Die Wollmarktstraße bei der Freihof-Realschule gilt als verkehrsberuhigter Bereich und ist dementsprechend ausgeschildert. Doch jeden Morgen kurz vor Schulbeginn verwandelt sich die Ruhe in regen Durchgangsverkehr. Das liegt nicht an den Schülern, die mit dem Fahrrad zur Schule kommen oder zu Fuß unterwegs sind, sondern an Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen, kurzfristig die Straße verstopfen und auch das gebotene Schritttempo kaum einhalten. Denn: Es muss ja schnell gehen. Kinder ab ins Auto, schnell zur Schule und dann zur Arbeit. Park- und Haltemöglichkeiten bei den Toren zur Schule gibt es kaum, also wird wild geparkt.
Elterntaxi nennt sich das Phänomen - und es gibt immer mehr davon: Mütter und Väter, die ihren Kindern den Schulweg nicht alleine zutrauen und sie am liebsten bis ins Klassenzimmer bringen würden. In vielen deutschen Städten löst der Trend Chaos vor Schulhöfen aus. Manche Schulen helfen sich mit Straßensperrungen vor Unterrichtsbeginn. So sollen die Selbstständigkeit der Kinder und die Sicherheit auf der Straße gewahrt werden. Auch an der Kirchheimer Freihof-Realschule gibt es diese Probleme.
Oft sind die vorgeschriebenen drei Meter Abstand zwischen den Fahrzeugen auf beiden Seiten der Straße nicht mehr gegeben. Kaum angehalten, gehen die hinteren Türen auf und Kinder springen heraus - direkt auf die Straße. Einige Mütter und Väter steigen mit aus und begleiten die Kinder bis vors Klassenzimmer, andere warten im Auto, bis die Schüler den sicheren Hof erreicht haben. Es gibt aber auch Mamas und Papas, die ihre Schützlinge zu Fuß zur Schule begleiten und mit ihnen das Verhalten im Straßenverkehr üben. Viele Kinder, die vom Taxi Mama abgeladen wurden, drehen sich um und verabschieden sich mit Winken von ihren Eltern, vergessen aber dabei, dass sie sich auf einer Straße - wenn auch verkehrsberuhigt - befinden. Zu beobachten sind auch viele Elternteile, die ihren Kindern helfen, den vollbepackten Schulranzen zu schultern. Immer wieder fahren Anwohner mit ihren Autos zur Arbeit, oder Radfahrer passieren die Wollmarktstraße. Sie müssen um die parkenden Elterntaxis herumzirkeln.
Häufig lässt sich folgende Situation beobachten: Ein aussteigender Schüler sieht einen Kollegen, rennt ohne Blick nach links und rechts über die Straße, um die Neuigkeiten auszutauschen. Man hört Mamas, die ihre Kinder zur Eile antreiben. Zum einen, weil die Schule gleich beginnt, zum andern, weil sie selbst zum nächsten Termin müssen. Es gibt aber auch Taxi-Mütter, die sich vor dem Schulhof treffen, um sich für später zur verabreden - während ihr Auto die erlaubte Haltezeit fürs Aussteigen längst überschritten hat. Später wird sich das ganze Szenario wiederholen: Nämlich, wenn die Schule wieder aus ist.
Dem Realschulrektor Clemens Großmann gefällt das nicht: „Diese Eltern verursachen zusätzliche Gefahren für die anderen Kinder“, sagt er. Auch der Kirchheimer Ordnungsamtsleiter Marcus Deger ist alarmiert.