Strahlender Sonnenschein, gespannte Kindergesichter - und der letzte Spatenstich von Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker im Amt. Die überraschte am Ende der Reden alle mit einem spontanen Vorschlag. „Die Kinder spielen schon im Dreck. Machen wir doch einen Spatenstich der anderen Art: Die Kinder sollen die Helme aufsetzen und die Spaten in die Hand nehmen. Mich hat man oft genug im Bagger gesehen. Kiddies, seid ihr einverstanden damit?“, fragte sie und erntete sofort ein mehrstimmiges und lautes Ja. Die Kids waren vom Eduard-Mörike-Kindergarten rübermarschiert, um mitzuerleben, was sich in direkter Nachbarschaft zu ihrem Kindi beim Spatenstich der Eduard-Mörike-Mehrzweckhalle so tut. Schnell war der Schotterhügel nach der Aufforderung eingenommen, und es wurde gebuddelt, was das Zeug hielt. Auch der Baggerfahrer ließ sich nicht lumpen. Statt der Oberbürgermeisterin durfte nun ein Mädchen die Baggerschaufel mit seiner Hilfe führen.
Zuvor war Angelika Matt-Heidecker in ihrer Ansprache auf die lange Planungsgeschichte der Halle eingegangen. „Gemeinsam mit der Bevölkerung haben wir das Konzept erarbeitet. Es ist spannend, was dabei herausgekommen ist“, sagte sie. Den entscheidenden Wendepunkt leitete die Schulentwicklungsplanung ein. „Es musste damals eine schwere Entscheidung getroffen werden“, erinnerte sie an die Zeit vor rund fünf Jahren.
Den Standort Ötlingen für die Werkrealschule beziehungsweise Hauptschule aufrechtzuerhalten, war angesichts der aufkommenden Diskussion um die Gemeinschaftsschule und schließlich ihrer Realisierung auf dem Rauner-Campus nicht mehr denkbar. „Das gab den Anstoß, hier in Ötlingen weiterzudenken“, sagte das Stadtoberhaupt. Auch ein Familienzentrum für ganz Kirchheim mit Bibliothek war angedacht. „Doch das wollten die Ötlinger nicht. Wir sind flexibel und sind deshalb einen anderen Weg gegangen“, erinnerte sie an den langen Weg der Neukonzeption. Wo einst die Hauptschüler büffelten, lernen nun die Grundschüler das Abc. In deren alte Heimat wiederum sind die Kindergartenkinder eingezogen.
Als dann auch noch klar war, dass es auf dem Eduard-Mörike-Campus eine Ganztagsbetreuung gibt, stand wiederum fest: Es braucht einen Mensa-Betrieb. „Das war die Initialzündung für die Planung einer Mehrzweckhalle“, sagte Angelika Matt-Heidecker. In diesem Zusammenhang gab es ein großes Lob an die Lindorfer und Ötlinger, die intensiv miteinander im Dialog waren, ebenso mit der Stadtverwaltung. „In der Halle sind künftig die Angebote für Kultur, Sport und den Schulbedarf abgedeckt“, freut sich das Stadtoberhaupt über die gefundene Lösung. Damit war aber auch das Ende der alten Halle aus den 60er-Jahren eingeläutet, die zweistöckig nicht barrierefrei war, dafür aber ein nie genutztes Lehrschwimmbecken sowie Wannen und Duschen besaß. Es folgte ein Architekten-Wettbewerb, wobei die Entscheidung für den Sieger-Entwurf schnell fiel.
Ötlingens Ortsvorsteher Hermann Kik ging ebenfalls auf die Historie ein. „Es gab eine geschlossene Haltung von uns Ötlingern und Lindorfern. Alle Vereinsvorstände haben mit Unterschrift klar die Punkte aufgelistet, was wichtig ist. Das hat gewirkt“, erklärte er.
Wie die Halle aussehen wird, beschrieb Architekt Martin Rau vom Stuttgarter Büro Herrmann und Bosch. 300 Kinder werden künftig im Zwei-Schicht-Betrieb in der Mensa essen. Sie hat vom Schulhof aus einen direkten Eingang. Der Mehrzweckraum ist für bis zu 480 Besucher ausgelegt. Bei Bedarf kann er dank einer mobilen Wand mit der Mensa verbunden werden. Außerdem entsteht ein 70 Quadratmeter großer Multifunktionalraum. Das Foyer der Halle wird über einen überdachten Eingangsbereich erreicht. Er ist der Lindorfer Straße zugewandt. Es gibt eine mobile Bühne, und im ersten Stock ist die Technik untergebracht. Läuft alles nach Plan, ist die Halle Ende Mai, Anfang Juni 2021 fertig.