Die Medienprojektwoche findet in der Teck-Grundschule in Kirchheim alle zwei Jahre statt und läuft seit Anfang der Woche. Routine, könnte man meinen, doch eine Sache wandelt sich von Jahr zu Jahr: Die Kinder, die ein eigenes Smartphone in der Tasche haben, werden immer jünger. Rektorin Claudia Walter und Konrektorin Sara Wieser wissen es nicht genau, aber sie gehen davon aus, dass 80 bis 90 Prozent der Zweit- bis Viertklässler an ihrer Schule einen solchen kleinen Computer mit sich herumtragen und darauf teilweise Apps benutzen, für die sie viel zu jung sind: TikTok und WhatsApp, um nur zwei davon zu nennen.
Wir sehen, dass die Kinder im Unterricht müde sind.
Sara Wieser, Konrektorin
Konrektorin Sara Wieser ist im Gespräch hörbar darum bemüht, die Nutzung digitaler Medien nicht zu verteufeln. Diese könnten Lehr- und Lernprozesse verbessern, betont sie. Der Teck-Grundschule gehe es darum, den Kindern einen sinnvollen Umgang beizubringen, sie zu ermächtigen, echte Nachrichten von „Fake News“ zu unterscheiden, mit ihnen in die Internet-Recherche einzusteigen. In der Medien-Projektwoche können die Schülerinnen und Schüler einen Tablet-Führerschein erwerben, einen Film schneiden und ein Buch erstellen. „Die Kinder lieben es, mit Medien zu arbeiten, und wir wollen diese Motivation nutzen, um sie in einen Lernfortschritt zu bringen“, sagt Rektorin Claudia Walter.
Das ist in den Augen der Pädagoginnen der sinnvolle Teil digitaler Mediennutzung. Und doch bleibt ein schaler Beigeschmack, weil beide natürlich wissen, dass auf den Handys der Kinder nach Schulschluss nicht hauptsächlich Lern-Apps laufen.
Immer mehr Lernschwierigkeiten
Dass schon Grundschüler immer mehr Zeit am Handy verbringen, ist laut den Pädagoginnen auch im Unterricht zu spüren. „Wir merken, dass die Kinder erhebliche Konzentrationsschwierigkeiten haben“, sagt Rektorin Claudia Walter. „Die Aufnahmefähigkeit, die Lernmotivation gehen zurück, und zwar massiv.“ Dafür gebe es diverse Gründe. „Aber ich sehe einen möglichen Zusammenhang mit der Mediennutzung.“ Was in ihren Augen ganz klar an TikTok und YouTube liegt, ist die zunehmende Unfähigkeit mancher Schülerinnen und Schüler, zusammenhängende Sätze zu bilden. „Bei einer Buchpräsentation hat ein Kind nur bruchstückhafte Sätze formuliert. Später habe ich gemerkt, dass es einen Youtuber imitiert hat“, sagt sie.
Sara Wieser ergänzt: „Wir sehen, dass die Kinder im Unterricht müde sind. Dass sie grobmotorischer werden.“ Wenn man viel Zeit mit dem Smartphone verbringe, habe man natürlich weniger Zeit, zu schlafen, Sport zu treiben oder auf den Spielplatz zu gehen. Sorgen bereitet den Lehrkräften auch das Suchtpotenzial von Social Media-Apps und Handy-Spielen. „Es gibt Kindergruppen, bei denen man das Gefühl hat, dass das alles sehr im Vordergrund steht“, sagt Claudia Walter.
Auch Cybermobbing in einer Art Klassenchat haben die Pädagoginnen an der Teck-Grundschule schon erlebt. Sara Wieser ergänzt, dass die Kommunikation der Kinder sich verändert hat. „Online wird ganz anders kommuniziert als in der echten Welt. Viel weniger emphatisch“, sagt sie.
Eltern müssen Handynutzung einschränken
Weil der Einfluss der Schule auf die Mediennutzung begrenzt ist, findet im Rahmen der Projektwoche ein Elternabend statt. Eine Referentin des Polizeipräsidiums Reutlingen wird mit Müttern und Vätern über Themen wie Haftung sprechen, sie für Gefahren wie Cybermobbing sensibilisieren, für Präventionsmaßnahmen werben und Tipps geben, wie man die Schutzfunktionen des Handys nutzen kann.
„Die Eltern sind dafür zuständig, dass die Kinder altersgerechte Inhalte zu sehen bekommen“, betont Sara Wieser. Mit der Veranstaltung will man die Eltern ermutigen, mit ihren Kindern über Mediennutzung zu sprechen und klare Regeln und Grenzen zu etablieren. „Wichtig wäre, dass es Nutzerzeiten und medienfreie Zonen, wie zum Beispiel den Esstisch, gibt“, sagt Sara Wieser. Auch der Austausch über Themen wie Datenschutz, Privatsphäre und Verhaltensregeln ist aus ihrer Sicht unerlässlich, wenn man dem Kind ein Smartphone in die Hand drückt.
Allerdings machen sich die Pädagoginnen keine Illusionen. Die Anmeldungen zum Elternabend sind bisher sehr überschaubar. Spontanbesuche sind selbstverständlich erlaubt. „Wir rechnen nicht mit einem Ansturm“, sagt Claudia Walter, die sich aber über jeden einzelnen freut. „Jedes Kind, das wir durch diesen Elternabend schützen können, zählt“, betont auch ihre Kollegin Sara Wieser.

