Die Vereidigungsfeier mit Musik der neunköpfigen Seminarband zu starten – ein fürwahr geschickter Schachzug der Akademie „Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte“ aus Kirchheim. Mit dem stark gesungenen positiven Stück „Lovely Day“ offenbarten sie den angehenden Pädagoginnen und Pädagogen: heute ist ein großartiger Tag.
„Aus einem Beruf kommend, starten Sie heute gemeinsam in einen neuen Beruf“, begrüßt Seminarleiterin Ute Recknagel-Saller die volle Schlosskapelle, in der sich außerdem ein Kamerateam des SWR befindet. Im Herbst 2022 beworben, erhielten 45 Teilnehmende nach ihren erfolgreich am Seminar bestandenen Zulassungs- und Eignungsprüfungen im Frühjahr ihre jeweilige Zusage. „Sie kündigten Ihre Arbeitsverhältnisse, suchten sich eine neue Bleibe oder organisierten Ihren Familienalltag um“, versetzt sich die Direktorin in die Lage ihres Gegenübers und betont: „Vielleicht ist Unsicherheit spürbar, wahrscheinlich kennen Sie kaum jemanden, dennoch kann ich Ihnen zusagen: Sie sind nicht allein.“ Eingebunden in ein gutes und stabiles Netzwerk werden mit der Vereidigung alle ein Teil der Seminargemeinschaft.
Große Heterogenität
Die Voraussetzung für eine Ausbildung an einem Fachseminar ist eine bereits vorhandene Berufserfahrung, so Ute Recknagel-Saller und zählt „Diätassistentin, Orthopädie-Mechaniker, Betriebswirtin, Designer, Kaufmann, Erzieherin, Fotograf oder Sport- und Gymnastiklehrerin“ auf. Sie nennt unterschiedliche Familienkonstellationen und Regionen, darunter sind Teilnehmende vom Bodensee, aus Oberschwaben, Weil der Stadt, Ulm, Tuttlingen oder dem Filstal. „Alle Lehrende hier wissen um die große Heterogenität und gehen professionell damit um, bekräftigt die Seminarleiterin und erklärt: „Zurzeit werden rund 140 künftige FL-Kräfte von 35 Personen in der Lehre und circa 15 Personen in Verwaltung, Hausdienst und Leitung ausgebildet, beziehungsweise betreut“.
„Sie haben alles richtig gemacht, Sie haben sich für einen Lehrerberuf entschieden und sind nach Kirchheim gekommen“, ergreift Oberbürgermeister Pascal Bader das Wort und macht deutlich: „Ihnen wird das Fachliche vermittelt, Sie vermitteln auch Werte, die in der Gesellschaft oft verloren gehen“. Mit 49 Jahren habe er den Beruf gewechselt, sei davor im Umweltministerium gewesen, verrät das Stadtoberhaupt und schiebt mit einem Augenzwinkern nach: „OB zu werden hat ja auch geklappt.“
Nach einem weiteren Musikstück ermutigte und bestärkte Regierungsschuldirektor Johannes Dufft die Pädagogen in spe in ihrer Entscheidung indem er sagte: „Dieses Gefühl der Verunsicherung gepaart mit Neugier in Bezug auf das bevorstehende Lernarrangement ist geradezu eine Voraussetzung für gelingendes Lernen. Ein guter Lehrer kann diese Gefühle – Überforderung und Verunsicherung – in positive Bereiche lenken.“ Aufgrund der abgeschlossenen Berufsausbildung- und Erfahrung, sei der Begriff Lebenswelten ja noch spannender als bei anderen Lerngruppen“, so Johannes Dufft und fügt hinzu: „Da brauchen Sie gute Argumente und überzeugende Lernsettings um von der Lebenswelt mit Fast-Fashion, Softdrink und Nutella zur Lebenswelt mit nachhaltiger Kleidung, Mineralwasser und gesunder Ernährung zu kommen.“
Auch Rektor Marlon Lamour von der Freihof-Realschule gratulierte als Vertretung der Ausbildungsschulen mit den Worten: „Es erfordert Mut, Zuversicht und Anstrengungsbereitschaft, sich beruflich neu zu orientieren. Davor habe ich den größten Respekt!“ Ein „Wow“, sich dafür „in diesen Zeiten“ zu entscheiden. „Lehrermangel, Bildungsmisere, Digitalisierungsnotstand – keine Woche, in der nicht eine neue Hiobsbotschaft im Bezug auf die Bildungslandschaft, medial thematisiert wird. Und da sind Sie ab sofort mitten drin“, zollt Marlon Lamour nochmals seinen Respekt.
Zwei Anwärterinnen und ihre Gründe, Lehrerin zu werden
Lisa Bentzinger hat Immobilienwirtschaft studiert und war davor in der Polizeihochschule in Böblingen bereits als Beamtin beschäftigt. „Ich bin einfach kein Büromensch, interessiere mich für Sport und Kultur, auch privat“, verrät die 28-Jährige aus Villingen-Schwenningen, wohin der Weg gehen soll. Einfluss auf den Berufswechsel nahm auch ihre Schwester, „sie ist Lehrerin“.
Lisa Schwock kommt aus Radolfzell am Bodensee und betont: „Es war schon immer mein Traum Lehrerin zu werden, wollte aber nie studieren“. Vorausschauend hat die 25-Jährige sich für den praktischen Beruf der Erzieherin entschieden und ist nun sehr glücklich, dass es mit dem Seminar geklappt hat. „Mir gefällt es hier gut, ich bin sogar schon hergezogen.“ ack