Kirchheim
Jugendliche verschaffen sich Gehör

Konferenz Über 90 Schülerinnen und Schüler haben am dritten Jugendhearing in Kirchheim teilgenommen. Den Teenagern liegen sichere Plätze und Wege, Natur und ein warmer Ort zum Lernen am Herzen. Von Katharina Daiss

Fast 100 Kinder und Jugendliche haben sich bei der dritten Jugendkonferenz für ihre Wünsche und Ideen in Kirchheim eingesetzt. Veranstaltet wurden Konferenz und Jugendhearing von dem Kinder- und Jugendbeteiligungsformat „BePart!“ sowie dem Kinder- und Jugendreferat der Stadt. „BePart!“ legte vier Oberthemen fest, für die sich die Schülerinnen und Schüler entscheiden konnten. 

 

Die wichtigen Entscheider sind hier.
Oberbürgermeister Bader
betont, dass die Präsentationen der Kinder von denen gehört werden, die die Ideen umsetzen können. 

 

So entstanden vier Gruppen, die zu jeweils einem der Themen diskutierten und gemeinsam Ideen, Wünsche, Probleme und Lösungsvorschläge zu Papier brachten.

Obwohl die kommunalpolitischen Entscheider pünktlich in der Stadthalle eintrafen, wurde ihnen nicht bewusst, wie viele Kinder tatsächlich an dem Format teilgenommen haben. Beispielsweise 42 Ganztagsschüler der Freihofrealschule hatten zu diesem Zeitpunkt die Veranstaltung schon verlassen. „Wir haben darauf geachtet, dass diejenigen da bleiben, die die Ergebnisse vortragen können. Alle anderen haben wir vor dem Hearing entlassen – wer da bleiben wollte, durfte das natürlich“, erklärt „BePart!“-Mitglied und Junge-Unions-Vorsitzender Giancarlo Crescente.

„Sicher durch Kirchheim – zu Fuß und mit dem Rad“, „Meet ’n’ Chill – deine Treffpunkte in Kirchheim“, „Natur pur – wo sie gefunden und geschützt werden kann“ und „Was geht, Kirchheim? Feste, Partys, Graffiti-Aktionen“ – das waren die Themen, denen die dritte Jugendkonferenz in Kirchheim gewidmet war. Die vorgegebenen Titel lesen sich zwar mitunter, als wäre die Tagesschau auf der Suche nach dem Jugendwort des Jahres, doch das, was die jungen Teilnehmenden aus ihren Projekten gemacht haben, war relevant, aktuell und umsichtig – und gewährte einen Einblick in den Alltag der Schülerinnen und Schüler.

Die Jugendlichen präsentieren ihre Ideen. Foto: Tobias Tropper

Aus der ersten Gruppe, die sich mit dem Thema Verkehrssicherheit beschäftigt hatte, berichteten Frederik und Erik. Die beiden Jungs präsentierten die Ergebnisse der interaktiven Verkehrsinitiative. Über 200 Einträge wurden ausgewertet. Das Resultat war eine Stadtkarte, die problematische Radwege aufzeigte. Außerdem hoffen die Kids auf einen schnellen und nicht so umständlichen Radweg von Kirchheim nach Nürtingen. Für ihre Arbeit und den Aufwand gab es vom schwer beeindruckten Linken-Stadtrat Heinrich Brinker einen Daumen nach oben.

„Orte, an denen man zusammenkommen kann“, wie Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader zusammenfasste, war das Thema der zweiten Gruppe. Hier wurde deutlich, dass viel zu wenig gesehen wird, wie viel Zeit die Kinder und Jugendlichen auf dem Schulgelände verbringen – und verbringen möchten. Dass die Schulen länger geöffnet bleiben, sodass man ungestört lernen kann, lag den Kindern am Herzen. Außerdem kritisierten sie, dass viele Schulen zwar „teuer gebaute Spielplätze“ haben, diese allerdings abseits der Schulzeiten nicht genutzt werden können. Außerdem sorgen die verschlossenen Tore und die Eltern, die morgens ihre Kinder zur Schule bringen, dafür, dass die Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg zur Schule Umwege und Komplikationen in Kauf nehmen müssen. Abseits der Schule waren der Bahnhof und die Bastion Orte, an denen sich die Jungen und Mädchen nicht sicher fühlen. Dasselbe gilt auch für den „Alleen­park“. Als gute Plätze hingegen lobten sie unter anderem den Fußballplatz im Rübholz und die Linde. Stadtrat Marc Eisenmann von der SPD merkte an, dass sich oft „Drogen, Dealer und Schläger“ an den Brennpunkten herumtrieben. Allerdings bezeichnete er die Sperrung der Schulhöfe als „kontrovers diskutiert“ und freute sich, dass die Teenager den Kommunalpolitikerinnen und -politikern „das Mandat geben, noch mal darüber nachzudenken“.

Ein Baum als Wahrzeichen

Die dritte Gruppe hatte sich das Motto „Lieber Topf-Natur als gar keine Natur“ zu eigen gemacht. Sie wünschen sich mehr Bäume in der Stadt und an den Schulhöfen. Und weil sie wissen, dass Bäume mehr brauchen als Kopfsteinpflaster, plädierten sie für mobile Bäume in Töpfen. Auch einen großen Baum als Wahrzeichen für die Stadt schwebte den Gruppenmitgliedern vor. Während der eine oder andere Stadtrat in Erinnerungen an die gefällten Magnolien am Wachthaus schwelgte, machte Stadtrat und Landschaftsgärtner Philipp Köber (Freie Wähler) der Gruppe sogleich einen Vorschlag: „Ich würde gerne diesen Baum mit euch pflanzen. Ich möchte euch unterstützen“, sagte er an die Kinder gewandt, die sogleich aufgeregt tuschelten.

Um Feste und Aktionen hatte sich die vierte Gruppe Gedanken gemacht. Sie schlugen Comic- und Gaming-Conventions sowie ein Festival für junge Leute im Alter zwischen 14 und 20 Jahren vor. Ihr Fokus lag allerdings auf einer App, die über Veranstaltungen und Themen der jungen Leute informiert. Die Idee einer zentralen Informationsstelle war dem Oberbürgermeister nicht fremd. Ohnehin merkte er zu dem einen oder anderen Thema an, dass diese zwar von der Stadt schon abgearbeitet wurden, dass die Meldungen die Kinder und Jugendlichen allerdings nicht erreicht haben.