Jesingen hat eine neue Ortsvorsteherin gewählt: Gabriele Armbruster. Eine große Auswahl hatte der Ortschaftsrat in der Jesinger Gemeindehalle zwar nicht mehr. Aber die Zustimmung für die einzige Kandidatin war trotzdem groß. Von zwölf Stimmen fiel auf sie das volle Dutzend.
Die öffentliche Sitzung des Ortschaftsrats war das vorläufige Ende einer langen Geschichte. Reinhold Ambacher, der während der Vakanz des Ortsvorsteherpostens gemeinsam mit Marianne Gmelin die Geschicke des Kirchheimer Teilorts zu lenken hat, blickte zurück auf die Ausschreibungen und auf die Bewerbersituation: „Im Sommer 2019 haben wir die Stelle zum ersten Mal ausgeschrieben. Mangels geeigneter Bewerbungen konnte sie aber nicht besetzt werden.“ Weiter ging es also einen Sommer später. Über immerhin acht Bewerbungen konnte sich der Ortschaftsrat freuen. Übrig blieben letztlich aber nur zwei - wobei von der zweiten qualifizierten Bewerbung zuletzt gar nichts mehr zu hören war.
Vorstellung wird zur Solonummer
Folglich geriet die öffentliche Bewerbervorstellung wie auch die Wahl zum Solo für Gabriele Armbruster, die so gar nicht ins gewohnte Schema für hauptamtliche Ortsvorsteher in Kirchheim passt. Normalerweise sind es junge Verwaltungsbeamte, die sich gleich nach der Ausbildung ihre ersten Sporen verdienen wollen, bevor sie sich nach zwei bis drei Jahren auf einen Bürgermeisterposten bewerben und meistens auch auf Anhieb gewählt werden.
Gabriele Armbruster kommt zwar auch aus der Verwaltung, hat aber schon viele Berufsjahre bei der Stadt Reutlingen hinter sich. „Ich bin 56 Jahre alt und sehe mich langfristig bei Ihnen in Jesingen“, sagte sie. Sie wolle die Ortsvorsteherstelle nicht als Sprungbrett nutzen. Stattdessen wolle sie sich in Jesingen verwurzeln. Letzteres heißt aber nicht, dass sie zwangsläufig auch nach Jesingen ziehen wird. „Darüber haben wir im Familienrat noch nicht diskutiert“, meinte sie auf Nachfrage.
Privat verwurzelt ist Gabriele Armbruster bislang in Walddorfhäslach. Einen familiären Bezug zu Jesingen gibt es dennoch: Eine der beiden erwachsenen Töchter wohnt seit drei Jahren in Kirchheim. Die Anfahrt von Walddorfhäslach daure - je nach Verkehrslage - 25 bis 35 Minuten. „Das geht für mich schneller als die Fahrt nach Reutlingen, für die ich mit dem Bus 40 Minuten brauche.“ Dass Abend- und Wochenendtermine zu ihrer neuen Aufgabe gehören, ist ihr durchaus bewusst. Auch dafür sollte die Entfernung kein Hinderungsgrund sein.
Kommunalverwaltung und -politik kennt Gabriele Armbruster nicht nur aus ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung, sondern auch aus dem Gemeinderat in Walddorfhäslach, dem sie 13 Jahre lang angehörte, und als Vorsitzende der dortigen Frauenliste. Engagiert ist sie außerdem im Vorstand des Blasmusikverbands Neckar-Alb. Auch in Jesingen hat sie bereits das „rührige Vereinsleben“ kennengelernt. Was sie als erstes anpacken möchte, kann sie noch nicht sagen. „Erst einmal muss ich die Strukturen besser kennenlernen.“ Dass es auch darum geht, die Interessen Jesingens in Kirchheim zu verfechten, hat sie bereits verinnerlicht: „Wenn mal etwas nicht klappt, probieren wir es einfach wieder. Da geben wir nicht auf.“
Dieses Prinzip verbindet sie mit dem Jesinger Ortschaftsrat. Der hat auch nicht aufgegeben, bis es jetzt zur Wahl einer neuen Ortsvorsteherin kam, die die Nachfolge von Christopher Flik antreten soll. Wann es tatsächlich so weit ist, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Wenn der Kirchheimer Gemeinderat am Mittwoch der Jesinger Wahl zustimmt, muss die Stadt Kirchheim anschließend mit Reutlingen über den Zeitpunkt des Wechsels verhandeln.