Kirchheim
„Kein Krieg gegen Iran“

Außenpolitik Claudia Haydt vom Bundesvorstand der Partei „Die Linke“ diskutiert im Vogthaus über einen möglichen deutschen Militäreinsatz vor der Küste Irans. Von Monika Läufle

Mitveranstalter Hans Dörr gibt sich bescheiden. „Ulm hat einen Friedensmonat, Nürtingen Friedenswochen, wir in Kirchheim beginnen klein mit zwei Friedenstagen.“ So lud man zur Diskussionsrunde im Vogthaus. 30 Zuhörer folgten der Einladung.

Referentin war Claudia Haydt vom Bundesvorstand der Partei „Die Linke“. Der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss hatte kurzfristig abgesagt. Zunächst umriss die Politikerin die Vorgeschichte und die aktuelle Lage im Iran. Ein Hauptproblem sieht sie darin, dass häufig Konflikte nicht verstanden werden. Eine Teilnehmerin wirft ein: „Wir dürfen sie nicht verstehen.“ Das lässt Haydt nicht gelten. Man könne sie verstehen, jedoch müsse man dazu viel Zeit investieren. Dies tut sie als Mitglied des Vereins Informationsstelle Militarisierung (IMI). Der Verein, der sich gegen jede Form von Aufrüstung und Krieg wendet, analysiert militärpolitische Entwicklungen und gibt die Informationen an die Bevölkerung weiter. - Wie dem Kirchheimer Publikum, das konzentriert zuhörte und immer wieder Zwischenfragen stellte, die Haydt geduldig beantwortete.

Die Friedensbewegungs-Aktivistin ist überzeugt: Wer nur eine Seite beleuchtet, wie es etwa die meisten Medien der USA machten, der mache es sich zu leicht. Diese berichten, dass der Iran im persischen Golf eine Gefahr für die amerikanischen Stützpunkte ist. Doch wie ist es anders herum? Die USA versuche, die Region mit starker Militärpräsenz zu kontrollieren. Rund um den Iran seien US-Soldaten stationiert. Haydt spricht sogar von einer Umzingelung und fügt hinzu: „Die USA stellt auch eine Gefahr für den Iran dar.“

Der Konflikt verschärfte sich, als der Iran einen britischen Tanker festsetzte. Haydt kritisiert: Dass zuvor ein iranischer Tanker ohne rechtliche Grundlage von Großbritannien festgesetzt worden sei, wurde lange nicht diskutiert. Die Politikerin betonte mehrmals, dass sie sich nicht auf die Seite des Irans stelle. „Wenn ich etwas verstehe, muss ich es nicht gut heißen. Aber ich muss es verstehen, um zu einer Lösung zu kommen.“

Noch etwas zeigt sich: Jedes Land verfolgt eigene Interessen. Dass der Frachter gerade vor Gibraltar festgesetzt wurde, ist für Haydt keine Überraschung. Sowohl Spanien als auch Großbritannien erheben Anspruch auf Gibraltar. Sie vermutet, dass einer der Gründe, warum das Schiff genau dort festgesetzt wurde, eine Machtdemonstration für die Brexit-Verhandlungen sei. Daneben spiele für Israel der Wahlkampf eine Rolle. Das alles mache den Konflikt, und dessen Lösung, noch verworrener. Umso wichtiger sei es, ein umfassendes Bild zu gewinnen.

Dies sei auch wichtig, um Entscheidungen treffen zu können. Wie etwa die, ob sich die Bundeswehr an einer militärischen Mission in der Straße von Hormus, die sich Oman und Iran als Hoheitsgewässer teilen, beteiligen soll. Seit der Tanker festgesetzt ist, stehe dies zur Debatte. Für Claudia Haydt steht fest: „Auf keine Fall.“ Dafür sprechen für sie mehrere Gründe. Auch bei einer Schutzmission seien Kriegsschiffe vor Ort. Dadurch sei die Eskalationsgefahr immer groß. Das hätte schreckliche Folgen für die Zivilbevölkerung. Die übrigens, so betont Haydt, jetzt schon durch die Sanktionen leide. Daneben findet sie die Rolle eines neutralen Vermittlers glaubwürdiger, wenn er sich aus Kriegshandlungen heraushält.

In den vergangenen Jahren hat die Friedensbewegung nach Ausführungen der Referentin in den USA stark zugenommen. Die Friedensbewegung könne mehr Druck ausüben, wenn sie auf andere Staaten verweisen und sagen könne, dass die Bundeswehr nicht für militärische Operationen zur Verfügung stehe.

Was in der Zivilgesellschaft diskutiert wird, hat laut Claudia Haydt Auswirkungen auf andere Länder. Noch etwas anderes gibt sie zu bedenken: Deutschland plane 30 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich ins Militär zu investieren. Dieser Trend sei in ganz Europa zu beobachten. Mit dem Geld, dass in die Aufrüstung gesteckt werde, ließen sich aber auch die ganz großen Menschheitsprobleme angehen. Bei den Zuhörern stieß die Rednerin mit ihren Argumenten auf viel Zustimmung.

Claudia Haydt diskutierte über den Konflikt zwischen USA und Iran und beantwortete geduldig die Fragen des Publikums. Neben einem Infostand in der Fußgängerzone war die Diskussionsrunde Teil der Kirchheimer Friedenstage.

 

Die Kirchheimer Friedenstage wurden initiiert von der Attac-Regionalgruppe Kirchheim und Umgebung, den Kreisverbänden der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsgegenerinnen Neckar-Fils, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Esslingen/Nürtingen, den Ortsverbänden der Linken und Pax Christi aus Kirchheim. Mit den Friedenstagen wollen die Organisatoren den Antikriegstag, der in Deutschland am 1. September stattfindet, neue Bedeutung beimessen. Neben der Diskussionsrunde im Vogthaus gehörte dazu ein Infostand in der Fußgängerzone.