Kirchheim
Impfpflicht: Waren Stellengesuche echt oder gefakt?

Arbeitssuche Vor vier Wochen gab es im Teckboten Anzeigen von Pflegekräften, die „umständehalber“ zum 16. März eine neue Stelle antreten wollten. Die wirkliche Absicht dahinter lässt sich nicht feststellen. Von Andreas Volz

Lange waren sie im Gerede, bundesweit: die Kleinanzeigen in Tageszeitungen, mit denen Pflegekräfte „umständehalber“ zum 16. März einen neuen Wirkungskreis suchten. In den Diskussionen ging es um die Frage, ob diese Anzeigen „echt“ sind, ob also tatsächlich jemand einen neuen Arbeitsplatz sucht. Die andere Möglichkeit wäre die, dass es sich um Anzeigen handelt, die von der „Querdenken“-Bewegung initiiert und möglicherweise auch bezahlt wurden. Ziel einer solchen Kampagne könnte es sein, Verunsicherung zu verbreiten, weil Plätze in Krankenhäusern und Pflegeheimen nicht mehr zur Verfügung stünden, wenn es gleich scharenweise an Personal fehlt.

Auch im Teckboten waren solche Anzeigen erschienen, am Samstag, 5. Februar. Für beide Möglichkeiten – „echte“ ebenso wie gefakte Anzeigen – spräche der Termin 16. März, weil tags zuvor die Impfpflicht für Pflegepersonal in Kraft tritt. Wie lässt sich nun herausfinden, welche Absicht hinter den Stellengesuchen steckt?

Eine Kirchheimerin (Name der Redaktion bekannt) hat den Versuch unternommen, die Chiffre-Nummern möglichst aller dieser Pflegekräfte per E-Mail anzuschreiben und ihnen eine neue Stelle anzubieten. Sie arbeitet als rechtliche Betreuerin und sucht für eine Seniorin, die sie zu betreuen hat, häusliche Pflegekräfte. Derzeit ist die Seniorin zwar noch in einem Heim untergebracht. Aber mit ihr selbst sowie mit ihrer Familie ist es abgesprochen, dass sie wieder nach Hause zurückkehrt.

Beste Voraussetzungen also für Pflegekräfte, die sich ein neues Wirkungsfeld suchen, dachte sich die Betreuerin. Deswegen hat sie auf diejenigen Stellengesuche geantwortet, die dafür passend gewesen wären. Das Ergebnis war für sie ernüchternd: „Ich erhielt keine einzige Antwort“, berichtete sie nun – nach gebührendem zeitlichem Abstand – der Teckboten-Redaktion. „Ich habe extra in der Anzeigen-Abteilung nachgefragt, ob meine E-Mails denn auch weitergeleitet wurden.“

Selbstverständlich wurden die Mails weitergleitet, wie Bernd Köhle, der Leiter der Anzeigen-Abteilung, bestätigt: „Wir leiten jede Antwort auf eine Chiffre-Anzeige weiter.“ Aber gerade beim Chiff­re-System sei die Anonymität ein hohes Gut. Der Zeitungsverlag betätigt sich in diesem Fall nur als Vermittler, der die Personen zusammenbringt, die hinter Angebot und Nachfrage stecken – ohne sich selbst weiter einzumischen. „Wir lesen die Antworten noch nicht einmal – selbst wenn sie per E-Mail kommen. Bei einem verschlossenen Briefumschlag ginge das ja gleich gar nicht.“

Die Plausibilität wird überprüft

Die Stellengesuche aus der Pflegebranche hatten die Anzeigenabteilung schon lange vor dem Erscheinungstag am 5. Februar auf Trab gehalten: „Wir haben gemailt und telefoniert. Wir haben bei jeder einzelnen Anzeige nachgefragt, ob sie ernsthaft so gemeint war. Bei jeder Anzeige wurde uns das bestätigt. Bevor wir die Anzeigen gedruckt haben, wurden auch die Angaben, die uns die Auftraggeber über sich selbst gemacht haben, auf Plausibilität überprüft.“

Natürlich war es auch Bernd Köhle und seinem Team bewusst, worum es in diesen Anzeigen gehen könnte. Fake-Anzeigen zu veröffentlichen, kann nicht im Interesse einer Tageszeitung liegen. Aber selbst durch die gewissenhafteste Überprüfung lässt sich nicht ausschließen, dass hinter diesen Anzeigen doch eine andere Absicht steckte als die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.

Andererseits will Bernd Köhle auch die Tatsache nicht überbewerten, dass es in dem speziellen Fall keine einzige Antwort der Stellensuchenden gab: „Dafür kann es ganz verschiedene Gründe geben. Wer eine Chiffre-Anzeige aufgibt, will ja zunächst seine Identität nicht preisgeben. Er muss deswegen auch nicht auf jede Antwort reagieren.“ Vielleicht liege das Ausbleiben der Reaktionen auch an der gewählten E-Mail-Form, in der die Inserenten angeschrieben wurden. Vielleicht suchten sie wirklich Stellen außerhalb der Pflege. Und vielleicht war ihnen bewusst, dass auch für diese Form der individuellen häuslichen Pflege, die ihnen da angeboten wurde, die Impfpflicht gilt.

Fragen über Fragen also, auf die es allerdings kaum objektive Antworten geben dürfte.