Ich bin glücklich, wenn meine Gäste glücklich sind“, sagt Samer Firas. Der 25-Jährige ist schon seit Jahren ein bekanntes Gesicht im Restaurant Incanto in Kirchheim. Frech und schlagfertig ist er – und einen freien Tisch kann Samer Firas in den hellen Innenräumen oder im schattigen Außenbereich irgendwie immer für die Gäste des beliebten Restaurants hervorzaubern. Dabei steht die Gastfreundschaft immer an erster Stelle – und an heißen Tagen stellt er auch mal still und leise den Tauben ein Schälchen Wasser hin.
Knapp zwei Jahre nach dem Feuer, das im Januar 2020 in dem Restaurant ausgebrochen war und das gesamte Gebäude in der Kornstraße 1 verwüstet hat, übernahm Firas bereits gegen Ende 2021 das Incanto von Alberto Gabos und Alexander Beutelschiess. Als Betriebsleiter führte er das Restaurant, übernahm Verantwortung – doch war noch nicht selbstständig.
Im Januar beschlossen dann Gabos und Beutelschiess, dass Firas selbst der neue Inhaber und Pächter des Incanto werden soll. „Es hat einfach gepasst – und so kümmert sich jeder um sein Restaurant“, sagt Firas, dessen ehemalige Chefs das Fass in der Dettinger Straße und das al Campo im Golfclub Teck in Ohmden führen. Seit dem 15. Juni ist Samer Firas nun der einzige Chef im Incanto. Wieso er für Gabos und Beutelschiess der richtige Mann für das Restaurant ist? „Ich bin zuverlässig, das Vertrauen war da“, sagt er fast schon nachdenklich und fügt dann selbstbewusst grinsend hinzu: „Ich kann den Laden schmeißen.“
Das Konzept im Incanto bleibt wie zuvor: „Die mediterrane Küche kommt sehr gut an. Pasta, Fleisch, Nudeln: Es gibt alles. Und unser Fisch wird frisch geliefert. Auf der Tageskarte bieten wir immer etwas Außergewöhnliches an – mit frischen Zutaten und Selbstgemachtem, wie Ravioli“, sagt Samer Firas. „Incanto bedeutet, die Gäste zu verzaubern“, fasst er das Konzept zusammen. Dabei setzt er auch beim Personal auf Altbewährtes: Koch und Kellner sind trotz des Besitzerwechsels geblieben. Veaceslav Chiriliuc ist beispielsweise schon seit Jahren Koch im Incanto. Der in Moldawien geborene Mann wurde in Italien zum Koch ausgebildet. „Das italienische Essen ist das beste der Welt“, betont er.
Dass das Incanto einen neuen Besitzer hat, merken die Gäste nur an einem Text, der inklusive Foto des neuen Chefs vorne in der Speisekarte des Restaurant steckt. „Viele sehen das aber gar nicht“, meint Firas leichthin. „Die, die mich kennen, wissen aber davon und sie freuen sich sehr für mich. Sie wissen: Ich bin immer am Arbeiten und immer da für den Laden.“
Flucht aus dem Irak
Dabei war Gastronom nie der Traumberuf des Mittzwanzigers. Als er noch ein Kind war, wollte er Bankkaufmann werden. Damals lebte er noch mit seinen Eltern und Geschwistern im Irak und erlebte mit, wie 2003 der Krieg ausbrach. Im Juni 2007 dann begann die Flucht der Familie. „Wir waren bis November 2008 unterwegs“, sagt er. Erst flüchteten sie nach Istanbul, dann ging es zu Fuß nach Thessaloniki. „Wir sind tagelang gelaufen und ich wusste nicht, wo wir waren“, erinnert er sich. Zweimal landete die Familie als Illegale im Gefängnis: In Thessaloniki und in Athen. Von Griechenland aus gelang der Familie Firas die Flucht nach Deutschland. Dort wurden Samer Firas, sein Bruder, seine Schwester und seine Eltern der Stadt Esslingen zugewiesen. Mit dem Bus ging es los, doch der Transfer stoppte einfach in Kirchheim.
Seitdem lebt Samer Firas in Kirchheim. An der Freihofschule lernte er Deutsch, an der Alleenschule machte er seinen Schulabschluss. In der siebten oder achten Klasse absolvierte er ein Praktikum beim Modehaus Fischer – und machte sich so gut, dass er mit einem Ausbildungsvertrag nach Hause kam. Die einzige Voraussetzung: Zuerst muss er seinen Hauptschulabschluss schaffen. Zwei Jahre lang lernte er „an der harten Schule des Schwaben“. Seine „Abmahnungen“ kann er an einer Hand nicht mehr abzählen. „Die gab es aber nicht, weil er mir was Böses oder mich rausschmeißen wollte, sondern weil er mir beibringen wollte, wie ich mich hier verhalten muss.“
Dankbar für seine Wegbegleiter
Nach seiner Ausbildung blieb er in dem Modehaus, arbeitete als Aushilfe im Incanto. Das muss im Jahr 2019 gewesen sein, erinnert er sich vage. Nach kurzer Zeit ließ er das Modehaus hinter sich und arbeitete Vollzeit im Service des Restaurants. Auch kurze Ausflüge ins Dreikönigs und den Möbel König folgten. Gerade einmal zwei Monate vor dem Brand verließ er das Restaurant für das Möbelhaus. Nach dem Unglück kehrte er zurück in die Kornstraße. Samer Firas blickt dankbar auf die zurück, die ihn auf seinem Weg in Kirchheim begleitet haben. „Ohne Alberto und Alex wäre ich nicht da, wo ich heute bin“, betont er.
Und auch für die Teckstadt findet er nur lobende Worte: „Kirchheim ist die schönste Stadt. Hier kannst du alles einkaufen – ohne dass du nach Stuttgart musst.“ Die Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt hält der talentierte Verkäufer und Gastronom für außergewöhnlich: „All die Geschäfte hier, die gibt es schon ewig.“
Die Einweihungsfeier startet am Freitag, 30. Juni, um 19 Uhr
Diesen Freitagabend wird der Wechsel im Incanto offiziell: Samer Firas veranstaltet eine große Eröffnungsfeier in seinem Restaurant. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.
Statt der Küche à la Carte, die im Incanto angeboten wird, bietet das Restaurant an diesem Abend etwas Besonderes: An einem Pizzawagen können sich die Gäste das Essen holen. Dort wird ihnen niemand Geringeres das Essen servieren als Incanto-Koch Veaceslav Chiriliuc. Der kennt die Arbeit in dem Foodtruck bereits von Catering-Events. „So war ich schon auf vielen Festen“, sagt er entspannt. Neben der für das Incanto typischen Pinsa serviert er Salsiccia im Brot und fünf Sorten Arancini. Getränke werden an einer großen Bar im Außenebreich des Restaurants serviert.
On top gibt es Livemusik der Band Valle di Luna aus Göppingen. Samer Firas ist auch auf schlechtes Wetter vorbereitet: „Wenn es regnet, stellen wir Zelte auf.
Das Incanto befindet sich in der Kornstraße 1 in Kirchheim. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Samstag 11.30 bis 14 Uhr und 17 bis 23 Uhr, warme Küche bis 22 Uhr. Sonntags hat das italienische Restaurant von 11.30 bis 14 Uhr und von 17 bis 23 Uhr geöffnet, bis 21 Uhr gibt es Essen. kd