Jamie war sich nicht ganz sicher, wo er sein Kreuz am besten setzen sollte. Als der 15-Jährige seinen Stimmzettel in die Urne geworfen hatte, machte sich bei ihm jedoch ein gutes Gefühl breit. Da der Schüler der Kirchheimer Alleenschule noch nicht volljährig ist, darf er an der Bundestagswahl am 23. Februar nicht teilnehmen. Im Rahmen der deutschlandweiten U18-Wahl des Bundesjugendrings kann er dennoch seine Stimme abgeben. Zusammen mit seinen Klassenkameradinnen und -kameraden nahm er die Möglichkeit wahr und trat im Wahllokal des Kirchheimer Mehrgenerationenhaus Linde den Gang zur Urne an.
Nicht nur eine Generalprobe
Dass der Schüler dabei etwas nervös war, kann die Sozialarbeiterin Ayleen-Laura Find-Ruppert verstehen: „Es ist nicht einfach nur eine Generalprobe, die Stimmzettel werden ausgewertet und die Ergebnisse veröffentlicht.“ Für Politiker sei die Wahl der Jugendlichen auch von Interesse, da das Stimmungsbild eines großen Teils der Gesellschaft abgebildet werde, erklärt die Sozialarbeiterin. Zudem zeichne sich durch das Ergebnis ab, ob die Parteien die baldigen Neuwähler mit ihren Programmen ansprechen oder nicht.
In Zweiergruppen gehen die Jugendlichen in den Wahlraum. „Es gibt zwei Wahlstationen und eine Urne, sodass die Jugendlichen ein gutes Bild von der echten Wahl bekommen“, erklärt Florian Hill, der im Mehrgenerationenhaus Linde sein FSJ absolviert. Bevor es wirklich ernst wird, geht noch ein Stimmzettel herum, sodass ihn alle schon mal gesehen haben. „Mit dem U18-Wahllokal wollen wir den jungen Menschen die Angst vorm Wählen nehmen“, sagt Florian Hill. Dass bei den Schülerinnen und Schülern vor der ersten Wahl eine große Hemmschwelle besteht, kann sich Ayleen-Laura Find-Ruppert gut vorstellen: „Wenn man nicht weiß, wie ein Wahlzettel aussieht, oder nicht weiß, wo man seine Kreuze setzen darf, oder schon alleine, wenn man nicht weiß, wie ein Wahllokal aussieht, kann das schon verunsichernd sein.“
Für die 13-jährige Schülerin Narzis war der Gang zur Urne kein Problem. Sie habe gleich gewusst, wen sie wählen möchte, und habe ihr Kreuz zielsicher gesetzt. Den Stimmzettel fand sie übersichtlich. Außerdem hat sie sich vor der Wahl die Informationstafeln zu den einzelnen Parteien, die in der Linde aufgestellt sind, angeschaut. Bevor es überhaupt zur Wahl in die Linde ging, wurde auch in der Alleenschule über die Wahl gesprochen. „Auf TikTok hört man sehr viel zur AfD, deshalb haben wir auch über sie gesprochen“, sagt die 13-Jährige.
Das kann auch eine der Lehrerinnen bestätigen: „Wir sind teilweise sehr überrascht darüber, wie oft man auf dem Pausenhof hört, dass man die AfD wählen solle, und das, obwohl wir viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, die AfD intensiver im Unterricht zu besprechen.“
Yasin, 15, ist froh, dass seine Klasse das U18-Wahllokal besucht, weil es eine gute Vorbereitung auf die richtige Bundestagswahl sei. „Dann weiß man schon mal, wie es später abläuft“, sagt der Schüler. Den Stimmzettel fand er übersichtlich, obwohl er ihn zuerst einen Moment studieren musste, ehe er alles verstanden hat. „Man muss ihn schon einen Moment anschauen, um richtig reinzukommen.“
Bei der U18-Wahl dürfen ausnahmslos alle jungen Menschen unter 18 Jahren, die sich in Deutschland aufhalten, teilnehmen. Das Wahllokal ist noch am Mittwoch, 12. Februar, von 16 bis 21 Uhr in der Linde geöffnet. Das finale Wahlergebnis wird am Montag, 17. Februar, um 12.30 Uhr auf www.u18.org veröffentlicht.