Kirchheim. Die Corona-Krise macht auch vor dem ältesten Gewerbe der Welt nicht Halt. Wegen der Ansteckungsrisiken hat das Land Baden-Württemberg sogar ein komplettes Verbot gewerblicher sexueller Dienstleistungen verhängt. Vor einer Woche gab es deshalb auf dem Stuttgarter Wilhelmsplatz die Demonstration „Rotlicht an!“, auf der Sexarbeiterinnen Lockerungen der Vorschriften gefordert hatten.
Kommunale Unterschiede gibt es indes bei der Zulassung privater Dienstleistungen. „Die häusliche Prostitution ist in Kirchheim nicht verboten“, sagt Robert Berndt, Sprecher der Stadt. Das habe man im Gegensatz zu Stuttgart oder Esslingen, wo ein Komplettverbot herrsche, für die Teckstadt so entschieden.
Geschlossen sind in Kirchheim allerdings auch die beiden gewerblichen Betriebe, im Verwaltungsdeutsch „Prostitutionsstätten“ genannt. Kontrollen hatten dort auch keinerlei Verstöße ergeben, bestätigt Robert Berndt. Dass keine festgestellt wurden, heiße natürlich nicht, dass es keine gegeben habe, betont er. Aber Stand jetzt darf zumindest im privaten Bereich die sexuelle Dienstleistung angeboten werden.
Unterdessen haben Prostituierte für die Region Stuttgart bei einer Demonstration Lockerungen der Verordnung gefordert, um ihre Existenzen sichern zu können. „Während in Bayern einzelne Bordelle schon wieder geöffnet haben, wenn sie unter anderem einen Eins-zu-eins-Kontakt zwischen einer Sexarbeiterin und einem Kunden sicherstellen, während in Berlin Studios ihre Kunden seit 8. August wieder empfangen und ihnen erotische Massagen und BDSM-Services - wenn auch beides ohne Verkehr - anbieten dürfen und während in den meisten der 16 Bundesländer Haus- und Hotelbesuche und Prostitution in der eigenen Wohnung erlaubt sind, müssen die meisten Bordelle nach wie vor geschlossen bleiben, obwohl gerade hier Corona-Schutzmaßnahmen leicht umgesetzt und kontrolliert werden können“, heißt es beim Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen als Kommentar zu den Demonstrationen in Stuttgart.
Gleiches Recht für alle
Die Sexarbeiterinnen und auch Sexarbeiter fordern eine Gleichbehandlung mit anderen Branchen, die „körpernahe Dienstleistungen“ anbieten, wie Massage- oder Kosmetiksalons, Frisöre oder Tattoo-Studios. „Sexarbeiterinnen sind die Expertinnen in Sachen Gesundheitsschutz. Das haben sie seit Jahrzehnten bewiesen, indem sie sich und ihre Kunden erfolgreich vor „STI’s“ und HIV/Aids schützen“, heißt es dort weiter. Namentlich werden die Städte Stuttgart, Karlsruhe und Esslingen erwähnt, weil sie sich mit einem totalen Verbot der Prostitution im Stadtgebiet „rühmten“.
Eine Teilnehmerin der Stuttgarter Demo macht ihrem Unverständnis in einem Zeitungsbericht Luft: „Wir wissen genau, wie man desinfiziert, dass gelüftet wird, in Zeiten von Corona auch länger. Wir arbeiten mit Masken und Handschuhen - was selbstverständlich ist, denn unsere Gesundheit ist unser Arbeitskapital“, sagt sie. Thomas Zapp