Kirchheim
Kino und Weindorf: Corona zum Trotz fällt die Bilanz positiv aus

Events Sommernachtskino und Weindorf hatten weniger Besucher als normalerweise zu verzeichnen. Die Veranstalter hoffen jetzt auf eine pandemiefreie Saison im kommenden Jahr – bei besserem Wetter. Von Andreas Volz
 

Es hat sich für die Veranstalter gelohnt, das Risiko einzugehen – weniger im Hinblick auf exorbitante Einnahmen, sondern mehr wegen der Kontinuität: Traditionsveranstaltungen wie das Sommernachtskino oder das Weindorf leben davon, dass die Tradition aufrechterhalten bleibt. Ein Ausfall hat auf Dauer verheerende Folgen: Wenn selbst die Stammgäste sich anders orientieren und wenn sie alternative Freizeitbeschäftigungen finden, wird es schwierig, sie zurückzuholen auf den Martinskirch- oder auf den Rollschuhplatz. Außerdem fehlen sie, wenn es darum geht, persönlich zu werben und andere zu einem Besuch zu motivieren.

„Wir hatten fast 9000 Zuschauer“, sagt Reimund Fischer, der Betreiber des Sommernachtskinos. Gemessen an Spitzenzeiten mit perfektem Sommerwetter, wo er und sein Team nach 25 Filmabenden an der 18 000er-Marke kratzen konnten, klingt das nach wenig. „Aber aufgrund der Corona-Vorgaben haben wir unser Soll voll und ganz erfüllt“, schiebt er hinterher. Die Pandemie ist das Thema, das alles beherrscht. „Erst einmal bin ich froh, dass wir keinen einzigen Corona-Fall zu verzeichnen hatten“, zeigt sich Reimund Fischer nach dem letzten Filmabend erleichtert.

Die „Drei-G-Strategie“ war also erfolgreich. Das Testzentrum gleich nebenan im Kornhaus, das bis 20 Uhr Schnelltests angeboten hat, war eine Alternative für diejenigen, die ins Kino wollten, aber noch keinen Nachweis über eine Genesung oder eine vollständige Impfung vorlegen konnten. Für nächstes Jahr hofft Reimund Fischer, dass Corona keine Rolle mehr spielt: „Das wünsche ich mir und allen Einwohnern von Kirchheim und Umgebung. Ich freue mich darauf, 2022 wieder zusammen mit tausend Gästen an einem Abend über einen Film lachen zu können. Und da ich von Grund auf ein total optimistischer Mensch bin, glaube ich auch fest daran.“

Corona hat ihm trotzdem so manches verhagelt: „Es gab kaum Werbung für die Filme, keine Pressekonferenzen im Vorfeld. Deswegen waren viele unserer Filme dieses Jahr nicht so bekannt. Die Werbung hat einfach gefehlt. Und ohne Werbung kommt eigentlich nur die Eberhofer-Reihe aus. Beim ,Kaiserschmarrndrama‘ hatten wir drei Mal volles Haus.“

 

Wir freuen uns darauf, nächstes Jahr wieder Vollgas geben zu können.
Reimund Fischer
blickt auf 2022 – wenn das Sommernachtskino Jubiläum feiert.
 

Außer über den Kaiserschmarrn zum Essen freut sich Reimund Fischer auch über weitere gelungene Aktionen – das Freibier zum Film „Weißbier im Blut“, die Motorradgespanne zu den „972 Breakdowns“, die Eier, die die Zuschauer an zwei Kaiserschmarrn-Abenden mit nach Hause nehmen konnten, oder der Besuch von Akteuren. Zu den „Breakdowns“ und zum Fahrrad-Film „Verplant“ waren „Leinwand-Helden“ vor Ort. Außerdem hat Natia Todua ein Benefiz-Konzert auf dem Martinskirchplatz gegeben: „An dem Abend kam leider einer der weniger gut beworbenen Filme, deswegen hatte sie nicht so viele Zuschauer, wie sie verdient gehabt hätte“, bedauert Reimund Fischer nachträglich.

