Kirchheim
Im Wiestal tummeln sich die Räuber

Ehrenamtspreis Beim Nabu Kirchheim hat sich eine neue Jugendgruppe gebildet. Die Wiestalräuber erkunden vor allem das Naturschutzgebiet Wiestal mit Rauber, gehen aber auch im Wald auf Entdeckungstour. Von Iris Häfner

Der Anstieg ist kurz und steil und wird mit einem fantastischen Blick auf die Albkette mit der Teck im Mittelpunkt gekrönt. Am Wegrand laben sich Hummeln und Rosenkäfer am Nektar einer Wollkopf-Kratzdistel. Wer langsam und offenen Blicks durch die Landschaft schlendert, kann noch viele weitere Tiere und Pflanzen entdecken - und Wetterphänomene beobachten. Noch strahlt die Abendsonne, doch schon ziehen die ersten Wolken auf und die Regenfront nimmt Kurs auf die Naturliebhaber. Das sieht schön aus, führt aber dazu, dass alle zügig unters schützende Blätterdach des Waldes flüchten, das tatsächlich die Regentropfen abhält. Am Ende wird die Gelassenheit auch noch mit einem Regenbogen über der Limburg belohnt.

Dem Wetter trotzen, Spannendes über die Natur erfahren, Tiere beobachten und dann noch Schätze finden, das gehört zum „Bandenleben“ bei den Wiestalräubern. Dabei handelt es sich um die neue Nabu-Jugendgruppe für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 7 und 14 Jahren. Ins Leben gerufen haben sie im vergangenen Jahr Klaus Lang und Hagen Kälberer. Die beiden verbindet die Liebe zur Natur und dafür wollen sie auch den Nachwuchs begeistern. „Wir erkunden vor allem das 136 Hektar große Naturschutzgebiet Wiestal mit Rauber zwischen Jesingen und Ohmden - daher der Name“, verrät Hagen Kälberer und sagt weiter: „Dazu braucht es nichts Spektakuläres. Es sind die kleinen Dinge, die durchaus Spaß machen können.“ Die Kids einfach machen lassen, ist seine Devise. Am liebsten sieht er sich als Begleitperson im Hintergrund, der mit den Jungs auf ihrer Abenteuertour durch Feld und Wald streift. „Man kann nicht alles vorkauen“, ist er überzeugt. Impulse gibt er jedoch regelmäßig. So ging es einmal zum Zeller Bach, und der Gruppe war das Glück hold. Im klaren Wasser entdeckten sie Feuersalamanderlarven. „Ich konnte dann erzählen, dass diese Lurche lebendgebärend sind und später zu den schwarz-gelben Salamandern werden“, erzählt Hagen Kälberer. Schätze lassen sich nicht nur im Bach und in den benachbarten Schiefergruben finden, sondern auch auf dem alten Auffüllplatz. Durch Erosion kommt da so Manches wieder ans Tageslicht: beispielsweise ein VW-Käfer Hupenknopf mit dem Wolfsburg-Emblem - etwas völlig Unbekanntes für die Kids.

Klaus Lang macht im Vorbeigehen auf eine Rosengalle aufmerksam. „Im Innern der haarigen Kugel entwickelt sich die Rosengallwespe“, erklärt er und hört im nächsten Moment den Pfiff eines Eisvogels. Dass bislang nur Jungs in der Gruppe sind, hat sich so ergeben und muss kein Dauerzustand sein. Sowohl er als auch Klaus Lang wünschen sich gerne noch weitere Mitstreiter, vor allem Jugendliche, die als Bindeglied zwischen ihnen und den Kids fungieren. „Die können dann im Gegensatz zu uns mit ihrer Social-Media-Erfahrung in ihrem ,Dialekt‘ kommunizieren und auch eine WhatsApp-Gruppe gründen“, outet sich Hagen Kälberer als Kommunikations-Dino und wird deutlich: „Die ,Gretas‘ können sich hier direkt vor der Haustür austoben und die Natur retten. Dazu brauchen sie nicht nach Uganda fliegen. Es ist weitaus sinnvoller, dass sich dort die einheimischen Jugendlichen um den Schutz der Gorillas kümmern.“

Der Samen für die Rettung von Halsbandschnäpper und Co. ist mit den Wiestalräubern schon mal gelegt. Vor schlechtem Wetter ist weder den großen noch den kleinen Jungs bange. Mit Gummistiefeln und Regenjacke lässt sich jedem Wetter trotzen und im Bach stiefeln. Und wenn’s ganz dicke kommt, hat Hagen Kälberer ein Alternativprogramm parat. Statt den Pony-Kids bevölkern dann die Nabu-Kids den unverwüstbaren Mehrzwecksraum, der Atelier, Werkstatt und Seminarstätte in einem ist. „Dann hole ich die Motorsäge und erkläre, warum sie ein Zweitakt-Gemisch aus Öl und Benzin braucht. Dann wissen sie das beim nächsten Pflegeeinsatz auch schon, wenn sie das Gestrüpp zusammentragen“, erzählt er. Oder er schmiedet mit ihnen aus einem großen Zimmermannsnagel einen einfachen, formschönen Nussknacker. „Dann hat die Oma schon ein schönes Weihnachtsgeschenk“, freut sich auch Hagen Kälberer.