Kirchheim
Kino bringt Kult und Gänsehaut

Bilanz Veranstalter Reimund Fischer freut sich vor dem Abschlusswochenende der Kirchheimer Open-Air-Saison über Zuschauerzahlen, die nach 25 Sommernächten nahe am Rekord liegen dürften. Von Andreas Volz

Noch stehen vier Film­abende aus, aber Reimund Fischer - in Personalunion „Guru“ und „Faktotum“ des Kirchheimer Sommernachtskinos - zieht bereits eine durchweg positive Bilanz: „Wir knacken zwar nicht den Besucherrekord, aber wir sind nahe dran.“ Wenn der Vorverkauf für die beiden abschließenden Filme noch leicht anzieht, rechnet er damit, „in die Sechzehntausender-Region zu gelangen“. Obwohl sich diese Angabe auf die Zuschauerzahlen bezieht, passt sie gut zum Filmprogramm: An zwei Abenden hat Reimund Fischer sein Publikum in die Achttausender-Regionen des Himalaya entführt - in „Berge 150“ sowie in der „European Outdoor Film Tour“.

Noch eine Parallele gibt es zwischen Abenteurern und Open-Air-Kino-Betreiber: Sie alle sind gute Wetterbeobachter. Wer Reimund Fischer im August trifft, braucht keine eigene Wetter-App mehr. Den Regenradar hat der Kino-Chef verinnerlicht, so auch für die heutige Vorstellung. Sein aktuellster Stand vor dem gestrigen Redaktionsschluss: „Spätestens um 21 Uhr hört der Regen auf - also genau dann, wenn wir den ,König der Löwen‘ auf die Leinwand bringen.“

Dass die Disney-Produktion als „Best of Summer“-Film laufen kann, begeistert das gesamte Team: „Da sind wir richtig happy, dass wir das zeigen können.“ Die Zuschauerzahlen haben „König der Löwen“ schon kurz nach Filmstart zu einem der erfolgreichsten Filme im Kinojahr 2019 gemacht. So gesehen, könnte er auch heute zu den „Tausender“-Filmen auf dem Martinskirchplatz gehören.

Gut tausend Menschen fast das Sommernachtskino in Kirchheim. Mehrfach war es diesen Sommer ausverkauft. Das ist auch am morgigen Freitag der Fall, wenn die Kultreihe der bayerischen Eberhofer-Krimis mit dem „Leberkäsjunkie“ fortgesetzt wird. Ein ausverkauftes „Haus“ betrachtet Reimund Fischer mit gemischten Gefühlen: „Es macht keinen Spaß, Leute nach Hause zu schicken.“ Andererseits sieht er aber schon einen kollektiven Lerneffekt: „Wer einen Film unbedingt sehen will, besorgt sich rechtzeitig vorher eine Karte im Vorverkauf.“

Die Vorverkaufszahlen sind in Sommernachtskino-Zeiten neben der Wettervorhersage Reimund Fischers zweites Mantra, in das er sich vertieft. Dabei kann das eine das andere durchaus ersetzen: „Sobald besseres Wetter vorhergesagt ist, steigt die Nachfrage schlagartig.“ Manche Filme sind sogar über schlechtes Wetter erhaben. Das zeigte „Bohemian Rhapsody“: Am 9. August hielten die meisten der tausend Zuschauer aus - obwohl es teilweise so heftig regnete wie in einer entscheidenden Szene auf der Leinwand.

Reimund Fischer freut sich sehr über die Wetterfestigkeit seines Publikums. Noch mehr freut er sich allerdings, wenn diese gar nicht erst auf die Probe gestellt wird. Deswegen sorgte die zweite Vorführung von „Bohemian Rhapsody“ jetzt am Montag auch für ein ganz anderes Gänsehautgefühl, bei bestem Wetter und angenehmen Temperaturen: „Das ist schon toll, wenn da tausend Leute bei ,We will rock you‘ mitklatschen.“

Das gemeinschaftliche Erleben hält Reimund Fischer für einen wesentlichen Erfolgsfaktor: „Das Open-Air-Kino ist auch ein Medikament gegen die Einsamkeit zu Hause. Hier können die Menschen miteinander essen und trinken, miteinander reden und lachen.“

Chor-Konzert zum Sänger-Film

Am Samstag gibt es zusätzlich noch einen Gratis-Konzert-Genuss. Von 20 bis 21 Uhr tritt der Stuttgarter „Daimler-Chor“ im Sommernachtskino auf, bevor anschließend der passende Film über die Leinwand flimmert: In „Fisherman’s Friends“ geht es um eine Laiengesangsgruppe, die „vom Kutter in die Charts“ gelangt.

Die Stars von „25 km/h“ sind zwei Mofas. Deswegen gab es für die Fahrer von passenden Zweirädern letzte Woche freien Eintritt in

Die Stars von „25 km/h“ sind zwei Mofas. Deswegen gab es für die Fahrer von passenden Zweirädern letzte Woche freien Eintritt ins Sommernachtskino. Kult ist also nicht nur auf der Leinwand Trumpf. Foto: Carsten Riedl

Der Film passt in die Lieblingskategorie Reimund Fischers: „Wir wollen nicht nur Mainstream spielen. Am liebsten sind mir gehaltvolle Filme, bei denen trotzdem das Unterhaltsame und Komödiantische nicht auf der Strecke bleibt.“ Ein solcher Film läuft auch am abschließenden Sonntag, 1. September: „Das zweite Leben des Monsieur Alain“ („Un homme pressé“) hat bei den Französischen Filmtagen immerhin den Tübinger Publikumspreis eingeheimst.

Und was kommt nach dem Sonntag? Der Abbau - und die Gewissheit, dass es nächstes Jahr auf dem Martinskirchplatz weitergeht: vom 6. bis zum 30. August 2020.