Seit Oktober hat Owen keinen evangelischen Pfarrer mehr. Joachim Wassermann, der seine Entscheidung bereits im Frühsommer bekanntgegeben hatte, hat seinen Weggang gegenüber der Gemeinde mit dem neuen Pfarrplan begründet, der bis 2030 in der gesamten Landeskirche in Kraft treten soll und der mit starken Stellenkürzungen einhergeht. Spätestens ab 2030 hätte Wassermann in Owen nur noch eine 50-Prozent-Stelle gehabt – ein Umfang, der ihm nicht reichte. „Aktuell fällt ihm der Wechsel leicht, weil die Kinder noch klein sind“, sagt der Vorsitzende des Kirchengemeinderats Dietfried Lustig. Seit November ist Joachim Wassermann Pfarrer in Korntal-Münchingen. Mit einer 100-Prozent-Stelle.
Die Kirchengemeinde in Owen ist eine außerordentlich aktive Gemeinde. „Wir haben über 200 ehrenamtliche Mitarbeiter, einen Posaunenchor, einen riesigen CVJM“, sagt Dietfried Lustig. Da könne man als Pfarrerin oder Pfarrer schon etwas gestalten. Aber was nützt das, wenn sich niemand bewirbt? Die Stelle ist seit Juli ausgeschrieben, aber bisher sei keine Bewerbung eingegangen. „Wir hatten gehofft, dass wir die Stelle dieses Jahr noch besetzt bekommen“, sagt Dietfried Lustig. Wäre die neue Pfarrerin oder der neue Pfarrer bis Ende des Jahres im Amt, wäre die Stelle immerhin bis 2030 eine 100-Prozent-Stelle. Ab 1. Januar 2025 ist nur noch eine halbe Stelle zu vergeben. Dass es gelingen kann, die Lücke so schnell zu schließen, glaubt inzwischen niemand mehr.
Ich hätte gerne in jedem Ort einen Pfarrer oder eine Pfarrerin
Dekan Christian Tsalos
Der neue Pfarrplan wirkt offenbar lähmend auf die Landeskirche. Eigentlich sei es üblich, dass evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer alle acht bis zwölf Jahre wechselten, sagt Christian Tsalos, Dekan im Kirchenbezirk Kirchheim. Das sei momentan nicht der Fall. „Wir haben aktuell sehr wenig Bewegung. Die Kolleginnen und Kollegen bleiben auf ihren 100-Prozent-Stellen.“ In der gesamten Landeskirche tue man sich mit Stellenbesetzungen zur Zeit sehr schwer, auch, weil der Nachwuchs fehle. Für die Pfarrerinnen und Pfarrer, die drumherum ihren Dienst tun, sei das eine große Belastung, weil sie vakante Stellen mit betreuen müssten. Im Owener Fall trifft das die evangelische Kirchengemeinde in Dettingen, die laut neuem Pfarrplan Partnergemeinde Owens sein wird. „Pfarrer Trostel ist jetzt geschäftsführender Pfarrer der Owener Gemeinde“, sagt Dekan Tsalos. Der Dettinger Pfarrer bekommt zudem künftig einen kleinen Seelsorgebereich in Owen.
Auch in Lenningen ist die Situation alles andere als befriedigend. Seit etwa einem Jahr ist die Stelle in Unterlenningen vakant. Seitdem betreut Pfarrer Dirk Schmidt von der Julius-von-Jahn-Kirchengemeinde nicht nur Oberlenningen, Gutenberg und Schopfloch, sondern muss auch noch Unterlenningen und Brucken mit versorgen. Auch die Pfarrstelle in Unterlenningen wird sich bis 2030 verändern: Sie wird auf 50 Prozent reduziert und mit Erkenbrechtsweiler, wo ebenfalls eine Reduzierung auf 50 Prozent ansteht, zusammengelegt. Wer die Stelle in Unterlenningen übernimmt, wird also künftig erhebliche Fahrstrecken auf sich nehmen müssen.
Die Owener Kirchengemeinde ist über die Tatsache, dass sie künftig mit einer 50-Prozent-Stelle zurechtkommen muss, natürlich nicht begeistert. Zur Sorge, dass niemand sich bewirbt, gesellt sich die Frage, wie diese Aufgabe in Teilzeit zu bewältigen sein soll. Dekan Christian Tsalos kann diese Sorgen verstehen. „Man will ja für die Menschen da sein, und sich zu beschneiden, das ist sehr schwer“, sagt er. Immerhin fällt in Owen die Verwaltung weg und wandert in die Partnergemeinde. „Für den Dettinger Pfarrer ist das natürlich mehr Belastung“, sagt Tsalos. Dass halbe Stellen unattraktiv sind, glaubt er nicht. „Es gibt Pfarrerinnen und Pfarrer, die gerne eine 50-Prozent-Stelle machen möchten, weil sie beispielsweise kleine Kinder haben.“ Eine aktive Gemeinde brauche es immer, aber „bei einer 50-Prozent-Stelle muss die Gemeinde vielleicht noch aktiver sein“.
Dass im Kirchenbezirk Kirchheim nach und nach Stellen wegfallen, schmerze ihn, sagt der Dekan. „Ich hätte gerne in jedem Ort einen Pfarrer oder eine Pfarrerin.“ Nun müsse man schauen, dass alle Gemeindemitglieder gut versorgt seien und die Strukturen entsprechend anpassen.

Mehr Informationen zum neuen Pfarrplan
Gründe Der neue Pfarrplan, der zwischen 2025 und 2030 in Kraft tritt, ist aus folgenden Gründen notwendig: 1. Rückgang der Gemeindemitgliederzahlen; 2. daraus resultierend weniger Kirchensteuer; 3. zu wenig Nachwuchs.
Stellen Im Zuge des neuen Pfarrplans werden nicht nur Stellen reduziert, sondern es fallen auch Pfarrstellen komplett weg. Holzmaden, Hepsisau und Nabern werden deshalb künftig keinen eigenen Pfarrer mehr haben. Neidlingen schrumpft auf 50 Prozent. Weilheim geht von 200 auf 100 Prozent und versorgt Holzmaden mit. In Notzingen verbleiben 50 Prozent, mit den anderen 50 Prozent versorgt der Notzinger Pfarrer Kirchheim mit. In Kirchheim wird es nur noch zwei 100-Prozent-Stellen geben. Die Pfarrstelle in Jesingen/Ohmden wird auf 75 Prozent reduziert, der Pfarrer beteiligt sich mit 25 Prozent in Kirchheim. Nabern hatte bisher 50 Prozent, fällt bis spätestens 2030 weg und wird dann von Bissingen mitversorgt. Bissingen behält 100 Prozent und versorgt künftig Ochsenwang und Nabern mit. adö