Es ist ein Thema, das einmal mehr die politischen Debatten bestimmt und für reichlich Zündstoff sorgt: die steigenden Zahlen Asylsuchender. Während sich Bundespolitiker darüber streiten, wie dafür gesorgt werden kann, dass die geflüchteten Menschen gar nicht erst ins Land kommen, müssen Bürgermeisterinnen, Landräte und Ehrenamtliche vor Ort pragmatische Lösungen finden. Die Fragen lauten: Wohin mit all den Menschen? Wer kümmert sich um ihre Integration? Und wie kann dafür gesorgt werden, dass die Stimmung vor Ort nicht kippt?
Lage ist kritisch
Dass die Unterbringungssituation auch im Landkreis Esslingen angespannt ist, ist nichts Neues. Bereits im Jahr 2022 wurden zwischen Neckar und Alb mehr Flüchtlinge aufgenommen als in den Jahren 2015 und 2016 zusammen. Die meisten kamen aus der Ukraine. Aktuell stammen die meisten Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Jetzt wurden im Verwaltungs- und Finanzausschuss Zahlen vorgestellt, die belegen, dass der Landkreis bei der Erstunterbringung auf ein handfestes Problem zuschlittert. Weil die Zahlen weiter steigen, fehlen nach heutigen Berechnungen zum Jahresende circa 500 Plätze. „Die Kapazitäten in der vorläufigen Unterbringung sind erschöpft. Die Lage ist äußert kritisch“, warnte Landrat Heinz Eininger. Weil das Land angekündigt habe, dass für den Oktober mit noch höheren Zugangszahlen zu rechnen sei, sei die kurzfristige Anmietung und Belegung von Sporthallen nicht mehr auszuschließen.
Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden versucht der Landkreis fieberhaft, die Lücke zu schließen. Für Linderung soll ein Containerdorf sorgen, das auf einem landkreiseigenen Grundstück bei den beruflichen Schulen in Kirchheim entsteht. Kurzfristig bringt diese Maßnahme jedoch nichts, denn mit der Fertigstellung wird erst Ende 2024 gerechnet – und damit in über einem Jahr. In den zwei Häusern, die auf dem Grundstück in der Kirchheimer Boschstraße stehen und die ursprünglich als Hausmeisterwohnungen genutzt wurden, leben schon seit über zehn Jahren Flüchtlinge. Allerdings sind die Häuser, die aus den Jahren 1955 und 1966 stammen, so heruntergekommen, dass sich eine Sanierung nicht lohnt. „Da aufgrund der Gebäudegröße maximal 40 bis 50 Flüchtlinge untergebracht werden könnten, steht die Anzahl der Plätze nicht in Relation zu den Kosten von schätzungsweise drei Millionen Euro“, so der Landrat. Deshalb werden sie nun abgerissen.
Das zweigeschossige Containerdorf, das auf dem freiwerdenden Grundstück errichtet wird, bietet Platz für rund 150 Menschen. Die Kosten für den Abriss der alten Gebäude, die Erschließung des Geländes und den Aufbau des Containerdorfs betragen rund 1,75 Millionen Euro. Dazu kommen monatliche Mietkosten für die Container in Höhe von rund 70 000 Euro. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre – mit Option auf Verlängerung. Häuser will der Landkreis bewusst nicht bauen, „damit bei rückläufigen Flüchtlingszahlen ein schneller Rückbau möglich ist“. In diesem Fall soll das Grundstück unbebaut und erschlossen bleiben, „sodass eine kurzfristige Reaktivierung der bis zu circa 150 Plätze erfolgen könnte“. Die schwankenden Flüchtlingszahlen machten solche flexiblen Standortkonzepte erforderlich. Dass die Fluchtbewegungen jemals enden könnten, damit rechnet im Landratsamt niemand – nicht zuletzt auch aufgrund der negativen Auswirkungen des Klimawandels.