Der Dank, den er regelmäßig der evangelischen Gesamtkirchengemeinde dafür abstattet, dass das Sommernachtskino drei Wochen lang den Platz rund um die Martinskirche in Beschlag nehmen kann, kam dieses Mal zurück: Dekanin Renate Kath hat sich nach 14 Jahren als „Nachbarin“ des Sommernachtskinos verabschiedet. Ruhestandsbedingt wird sie in der kommenden Saison nicht mehr im Dekanatsgebäude wohnen. Sie berichtete aber vor Beginn des dritten und letzten „Kaiserschmarrndramas“ von der großen Toleranz der gesamten Familie dem Sommernachtskino gegenüber: „Wir haben uns immer gefreut für die vielen Menschen, die in unserem direkten Umfeld einen schönen Abend verbringen konnten.“

Auch im Weindorf weniger Gäste

Schöne Abende verbrachten auch die Besucher des Weindorfs auf dem Rollschuhplatz. Bedingt durch das durchwachsene Wetter und durch die Pandemie waren auch dort deutlich weniger Gäs­te zu verzeichnen als sonst: knapp 10 000 statt 15 000. „Aber ich bin froh, dass wir es gemacht haben“, sagt Michael Holz, der Wirt der Bärenlaube. „Ohne die ,Drei Gs‘ hätten wir es mittendrin abbrechen müssen, wenn weiterhin die Inzidenz die Hauptgrundlage für Veranstaltungen gewesen wäre.“ Besonders freut er sich über das gelungene Entertainment-Programm: „Es war jeden Abend was los – egal, ob wir Musiker, Zauberer oder Politiker da hatten.“ Auch er hofft, dass Corona für das Weindorf 2022 keine Rolle spielt.

 

Es war a bissle wie früher.
Michael Holz
über das erste Weindorf seit Beginn der Corona-Pandemie
 

Walter Brackenhammer, Wirt der Weinlaube, berichtet von durchschnittlich 150 Corona-Schnelltests pro Abend: „Ich bin froh, dass wir das gemacht haben, auch mit den ,Drei-G-Regeln‘. Und ich bin froh, dass wir das Weindorf nach einem Jahr Pause am Leben erhalten haben.“

 

Kommentar von Irene Strifler:
Hausaufgaben gemacht

Ein Sommer geht zur Neige, in dem sich ­Kirchheim mal wieder wohl­tuend abgehoben hat von so manch anderer Stadt. Während nicht selten Sommerzeit Sommerschlaf bedeutet, dreht die Stadt am Fuße der Teck regelmäßig auf mit weit über die Region bekannten Events wie Sommernachtskino und Weindorf. Da machte dieser Sommer, der noch von Corona und der Angst davor gekennzeichnet war, keine Ausnahme. Anderenorts blieben Outdoor-Leinwände und Biertischgarnituren eingemottet: In Nürtingen fiel das Weindorf aus, in Esslingen das „Kino auf der Burg“, und in Göppingen hat es jetzt das Stadtfest am kommenden Wochenende erwischt.
Doch Angst ist ein schlechter Berater. Das hat Kirchheim mit seinen Großveranstaltungen (auch der Kirchheimer ­Sommer und das Mitternachtsshopping gehören in diesen Reigen) bewiesen. Das ist vor allem dem Mut der Veranstalter zu verdanken. Sie tragen das Risiko. Dass nicht wieder alles dicht gemacht werden musste, weiß man jetzt; man wusste es aber nicht, als es ans Planen ging. Auch nicht, dass sich das Wetter eher als Spielverderber präsentieren würde. Ahnen konnte man aber schon, dass die Kasse aufgrund von Platzbeschränkungen weniger klingeln würde als sonst.
Die Veranstalter haben dennoch der Pandemie die Stirn ­geboten, bei ihrer Planung entschlossen auf die 3 G gesetzt und das Heft stets in der Hand behalten. Dies zeigte sich bis ins letzte Detail, bis zur Sauberkeit. Diese war nämlich mal wieder frappierend in dieser Stadt, in der viele über Vermüllung klagen (mitunter zur Verwunderung auswärtiger Gäste, die Schlimmeres gewöhnt sind). Keine Scherbe aus nächtlichen Gelagen bedrohte den Fahrradreifen derjenigen, die am Morgen am Rollschuhplatz vorbei zur Arbeit fuhren, im Sommernachtskino standen längst wieder alle Stühle in Reih und Glied. Diese Gründlichkeit zeigt beispielhaft, dass die Veranstalter ihre Verantwortung in jeder Hinsicht ernst nehmen: Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht – und nach Kirchheim ist die sommerliche Leichtigkeit ein Stück weit zurückgekehrt.