Auf Einladung des VHS-Kulturrings gastierte das renommierte Trio „toninton“ in der nahezu ausverkauften Stadthalle mit Werken von Ludwig van Beethoven und Anton Dvořák sowie einer spektakulären zeitgenössischen Komposition von Fazil Saj. Die begeisterten Zuhörerinnen und Zuhörer erlebten Kammermusik vom Feinsten und feierten die drei renommierten Virtuosen für perfekt abgestimmtes Ensemblespiel, brillante Technik, packende Energie und jugendliche Spielfreude.
Im Klaviertrio Es-Dur von Ludwig van Beethoven lauscht man gebannt den im Kanon einsetzenden Melodien, wo der charakteristische Klang der Instrumente zunächst einzeln erklingt, bis diese „toninton“ ineinander verschmelzen. Dynamik, Artikulation und Klangbalance bilden eine Einheit, die auch rein visuell faszinierend ist im sensiblen Aufeinander-Reagieren und in den synchronen Bewegungen der drei Akteure.
Höchst lebendig, mit schelmischem Duktus kommt der zweite Satz daher, während das herrliche Spiel von Violine und Violoncello im kantablen dritten Satz einem „Lied ohne Worte“ gleicht. Der vierte Satz führt das Werk zu seinem schwungvollen Ende. Ob in virtuosen Tongirlanden, ob in dramatischen „Sturm und Drang“-Passagen, in rasanten 32stel-Läufen des Pianisten, glockenklaren Tönen der Geigerin in höchster Lage oder den warm strömenden Kantilenen des Cellisten – hier erklingt Kammermusik in Vollendung.
Absturz im freien Fall
In seiner Einführung zum modernen zweiten Werk des Abends erzählt Ukko Speidel vom spektakulären freien Fall des Extremsportlers Felix Baumgartner, der 2012 vom Rand des Weltalls aus 39 Kilometern Höhe in die Tiefe gesprungen ist und die Schallmauer durchbrach, ehe er seinen Fallschirm öffnete und sicher auf festem Boden landete. Der 1970 geborene türkische Pianist und Komponist Fazil Say hat ein Jahr nach diesem „Sprung aus dem Weltraum“ ein Aufsehen erregendes Werk der Avantgarde-Musik geschaffen, den „Space Jump“. Hier wird die Fantasie der Zuhörerinnen und Zuhörer herausgefordert: Wie kann der Komponist das spektakuläre Ereignis in Musik ausdrücken? Den drei Künstlern gelingt es in ihrem anspruchsvollen Part hervorragend, Baumgartners Sturzflug musikalisch widerzuspiegeln. Zu Beginn spielt Vilja Godiva Speidel eine sich ständig wiederholende Tonfolge, die in ein Kreisen übergeht, später wählt sie gläserne Töne im Flageolett und setzt extrem hohe Klangspuren, die gleißendes Licht assoziieren. Am Klavier steuert Helge Aurich sphärische Klänge und mittels des Pedals verschwimmende Skalen bei, während Ukko Speidel im dumpfen Pizzicato seines Violoncellos ein Blubbern erzeugt und dann das Gleiten des „Space Jumpers“ im wahrsten Sinne des Wortes mit Glissandi verdeutlicht. Heftig lässt der Pianist bisweilen kurze hartnäckige Motive „rattern“, ehe sie übergehen in dahingeworfene flirrende atonale Tontrauben. Man kann nur ahnen, welche Wirkung das Ziehen der Reißleine des Fallschirms am Körper Baumgartners verursacht hat, musikalisch stehen dafür Pate Disharmonien und der Übergang in ein robustes Unisono, das nach den experimentellen Klängen für eine Erdung sorgt.
Der Zauber des Pianissimo
Im Klaviertrio e-Moll von Anton Dvořák bringt das Trio „toninton“ eine Fülle von Melodien zum Leuchten und glänzt durch weit ausschwingende Spannungsbögen. In den Tanzsätzen stellen die Interpreten ihre musikantische Frische und Vitalität unter Beweis und die langsamen Sätze geben ihnen Gelegenheit, den Zauber des Pianissimo auszukosten. Der Pianist Helge Aurich verfügt über eine exzellente Anschlagstechnik, er lässt sein Klavier singen zu den geschmeidig aufspielenden Streichinstrumenten von Vilja Godiva und Ukko Speidel. Die Übereinstimmung der Gefühle auf der Bühne ist spürbar, sichtbar, hörbar. Sie fängt auf wunderbare Weise auch das Publikum ein, das nach langanhaltendem Applaus und rhythmischem Klatschen seine Zugabe erhält mit dem „Zigeuner-Trio“ von Joseph Haydn.