Kirchheim
Kein Handyverbot an Kirchheimer Schulen

Medien In Baden-Württemberg können Lehrkräfte laut Schulgesetz den Schülerinnen und Schülern nicht untersagen, ihre Handys mitzubringen. Kirchheimer Schulen haben eigene Regelungen gefunden. Von Heike Siegemund

In Großbritannien soll es Schülerinnen und Schülern künftig nicht mehr erlaubt sein, Handys in die Schule mitzunehmen. Das zumindest fordert die Regierung des Vereinigten Königreichs. Die Begründung: Handys lenken zu sehr ab, stören im Unterricht und ermöglichen Cybermobbing. Hierzulande indes lehnt der Deutsche Lehrerverband ein generelles Handyverbot an Schulen ab. Dies sei nicht durchsetzbar – auch, weil viele Eltern wollten, dass ihre Kinder erreichbar sind, zum Beispiel im Fall von Unterrichtsausfall. Wie seht die Situation an Kirchheimer Schulen aus? Wie stehen die dortigen Lehrerinnen und Lehrer zum Thema?

Am Schlossgymnasium gilt schon lange die Regelung, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Smartphones zwar mitnehmen dürfen – aber die Geräte müssen ausgeschaltet sein und sich in der Schultasche befinden, sagt der stellvertretende Schulleiter Hans-Ulrich Lay. Allerdings habe man auf dem Schulhof eigens einen abgegrenzten Bereich eingerichtet, in dem die Handys genutzt werden dürfen, um mit den Eltern zu kommunizieren. Außerdem gebe es für die älteren Schülerinnen und Schüler der Klassen elf und zwölf einen Arbeitsraum, in dem sie ihre Handys ebenfalls verwenden dürfen. Im Übrigen benachrichtigen die Lehrkräfte die Eltern über eine Schul-App, wenn zum Beispiel eine Schulstunde ausfällt, ergänzt Lay: „Den Stundenplan haben wir digitalisiert“.

„Diese Regelung klappt größtenteils gut. Mein Eindruck ist: Wir haben wenige bis gar keine Probleme damit. Es ist völlig unaufgeregt“, konstatiert Lay. Dass ein Schüler im Unterricht heimlich auf sein Handy schaut, könne zwar trotzdem vorkommen. „Aber wir erleben das nicht als großes Thema“, ergänzt er und betont: „Ich denke, wir haben eine differenzierte und praktikable Lösung gefunden“. Lay hält es für schwierig, den Schülern generell zu verbieten, ihre Geräte mitführen zu dürfen. Handys gehörten schlichtweg zur Lebensrealität. Es sei auch Aufgabe der Schule, einen verantwortungsvollen Umgang damit aufzuzeigen.

Kürzlich waren die Achtklässler des Schlossgymnasiums für mehrere Tage im Schullandheim – ihre Smartphones durften sie jedoch nicht mitnehmen, berichtet Lay. „Das ist von den Schülern und Eltern akzeptiert worden.“ Die Lehrkräfte gestalteten ein Online-Tagebuch, das mehrmals täglich aktualisiert wurde und in dem sie die Eltern über die Aktivitäten im Schullandheim auch mit Fotos informierten. „Natürlich waren wir jederzeit für die Eltern erreichbar.“ Die Schülerinnen und Schüler seien anschließend begeistert gewesen von ihrem Schullandheim ganz ohne Handy.

 

Ich kann nicht etwas aus dem Leben aussperren, das zum Leben gehört.
Marlon Lamour

 

Einem generellen Handyverbot an Schulen steht auch Marlon Lamour, Schulleiter der Freihof-Realschule, skeptisch gegenüber: „Wir leben in einer digitalen Welt. Das Handy gehört zum Alltag dazu“. Ein Verbot wäre schwer umsetzbar, aber auch nicht zielführend: „Ich kann nicht etwas aus dem Leben aussperren, das zum Leben gehört“. Außerdem würde ein generelles Handyverbot nur mehr Probleme schaffen, „denn man müsste dies auch kontrollieren“.

An der Freihof-Realschule gilt ebenfalls die Regelung, dass das Handy ausgeschaltet in der Tasche bleiben muss. Es sei täglich zu beobachten, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Smartphones sofort in die Hand nehmen, sobald sie das Schulgelände verlassen. Freilich könne es auch passieren, dass sich Kinder mit ihren Geräten auf dem Schulgelände beschäftigen. „Wenn sie erwischt werden, kommt das Handy an diesem Unterrichtstag ins Sekretariat.“ Solche Vorfälle werden dokumentiert, fügt Lamour hinzu. „Sollte es zu oft passieren, sprechen wir mit den Eltern. Aber insgesamt ist das eher die Ausnahme.“

Schon nahezu alle Fünftklässler besitzen ein Handy, sagt Lamour. Den richtigen Umgang damit zu vermitteln, sei auch Aufgabe der Schule. Deshalb werde an der Freihof-Realschule zum Beispiel in der fünften und sechsten Klasse das Thema Einführung in digitale und soziale Medien behandelt.

Auch am Ludwig-Uhland-Gymnasium (LUG) spielt diese Thematik im Unterricht eine Rolle: zum Beispiel in der fünften Klasse im Rahmen des Präventionsprogramms „Internet, aber sicher“, wie Schulleiter Martin Roll informiert. Auch in der Mittelstufe werde über die Gefahren des Internets aufgeklärt.

Wie Roll berichtet, habe das LUG im Juni vergangenen Jahres eine neue Regelung eingeführt: Demnach dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre Handys während der Unterrichtszeit nicht im Schulgebäude und in der Mensa nutzen. „In der Mittagspause ist dies aber im Freien erlaubt.“ In der restlichen Zeit müssen die Geräte zumindest auf lautlos gestellt sein, damit kein Handyklingeln im Unterricht stört. „Diese Regelung, die wir mit den Schülern und Eltern gemeinsam beschlossen haben, nehmen die Schüler ohne zu klagen an“, sagt Roll.

Zuvor war am LUG das Mitführen von Handys generell verboten gewesen. Doch ein solches Verbot sei nicht mit dem Schulgesetz vereinbar, betont Roll. Demnach dürfe das Mitbringen eines Smartphones nicht untersagt werden. Werden im Unterricht digitale Medien benötigt, stehen am LUG Schul-Tablets zur Verfügung, informiert Roll weiter. Denn nicht jeder Schüler verfüge mit seinem Handy über ein ausreichendes Datenvolumen.

Dass mancher Schüler sein Smartphone trotzdem während des Unterrichts aus der Tasche zieht, komme schon mal vor. „Aber es ist kein Thema, das uns täglich umtreibt.“