stern. „Als wird das Pub Anfang April 2019 eröffneten schlitterten wir ins Sommerloch“, erinnert sich der Pächter. Als die Gäste ab Herbst den Gewölbekeller mit Leben füllten und mit dem Pub endlich Geld zu verdienen war, kam Corona und mit der Pandemie die Lockdowns. „Von insgesamt 31 Monaten seit Eröffnung des Pubs waren 22 Monate pandemiebehaftet“, seufzt Alex Gössl. Er hatte sich zwar zwischenzeitlich die Ausschank- und Speisekonzession besorgt, um sein Pub nach den Lockdowns gemeinsam mit den Restaurants wieder früher aufmachen zu dürfen, doch so richtig auf den grünen Zweig kam er im Gewölbekeller trotz aller Anstrengungen nicht.

„Dank dem Kulturamt, das den Kultursommer 2021 auf die Beine stellte, hatten wir einen lohnenden Sommer – nicht zuletzt, weil Diskotheken geschlossen bleiben mussten.“ Der Andrang war so groß, dass Alex Gössl gar nicht alle Gäste ins Pub reinlassen konnte: „Wir mussten mit Security-Mitarbeitern den Zugang ins Lokal regeln.“ Dieses auf und ab der Gästezahlen ließ die Gedanken kreisen und als im Juni dieses Jahres die Verlängerung des Pachtvertrages anstand, wollte Alex Gössl eine Ausstiegsklausel im zu unterzeichnenden Schriftstück haben. „Wir konnten uns leider nicht einigen und so läuft der Vertrag nun ohne Weiterführung aus“, bedauert Alex Gössl.

Am ersten Weihnachtstag verabschiedeten sich Pächter und Team von ihren Stammgästen, wenn auch nur für eine bestimmte Zeit. „Wir kommen wieder“, verspricht Alex Gössl, ein entsprechendes anderes Lokal – diesmal im Erdgeschoss – ist bereits gefunden. „Wenn alles passt, eröffnen wir nach dem neuerlichen Lockdown für Clubs und Diskotheken.“

Sein Publikum, dessen Durchschnittsalter Alex Gössl auf 20 schätzt, fand den Weg von überall her in den Gewölbekeller. „Wir hatten sehr viele Besucher aus Göppingen, Nürtingen und aus dem Reutlinger Kreis“, teilt der Pächter mit. An Schlägereien im Pub kann er sich nicht erinnern. „Klar waren einzelne Gäste mal angeheitert, aber damit muss man umgehen können, wenn man Alkohol ausschenkt. Bis jetzt hatten wir alles jederzeit im Griff.“

Die Gäste bedauern, dass Alex‘ Pub einstweilen schließt. „Sie haben uns während der Pandemie immer unterstützt und waren großzügig beim Trinkgeld“, stellt Alex Gössl dankbar fest. „Als klar wurde, dass wir dicht machen, waren unsere Gäste sehr traurig. Eine Stammkundin hat sich letztens sogar weinend dafür bedankt, dass mit unserem Pub wenigstens eine Lokalität für die Jungen geöffnet war.“ Sie freuen sich, wenn es im neuen Jahr an einem anderen Ort mit Alex‘ Pub weitergeht.

 

Drei Fragen an Alex Gössl

1. Was bleibt aus dem Keller in ­Erinnerung?
Dass meine Familie und ich erst drei Monate renovieren mussten, um das besondere Ambiente in den Keller zu kriegen. Der Laden sah bei Übernahme desaströs aus. Wir haben gefühlt 100 Liter Farbe verbraucht, um daraus ein Schmuckstück zu machen. Gerne erinnere ich mich an die vielen Live-Musik-Acts im ersten Jahr. Witzig war, dass viele zu Beginn das Logo des Pubs – ein Original-­Abbild meiner Engli­schen Bulldogge Oscar – für ein Symbol der Rockerszene hielten.
 

2. Wofür sind Sie dankbar?
Vor allem ­meinen Gästen bin ich dankbar, die sofort da waren, als wir wieder öffnen konnten. Ohne sie hätten wir längst Insolvenz anmelden müssen. Nicht zuletzt war ich in den vergangenen zwei Jahren über mein eingespieltes Team froh. Mit Katja Solic hatte ich eine Ikone aus der Gastronomie an Bord. Wir hatten stets einen guten Mix an Servicepersonal und sind zu einer Familie zusammengewachsen. Während der Lockdowns saß ich oft einsam hier und manchmal flossen sogar ­Tränen.
 

3. Wie soll es nun eigentlich weitergehen?
Das Pub im englischen Stil bleibt weiterhin bestehen. Wir ziehen aber aus dem Gewölbekeller aus in ein ­anderes Kirchheimer ­Lokal. Da dieses glücklicherweise im Erdgeschoss liegt, blicke ich positiv gestimmt in die nahe Zukunft. Seit dem Jahr 1995 bin ich hauptberuflich in der Gastronomie tätig, da würde eine Umschulung einfach keinen Sinn machen. Ich liebe es nämlich wirklich, für meine Gäste da zu sein, das ist nicht nur ein Job, sondern tatsächlich Berufung. kry