Kirchheim
In der Krise zählt jede Stunde

Energiesparen Kirchheims Einzelhändler wollen die Zeit der Schaufensterbeleuchtung verkürzen und Temperaturen in den Verkaufsräumen herunterdrehen. Da hilft die Erfahrung der Corona-Zeit. Von Thomas Zapp

Eine Stunde später öffnen, eine halbe Stunde später schließen: Das hat die Kirchheimer Händlervereinigung City Ring ihren Mitgliedern empfohlen. So sollen die Geschäfte Heiz- und Stromkosten sparen, denn die explodierenden Energiepreise treffen auch die Einzelhändler. „Auf der Augustrechnung zahle ich für den Arbeitspreis noch fünf bis sechs Cent, für September waren es 44 Cent, das entspricht in der Endabrechnung dem Zweieinhalb- bis Dreifachen des vorherigen Preises“, sagt Karl Michael Bantlin, Inhaber des gleichnamigen Modegeschäfts und erster Vorsitzender des City Rings. Bei einer Reduzierung der Öffnungszeiten von ein bis zwei Stunden spare man täglich rund 8 bis 10 Prozent Strom. Aber gezwungen werden könne natürlich keiner: „Das sind alles nur Empfehlungen.“

In vielen Fällen ist das jedoch einfacher gesagt als getan. Unflexibler bei den Öffnungszeiten sind etwa die Lebensmittelhändler. „Ich würde gerne früher schließen, aber da muss ich mich auch an den Wettbewerbern orientieren“, sagt Sabine Ullrich, Inhaberin des gleichnamigen Edeka-Marktes an der Jesinger Straße in Kirchheim. Wenn sie statt um 20 um 18 Uhr schließen würde, fürchtet sie, Kunden zu verprellen, wenn der Mitbewerber nicht mitzieht. „Es müsste eine einheitliche Regelung für alle geben“, findet sie.

Stellschrauben gibt es aber dennoch, damit sich ihre Stromkos­ten von monatlichen 6000 Euro zu normalen Zeiten nicht ins Unermessliche steigern: „Die Bildschirme an unseren Kassen gehen auf Standby, wenn sie gerade nicht benutzt werden“, sagt sie.

 

Wir sind gut ausgerüstet, weil letztes Jahr die Türen ständig geöffnet waren.
Sibylle Mockler
Nach den Corona-Maßnahmen 2021 haben die Mitarbeiter der Buchhandlung Zimmermann keine Angst vor niedrigen Temperaturen.
 

Das habe die Zentrale für alle Filialen eingerichtet. Was sie dagegen ärgert, ist der Automat für die Flaschenrückgabe. „Den haben wir anfangs nachts abgestellt. Danach konnten wir aber einige Kisten nicht mehr zurückgeben“, sagt sie. Denn die zentral gesteuerten Pfand­automaten bekommen Systemupdates oder sonstige Funktionen in der Nacht aufgespielt – daher dürfen sie nicht abgestellt werden. 

Während die Raumtemperatur um zwei Grad von 21 auf 19 Grad gesenkt wurde, hat Sabine Ullrich beim Thema Beleuchtung deutlich weniger Spielraum. „Wir haben nur einen Schalter für das Licht, wenn ich weniger Beleuchtung haben wollte, müsste ich einige Lampen rausdrehen, aber das würde dann baufällig wirken“, sagt sie. Immerhin habe sie alles auf LED umgerüstet. Bliebe noch die Außenbeleuchtung. „Aber die kann ich schlecht abstellen, dann wäre der Parkplatz unbeleuchtet und ich weiß nicht, wie das mit dem Thema Sicherheit wäre.“ 

Das Thema Innen- und Außenbeleuchtung ist auch bei den Einzelhändlern in der Kirchheimer Innenstadt ein sensibles Thema. „Licht ist bei uns das A und O“, sagt Sibylle Mockler, Leiterin der Kirchheimer Filiale der Buchhandlung Zimmermann. Innen will sie daher das Licht nicht reduzieren, und manchmal steckt der Teufel auch im Detail. „Unsere Schaufensterbeleuchtung soll auf 8 bis 22 Uhr umgestellt werden, aber der Elektriker hat die Zeitschaltuhr noch nicht einstellen können“, sagt sie. Das wären immerhin zwei Stunden weniger als derzeit, wie es auch der City Ring ­empfiehlt. Komplett abschalten will sie nicht: „Wenn alle Schaufenster dunkel sind, geht auch die Aufenthaltsqualität in der Stadt gegen null.“

„Die Weihnachtsbeleuchtung soll es trotzdem geben“, meint Karl Michael Bantlin. „Etwas Stimmung braucht man doch in diesen Zeiten, wenn es schlechte Nachrichten zuhauf gibt.“