Patienten verteilen, Symptome filtern, Kapazitäten schaffen - und immer wieder testen. Im Landkreis arbeiten medizinisches Personal, Hilfsdienste und Stabskräfte mit Hochdruck daran, die Auswirkungen der Pandemie unter Kontrolle zu halten. Harmlose Fälle von ernsthaft Erkrankten zu trennen, die Last auf möglichst viele Schultern zu verteilen, um Kliniken und Arztpraxen vor dem Kollaps zu bewahren, darum geht es. Auch die zweite Woche mit verschärften Kontaktbeschränkungen hat im Kreis mit schlechten Nachrichten begonnen: Stand Montag ist die Zahl der Infizierten auf 797 nach oben geschnellt. Das sind 116 Fälle mehr als noch am Freitag vergangener Woche. Der Landkreis Esslingen ist nach absoluten Zahlen der Kreis mit den meisten Infizierten landesweit. Die Zahl der Todesfälle hat sich seit Freitag verdoppelt. Inzwischen sind zwölf Kreisbewohner an Covid-19 verstorben. Einziger schwacher Lichtblick: Gleichzeitig stieg auch die Zahl derer, die inzwischen wieder gesund sind, von 94 auf 141.
Gewappnet sein für weit Schlimmeres ist nach wie vor die Devise. Im Moment laufen die Vorbereitungen zur Einrichtung einer Notklinik auf den Fildern, wo eine Messehalle zum Krankenhaus für bis zu 300 Patienten umgerüstet werden soll, die keine Intensivbehandlung oder Beatmung benötigen. Das soll den Krankenhäusern Luft verschaffen. Gestern brütete der Krisenstab den ganzen Tag über organisatorischen Details und wohl auch über der Frage: Woher das Personal nehmen? Das Provisorium soll erst in Betrieb gehen, wenn die Bettenkapazitäten knapp werden. Wann man bereit sein wird, auf einen solchen Fall zu reagieren, steht noch nicht fest. „Zeitnah“, sagt Landratsamts-Sprecher Peter Keck. Zur Stunde sei man noch in der Lage, Patienten aufzunehmen. Schnellstmöglich sollen auch die geplanten Fieberambulanzen an den beiden Drive-in-Abstrichzentren in Oberensingen und auf den Fildern in Betrieb gehen. Auch hier wird noch an Details gefeilt, was die Abwicklung betrifft. Das Ziel: Patienten, die über erhöhte Temperatur klagen oder unklare Symptome aufweisen, getrennt von harmlosen Verdachtsfällen zu untersuchen und zu testen.
Dritte Säule des Schutzprogramms sind die Corona-Schwerpunktpraxen der Kreisärzteschaft, von denen es inzwischen ein knappes Dutzend im Kreis gibt - seit gestern auch eine in der Teckregion. Hierhin gelangt man nur per Überweisung durch den Haus- oder Kinderarzt und auch nur mit entsprechenden Symptomen. In den Praxen scheut man die Öffentlichkeit. Man will verhindern, dass Patienten den direkten Weg hierher suchen. Vier Mediziner bereiten sich in der Praxis im Kirchheimer Umland im Zweischichtbetrieb auf einen größeren Ansturm vor. In Vierstunden-Blöcken sollen knapp 50 Patienten behandelt werden können - so einbestellt, dass es Schlag auf Schlag geht. Warteraum ist das Auto draußen vor der Tür. Der Aufruf erfolgt per Telefon.
Worum es geht, ist klar: rationell arbeiten, um den Normalbetrieb in den Praxen zu erhalten. Schließlich gibt es Patienten mit Herzschwäche oder chronischen Erkrankungen auch weiterhin. Inzwischen genauso wichtig: Blockbehandlung hilft, Schutzausrüstung zu sparen. Dass derselbe Mundschutz mehrfach zum Einsatz kommt, ist inzwischen Alltag und ein enormes Risiko für medizinisches Personal.
Was sie in den nächsten Tagen erwartet, wissen auch die Ärzte in den Schwerpunktpraxen nicht: „Klar ist, wir müssen uns verstärkt auf kritische Fälle beschränken“, sagt einer. „Gut möglich, dass uns das hier in drei Tagen um die Ohren fliegt.“