Kirchheim
Kino-Kultur bleibt unverzichtbar

Open Air Reimund Fischer zieht die Bilanz aus dem Auto- und dem Sommernachtskino in Corona-Zeiten: „Dank Publikum und Sponsoren sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.“ Von Andreas Volz

Im Nachhinein findet es Sommernachtskino-Betreiber Reimund Fischer „super, dass es im August möglich war, Veranstaltungen wie unsere Open-Air-Filmabende unter entsprechenden Hygiene-Auflagen anzubieten“. Der Erfolg gibt ihm Recht - und Erfolg bedeutet in der Corona-Saison in erster Linie, dass das Kirchheimer Sommernachtskino eben nicht zu irgendwelchen erhöhten Ansteckungszahlen geführt hat. Wenn der Landkreis Esslingen jetzt - fünfeinhalb Wochen nach dem Abschlussfilm - hohe Infektionszahlen aufweist, kann das nichts mit der Veranstaltung rund um die Martinskirche zu tun haben. Hätte es ähnlich hohe Zahlen jedoch mitten im August gegeben, wäre es ziemlich sicher zu einem Generalverdacht gegen das Kino oder das Weindörfle gekommen.

Reimund Fischer will aber nicht über Corona und damit einhergehende Einschränkungen lamentieren. Er sieht ohnehin grundsätzlich in allem das Positive. „Dass solche Veranstaltungen zugelassen waren, hat die Kultur teilweise gerettet.“ Sein Kino sieht er seit jeher als Kulturveranstaltung: „Wir versuchen, im Sommernachtskino ein Programm zu gestalten, das nicht nur aus Mainstream-Filmen besteht. Gehaltvolles Kino zu machen, beinhaltet aber immer das Risiko, dass der Abend auch einmal nicht ausverkauft ist.“

Umso mehr freut er sich um verbale Unterstützung von höchster Stelle: „Kino ist Kultur“, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereits im Juni gesagt. Und weiter: „Kino ist eben auch Emotion, schafft Vielfalt und Empathie, und alles das ist unverzichtbar auch für eine lebendige Demokratie.“ Kinofilme als Kulturgut in den Lehrplänen zu verankern, diese Forderung des Bundespräsidenten ist ganz nach Reimund Fischers Geschmack. Dabei geht es ihm nicht nur um die Filme als solche, sondern immer auch um das gemeinsame Erlebnis - also um Empathie und Emotion: „Das gemeinsame Lachen an der einen Stelle und das gemeinsame Mit-Leiden an der anderen Stelle, genau das ist der Effekt von Kino auf der Großleinwand, mit Hunderten von Zuschauern.“

Natürlich kann das alles nur dann funktionieren, wenn auch der Umsatz stimmt. Der aber war in der abgelaufenen Saison von vornherein mindestens halbiert - weil statt tausend Leuten eben nur maximal 500 auf den Platz durften. In konkreten Zahlen wäre es also ein dickes Minusgeschäft gewesen: „Wir hatten insgesamt Kosten von 192 000 Euro, davon allein 129 000 Euro fürs Autokino. Umgesetzt haben wir mit Auto- und Sommernachtskino aber nur 95 000 Euro.“ Das ist nur durch Sponsorengelder auszugleichen.

„In Krisenzeiten sind wir mehr denn je auf diese Unterstützung angewiesen“, sagt Reimund Fischer, der sich vor allem über das frühzeitige, klare Bekenntnis der Sponsoren zu seinen Open-Air-Angeboten gefreut hat: „Wir hatten die Zusage, die Sponsorengelder nicht zurückzahlen zu müssen, auch wenn wir nur das Autokino angeboten hätten. Umgekehrt haben wir gesagt, dass wir nicht um eine Nachzahlung bitten, wenn wir dann doch noch ein Sommernachtskino anbieten können.“

Insgesamt also kamen die Mäzene durchaus auf ihre Kosten: „Wir hatten 16 000 Gäs­te, 8 000 im Autokino und noch einmal 8 000 im Sommernachtskino. Das waren also gleich viele Gäste wie sonst in einem guten Sommer - nur eben verteilt auf mehr Abende und über einen längeren Zeitraum hinweg.“

„Einzigartig in Süddeutschland“

Das Publikum, das ihm die Treue gehalten hat, sieht Reimund Fischer ebenfalls als einen Garanten dafür, dass er und sein Team aus dem Kino-Sommer in Pandemie-Zeiten „mit einer schwarzen Null hervorgegangen oder zumindest mit einem blauen Auge davongekommen“ sind. Hinzu kommt die Martinskirchengemeinde, die ihm sogar einen Kirchenschlüssel überlässt, um bei heftigem Regen mitsamt dem Publikum Zuflucht in der Kirche finden zu können: „Das ist einzigartig in Süddeutschland. So etwas kenne ich von keinem anderen Freiluftkino.“

Für nächstes Jahr hofft der Kino-Betreiber auf einen Sommer und auf Infektionszahlen, die es ihm erlauben, möglichst viele Gäste auf dem Martinskirchplatz empfangen zu können, sodass es zuvor nicht unbedingt ein Autokino geben muss. „Ich kann aber nicht in die Zukunft sehen und nicht voraussagen, ob Corona bis dahin überwunden ist. Deswegen plane ich vorerst mit halber Auslastung für 2021.“ Drei Dinge stehen für Reimund Fischer trotzdem schon fest: der Termin vom 5. bis zum 29. August und die Schwierigkeit, bis dahin wieder „normal“ leben zu können. „Zur vollkommenen Rückkehr in unseren gewohnten Alltag haben wir noch einen langen Weg vor uns.“ Genau so sicher sagt er vorher: „Der Wettbewerb der Kulturanbieter wird nächstes Jahr enorm groß sein.“