Vielen Dank, das war atmosphärisch fast schon wie bei den Grünen in den Siebzigern“, freut sich Django Asül über den warmen Empfang „Bei uns in Niederbayern ist ja Kirchheim so ein magischer Anziehungspunkt“, verrät er und schiebt nach: „Allein schon, was der Club Bastion für ein dekadenter Verein ist, das ist weltweit der einzige Verein, bei dem man Eintrittskarten beim Juwelier kaufen kann. Man ist zwar hier im Keller, aber vom Niveau her ganz weit oben.“
Er selbst sei auch schon seit sechs Uhr früh da, „die netten Leute vom Club haben mir wieder einen Gutschein zur Altstadtbesichtigung geschenkt.“ Dabei wurde er von vielen Menschen angesprochen, die extra wegen ihm gekommen seien, darunter eine Frau, die gar nicht wusste, wo überhaupt Kirchheim liegt, verrät Django Asül und hakte bei ihr in Plauderlaune nach: „Woher sind Sie denn?“ „Kennen Sie Notzingen?“
Danach arbeitete der Kabarettist den historischen Teil der Teckstadt ab, von den Kelten zu den Germanen und Alemannen, letztere waren „Deutsche mit Alkoholproblemen“, bis hin zum Wohlstand durch Mosolf und Recaro. Doch wenn es mal später nur Reiche gebe, dann gibt es keine Mittelschicht mehr, „sondern nur die, die unten sind. Es kommen Zeiten, wo die Leute sich entweder einen Porsche leisten können oder gar kein Auto mehr“, philosophiert der 50-jährige und schiebt die Überlegung der Betuchten nach: „Wie können wir von den Ärmeren profitieren? So kam Leki zustande.“ Wirtschaftliche Prosperität mit Wanderstöcken.
Im Eiltempo haut Django Asül die Gegebenheiten aus Kirchheim raus, was ihm jede Menge Lacher beschert. „Komm ich hierher, läuft das bei mir unter Urlaub, die haben mir sogar eine Mitgliedschaft angeboten.“ Nach einer gefühlten halben Stunde verrät Ugur Bagislayıcı, wie er wirklich heißt, dass er 2020 sein 25-Jähriges Bühnenjubiläum gefeiert hätte, die Ur-Ur-Ur-Fassung dieses Programms entstand auch vor dem Lockdown. Nach dem seine beiden Nichten sein Angebot einer gemeinsamen Freizeitbeschäftigung ablehnten, sei der heimische Hengersberger-Café-Stammtisch wieder ein Thema geworden. Dort trifft er Hans, der als Menschenkenner sofort feststellt, dass seinem Stammtischbruder „Tucht“ fehle und klärt den unwissenden Django auf. „Züchtig – Zucht, tüchtig – Tucht, das nennt man Ableitung“, klärt Hans auf, der seinem Spezi die Augen öffnet. Und es hat funktioniert. Django Asül erkennt, dass sich in den dortigen Gesprächen immer wieder unerwartete Blickwinkel auf das Weltgeschehen öffnen. „Die Realität da draußen hat schon lange nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun“, erkennt der 50-Jährige und bekräftigt: „Ich sehe viel Elend, dass es noch gar nicht gibt!“
Sein Rückblick führte ihn in die Schulzeit, wo er „ein richtiger Kotzbrocken“ gewesen sei. „Anstatt Pumuckl war mein Meister Eder Clint Eastwood“, erzählt der Kabarettist und verrät, dass er auch mit Karl May nichts anfangen konnte. „Ein Ossi, der Western schreibt – finde den Fehler! Der müsste eigentlich Ostern schreiben.“
Über zwei dichte Stunden bot Django Asül in der ausverkauften Bastion eine sprachliche Meisterleistung zu zwei Weizenbieren und mannigfachen Themen. Vom Bildungswesen in Deutschland, Deppen, die alle Biographien schreiben oder schreiben lassen, schnelllebigen Beziehungen und dem Ausleben erotischer Fantasien, WGs, Nachbarn, die alle Lehrer sind, Österreicher, Griechen und Venezianern sowie einem bedingungslosem Grundeinkommen. „Mein Publikum muss hinterher schlauer rausgehen als es reingekommen ist – gewissermaßen das Gegenteil einer Gemeinderatssitzung.“ Vieles war ein Frontalangriff auf die Lachmuskeln, wobei, ein Grundkonzept mit etwas mehr Struktur und Pausen nicht geschadet hätte. Angesichts seiner extremen Schnelligkeit beim Erzählen, war es fallweise nicht immer leicht zu konsumieren, konzentriertes „Dranbleiben“ war durchaus gefordert.