Kirchheim
Jugendliche erkunden den Berufsparcours

Orientierung In Kirchheim haben sich 22 regionale Unternehmen beim Berufsparcours der IHK vorgestellt und Fähigkeiten spielerisch abgeklopft. Von Katharina Daiss

Woher sollen junge Menschen wissen, welcher Job der richtige für sie ist und welche Ausbildung, welches Studium sie ergreifen sollen? Wie können junge Frauen Männerdomänen erkunden – auch ohne Extraportion Mut? Und wo dürfen sich junge Männer als Erzieher austesten – so ganz ohne schräge Blicke?

Vielleicht lautet die Antwort: Berufsparcours. Dort können Jugendliche unterschiedlichste Berufe kennenlernen und spielerisch abtasten, ob sie Interesse an den Aufgaben haben – und ob der Job auch zu den eigene Talenten passt. Organisiert werden diese Parcours von der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen. In diesem Jahr feiert die Veranstaltungsreihe ihr zehnjähriges Bestehen. Über 10 000 Schülerinnen und Schüler konnten in der vergangenen Dekade so ein bisschen Inspiration und Orientierung im Berufs-Dschungel finden. Und wie es der Zufall so will, fällt ins Jubiläumsjahr auch der 20. Berufsparcours in der Kirchheimer Stadthalle.

 

Ausbildung oder Duales Studium

22 Unternehmen aus der Region stellen an insgesamt 24 Stationen verschiedene Berufe vor. Mit zwei Stationen vertreten ist beispielsweise Keller Lufttechnik. Das Jesinger Unternehmen entwickelt Anlagen, die am Arbeitsplatz und in Werkshallen Stoffe aus der Luft filtern, die nicht in die Atemwege gehören, und bietet Ausbildungen zum Technischem Systemplaner oder Industriekaufmann an, aber auch Duale Studiengänge wie BWL Industrie (B. A.) oder Konstruktion und Entwicklung (B. Eng.). Einer, der den Berufsorientierungsprozess bereits hinter sich hat, ist Mechatronik-Azubi Johannes Stippl. Beim Berufsparcours zeigt er die Arbeit mit 3D-Modellen, die mithilfe von Computern erstellt werden. Spielerisch klärt er außerdem das Vorstellungsvermögen ab. So zeigt er zweidimensionale Ansichten, die einem dreidimensionalen Körper zugeordnet werden müssen. 

 

Die meisten Schüler haben ein ganz gutes Gefühl für die Aufgabe.
Annika Zirn stellt den Erzieherberuf vor. An der Station wird Spielzeug Altersgruppen zugeordnet.

 

Noch handfester geht es beim Stand der Firma Waggershauser zu. Das Straßenbau-Unternehmen wird unter anderem von Pierre Kiedaisch vorgestellt. „Waggershauser sucht Azubis, die uns tatkräftig unterstützen können“, sagt er. Straßenbauer, aber auch Baugeräteführer sind gefragt. Beim Berufsparcours bekommen die Schüler ein echtes Gefühl für den Job: Vier Kübel hat das Team aufgestellt. Darin befinden sich unterschiedliche Materialien wie Asphalt oder Splitt. „Wie die Erde im Italienurlaub sieht das aus“, meint ein Schüler – und findet das erdige Material gar nicht mal so anziehend. Tatsächlich lautet die Aufgabe, den Metallkübeln die richtige Bezeichnung zuzuordnen. Ähnlich geht es an einer großen Tafel weiter. Dort hängen Fotos von Kettenbaggern, Gummiwalzen und vielen weiteren unvorstellbar großen Fahrzeugen, die für den Straßenbau Alltag sind. 

Im Gegensatz zur Station der Firma Keller, wo ein gemischtes Publikum sitzt, sieht man bei Waggershauser vor allem Jungs. Wer sich fragt, wieso sich die Mädels hier in Zurückhaltung üben, muss einfach nur bei der nächsten Straßenbaustelle genauer hinschauen: Wo sind die Straßenbauerinnen und Baugeräteführerinnen? Sie bleiben die absolute Ausnahme. 

Eine Berufsgruppe, die nicht weniger mit Klischees zu kämpfen hat, findet sich an der Station der Kirchheimer Stadtverwaltung: „Wir stellen den Erzieherberuf vor“, sagt Annika Zirn vom Fachdienst Ausbildung der Stadt. „Gerade erst saßen hier noch vier Jungs – zwei von ihnen fanden den Beruf auch sehr interessant“, berichtet die Fachfrau für Kindertageseinrichtungen. Ihr Team hat eine große Sammlung an Spielzeugen aufgebaut – von der Kuschelente über Bücher bis hin zu einem Zauberwürfel. Die sollen unter den drei Rubriken „Krippe“, „Kindergarten“ und „Schulalter“ verteilt werden. „Die meisten haben ein ganz gutes Gefühl dafür – trotzdem unterscheidet sich die Zuordnung immer leicht“, berichtet Annika Zirn. 

Ein besonderes Special konnte ein Schüler beim Stand von Leuze electronic ergattern: Eine Wildcard. „Er hat großes Interesse gezeigt und von sich aus Fragen gestellt“, sagt Marius Münch, der in seinem vierten Ausbildungsjahr bei dem Sensoren-Unternehmen angestellt ist. Die Karte kann der glückliche Schüler seiner Bewerbung beilegen, sollte er sich bei dem Owener Unternehmen bewerben. Nur die wenigsten bekommen ein Wildcard, doch wer es schafft, an der Station eine kleine Lichtschranke korrekt zusammenzubauen, darf diese mitnehmen. 

Über 550 Schülerinnen und Schüler nutzen an diesem Tag die Chance, die Berufe und Unternehmen kennenzulernen. ​​​​​​​Zwei von ihnen sind der 14-jährige Julien und der 13-jährige ​​​​​​​Eddy. ​​​​​​​Das Konzept gefällt ihnen – doch ein endgültiger Entschluss steht noch lange nicht fest. Nur bei einem sind sie sich sicher: Unternehmen aus der Teckregion würden sie einem weiter entfernten Unternehmen – und sei es nur Ostfildern – eindeutig vorziehen. ​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

 

Sechs Schulen nehmen in Kirchheim teil

Drei Durchgänge braucht es, um allen Schülerinnen und Schülern an diesem Tag genug Zeit an den Stationen der 22 Unternehmen zu geben. Die Alleenschule, die Freihof-Realschule, Max-Eyth-Schule, Rauner- und Teck-Realschule aus Kirchheim sowie die Werkrealschule Lenningen haben insgesamt 570 Schülerinnen und Schüler zum Berufsparcours in der Kirchheim Stadthalle geschickt. Im Nachgang wird das Erlebte – sorgfältig von den Schülern auf Laufzetteln notiert – ­besprochen, inklusive Beratung. kd