Kirchheim
„Kirchenasyl“ rettet „Nightlife“

Sommernachtskino Reimund Fischer zieht eine erste Zwischenbilanz: Die Zuschauer verhalten sich in Corona-Zeiten sehr diszipliniert und genießen trotzdem die Filme an überwiegend lauen Sommerabenden. Von Andreas Volz

Sein Domizil auf dem Martinskirchplatz ist für das Sommernachtskino nun schon im 18. Jahr der Normalfall. Ein regelrechtes „Kirchenasyl“ dagegen bleibt die Ausnahme. Am Sonntagabend war es allerdings wieder einmal so weit: Eine Stunde vor Filmbeginn musste das Publikum in der Martinskirche Zuflucht suchen - vor einem heftigen Gewitter. „Auch wenn wir das zum Glück nicht so oft haben, läuft es trotzdem völlig routiniert“, sagt Kinobetreiber Reimund Fischer und zeigt sich dankbar über diese besondere Form der Kooperation zwischen Kino und Kirche.

Weitere Kooperationen gibt es am heutigen Mittwoch sowie am kommenden Sonntag: Heute Abend läuft „Narziss und Goldmund“ im Kino - und am 23. August steht der Film im Mittelpunkt des Gottesdiensts, der um 10.30 Uhr im Freiluft-Kinosaal be­ginnt. Sollte das Wetter am Sonntag nicht mitspielen, hat das Kino ja eine Woche zuvor bereits vorgegeben, wo die Besucher Zuflucht in ihrer Bedrängnis finden können.

Nächste Woche steht das „Kinder-Kirchen-Kino“-Festival an: Am Mittwoch, 26. August, läuft „Peter Hase“ in der Kirche, am Donnerstag, 27. August, folgt „Die fantastische Reise des Dr. Dolittle“. Für den ersten Film gibt es keine Altersangabe, der zweite Film ist für Kinder ab 6 Jahren geeignet. An beiden Tagen gibt es ab 15 Uhr im Freien vor der Kirche eine „Singstunde“ mit Ellen Strauß-Wallisch. Um 16 Uhr beginnen die Filme bei kostenfreiem Eintritt. Im Anschluss gibt es eine Kirchenführung mit Pfarrer Jochen Maier.

Während sich also Kirche und Kino ergänzen, ist dem Kirchheimer Sommernachtskino im ­Corona-Jahr eine ganz unerwartete Konkurrenz erwachsen: die Champions League. Wäre alles normal gelaufen, hätte es vor Kinostart sogar schon einen Fußball-Europameister gegeben. So aber musste manch ein Fußball- und Kino-Fan nun ausnahmsweise zwischen zwei Leidenschaften wählen. „Beim 8:2 von Bayern gegen Barcelona hatten wir aus Versehen richtig Glück“, stellt Reimund Fischer im Nachhinein fest und fügt verschmitzt hinzu: „Da haben wir den Tanzfilm ,Into the Beat‘ gezeigt, und es waren lauter Mädchen und junge Frauen da.“

Das richtige Kino- und das richtige Fußball-Programm vorausgesetzt, kann also die individuelle Abendgestaltung den richtigen Abstand vorgeben. Aber auch ansonsten sind die Abstände im Sommernachtskino nicht das Problem: „Die Leute verhalten sich sehr diszipliniert“, hat Reimund Fischer beobachtet. Überhaupt gehöre das Sommernachtskino eher zu den risikoärmeren Veranstaltungen: „Auch ohne Corona gibt es bei uns nur ein geringes Gefahrenpotenzial gegenüber anderen Veranstaltungen, weil unsere Zielgruppe aus Menschen besteht, die sich an Regeln halten.“

Bleibt das Wetter, das sich nicht immer ganz an die Regel hält, dass es während des Sommernachtskinos warm und trocken zu sein hat: Trotz Gewitter-Asyl in der Kirche war „Nightlife“ am Sonntag ausverkauft - wie fast alle Filme diesen Sommer. Das liegt einerseits daran, dass das Wetter von Anfang an größtenteils ideal war. Es liegt aber auch daran, dass das Sommernachtskino nur halb so viele Plätze bieten kann wie sonst.

Besondere Gäste, besonderes Flair

Das Ambiente dagegen hat wegen Corona nichts eingebüßt: Gabi Röhrl, die am 11. August ihren Film „Nur die Füße tun mir leid“ persönlich in Kirchheim vorgestellt hatte, lobte von Anfang an die zauberhafte Stimmung rund um die Martinskirche: „Ich bin jetzt viel in Open-Air-Kinos unterwegs“, sagte die Holledauerin, „aber so etwas habe ich noch nirgends erlebt. Hier passt einfach alles.“

Für Reimund Fischer ist es immer ein besonderes Erlebnis, solche Gäste begrüßen zu dürfen - wie auch schon den Weltreisenden Dennis Kailing am 9. August oder Mitglieder der Biker-Crew, die zu ihrem Film „972 Breakdowns“ am Freitag, 28. August, angemeldet sind: „Wenn Protagonisten bei uns vor Ort sind, dann sehen die Zuschauer den Film gleich mit ganz anderen Augen. Das geht mir ja selbst nicht anders.“ Leuchtende Augen kriegt er im Sommernachtskino sowieso immer - auch dieses Jahr: „Ohne Corona hätten wir mit Sicherheit einen neuen Zuschauerrekord erreicht.“