Kirchheim
Kein Freispruch trotz Berufung

Justiz Ein 20-Jähriger wird auch in zweiter Instanz wegen seiner Flucht vor der Polizei zu einer Geldstrafe verurteilt.

Kirchheim. Drogen im Auto und eine Polizeikontrolle – das geht nicht gut aus. So geschehen am 7. Januar vergangenen Jahres in Kirchheim. Ein 20-Jähriger lieferte sich mit der Polizei ein „verbotenes Rennen“ – und wurde dafür in erster Instanz zu 2400 Euro Geldstrafe verurteilt. In der gest­rigen Berufungsverhandlung vor dem Stuttgarter Landgericht prallten verschiedene juristische Meinungen aufeinander. Die Folge: Es bleibt beim Vorwurf, nur die Geldstrafe wird gemildert.

Ein schnelles Auto, modern mit E-Motor, knapp über 200 PS: Das ist der Stolz eines 20-jährigen jungen Azubis aus Kirchheim. Mit diesem Boliden und Freunden auf dem Beifahrersitz und im Fond stand er am Nachmittag des 7. Januar vergangenen Jahres auf einem Parkplatz in Kirchheim. Man hörte gemeinsam Musik. Im Fahrzeug versteckt an verschiedenen Stellen insgesamt 3,7 Gramm Haschisch und 2,3 Gramm Marihuana. Eine Polizeikontrolle war das Wenigste, was man jetzt gebrauchen konnte.

Filmreife Verfolgungsjagd

Doch gerade dieses Unheil näherte sich in Form eines Streifenwagens. Die Beamten wollten die Papiere kontrollieren. „In einer Art Schock bin ich dann mit Vollgas weggefahren – mit einem Tunnelblick“, sagt der 20-Jährige nun vor den Richtern der 4. Gro­ßen Jugendstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts. Es folgte eine filmreife Verfolgungsjagd. Vorne das PS-starke Elektrofahrzeug des Angeklagten, dahinter der Diesel der Kirchheimer Polizei. Der Gewinner dieses „Kfz-Rennens“, wie es die Staatsanwältin bezeichnete, war dennoch klar die Polizei. Begonnen hatte das „Rennen“ in der Holzmadener Straße und ging weiter übers Käppele. In den 30er-Zonen wurde da gut 85 Stundenkilometer schnell gefahren. Einmal ging es sogar durch einen verkehrsberuhigten Bereich. Geendet hatte die Raserei in der Mittleren Straße in Kirchheim. Ein Mitfahrer des Angeklagten flüchtete zu Fuß. Der 20-Jährige wurde festgenommen und vom Amtsgericht Kirchheim dafür bereits am 15. Januar dieses Jahres zu 2400 Euro Geldstrafe verdonnert. Einbezogen in den Tatbestand des Kfz-Rennes war auch noch der Besitz der Drogen sowie ein zweimonatiger Entzug der Fahrerlaubnis.

War das Ganze wirklich ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen? Oder hat das Amtsgericht Kirchheim den 20-Jährigen zu Unrecht verurteilt? Der Angeklagte beteuert, er hätte durchaus noch schneller fahren können, wird darin auch vom Kraftfahrzeug-Sachverständigen unterstützt, der ebenfalls meint, dass die maximale Geschwindigkeit des E-Fahrzeugs damals nicht ausgereizt wurde, allerdings auch witterungsbedingt. Geblieben sei damit nur eine panikartige Flucht vor der Polizei, so der Verteidiger, der für den 20-Jährigen Freispruch fordert, während die Anklägerin den Antrag stellt, wegen eines verbotenen Rennens das Urteil aufrechtzuerhalten. Schließlich sei erwiesen, dass der Beschuldigte absichtlich mit weit überhöhter Geschwindigkeit und unter Missachtung aller Verkehrsregeln vor dem Streifenfahrzeug flüchtete, und das, weil er Drogen im Auto hatte.

So sahen es jetzt auch die Richter in der gestrigen Berufungsinstanz. Zwar wurde die Geldstrafe um 400 Euro auf 2000 Euro herabgesetzt, mit der Zusage, dies in monatlichen Raten abstottern zu können. Doch die damalige Flucht vor der Polizei stellt nach wie vor den Tatbestand des verbotenen Fahrzeugrennens dar, so der Urteilstenor. Zusätzlich ordnete das Gericht für den 20-Jährigen weitere zwei Monate Führerscheinsperre an. Bernd Winckler