Kirchheim
Kinder regieren am „Schloss“ 

Spielstadt  Für eine Woche erobern Sorgenfresser und Seifenkisten den Schulhof des Schlossgymnasiums – und das Arbeitsamt vor Ort vermittelt schon den Kleinsten einen Job. Von Sarah Polzer

Schon aus der Ferne leuchtet Passanten ein bunt bemaltes Stofflaken entgegen, das den Eingang des Schlossgymnasiums schmückt. Hinter diesem Vorhang fahren Kinder mit selbstgebauten Seifenkisten die Wege auf und ab. Über den ganzen Schulhof sind Biertische verteilt, an denen die Mädchen und Jungen fröhlich basteln, spielen und Töpfe bepflanzen.

Zum siebten Mal organisiert das Brückenhaus gemeinsam mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern das Kinderferienprogramm im Schlossgymnasium. Das Team setzt sich aus 40 engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen. Die Schule bietet 170 Kindern die Möglichkeit, für eine Woche in die Welt der Erwachsen einzutauchen und dem Alltag in einer Stadt nachzuspüren.

„Kleine Sorgenfresser“

Diese Jahr lautet das Motto „Stadt der Kunst“. Jeden Morgen versammeln sich die Bürgerinnen und Bürger vor dem Arbeitsamt der Stadt, um ihre Arbeitskarten abzuholen. Um ihr täglich Brot zu verdienen, können die Kinder aus dreizehn Stationen den Beruf ihrer Wahl ausüben. Die Palette reicht von der Schneiderstube über die Gärtnerei bis hin zur Forschungsstelle, die Raketen baut. Konzepte einer nachhaltigen Stadt zeigen sich in der „Aus Alt mach Neu“-Station. Hier nähen die Kinder „kleine Sorgenfresser“, Stofftiere mit großen Augen aus bunten Knöpfen, und gestalten modische Taschen aus CDs. 

Bunten Schmuck herstellen macht auch coolen Jungs Spaß. Foto: Markus Brändli

Steuerliche Abgaben gehören genauso dazu wie bei den Großen. Wer mehr verdienen möchte, kann einen Meisterbrief erwerben, so wie Johannes bei der Zeitung: „Eilmeldungen schreibe ich am liebsten“, erzählt der Zehnjährige freudestrahlend. Weil ihm diese Arbeit so gut gefällt, hat er einen „Dauerarbeitsvertrag abgeschlossen“, fügt er mit strahlenden Augen hinzu.

Ausgleich im Kletterwald

Neben den vorgegeben Stationen erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Ferienprogramms auch die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, indem sie sich selbstständig machen. Die Fantasie der Kinder kennt dabei keine Grenzen. Die Angebote reichen vom spontanen Tanzkurs bis zur Eröffnung eines Casinos.

Einen Ausgleich zum Arbeitsalltag finden die jungen Arbeitnehmerinnen und -nehmer im städtischen Kletterwald oder beim Besuch in der örtlichen Kunstgalerie „Klex“. Dort kann jeder Bilder zum Verkauf anbieten oder die eigenen „unbezahlbaren“ Kunstwerke mit nach Hause nehmen.

Im Wellnessbereich winkt Entspannung. Die Angebote reichen hier von Flechtfrisuren über Make-up bis hin zum Erste-Hilfe-Kurs. „Verbände anlegen, macht mir am meisten Spaß“, berichtet die siebenjährige Charly. 

Die "kleinen Sorgenfresser" kamen gut an. Foto: Markus Brändli

In der „Stadt der Kunst“ gibt es eine gewählte Stadtverwaltung, die sich aus einem Bürgermeister und einer Bürgermeisterin sowie deren Stellvertretern zusammensetzt. Auf die Frage, was er im Ferienprogramm am Besten findet, antwortet der zwölfjährige Carlo lächelnd: „Dass jedes Kind das machen kann, was ihm gefällt.“ Um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten, senden sich die Einwohnerinnen und Einwohner regelmäßig farbenfrohe Postkarten mit Botschaften und Bildern.

Am Nachmittag öffnet der Elterngarten auf dem Gelände, eine kleine Biertischgarnitur mit blumiger Deko. Die Mütter und Väter werden dort mit Kaffee und Snacks versorgt. „Bei der Stadtverwaltung können sie sogar eine Führung durch die Stadt buchen“, wirbt der stellvertretende Bürgermeister Luis.