Auf ein Neues! Ziemlich verhalten haben die Kirchheimer zunächst das Jahr 2019 verabschiedet. Dann aber haben sie sich in den ersten 20 Minuten des Jahres 2020 als „Präzisionstechniker“ erwiesen und ein großartiges Feuerwerk abgebrannt. Auf die individuelle Völlerei zum Jahresausklang folgte also die kollektive Böllerei zum Jahreseinstand.
Leuchtfontänen, Funkenregen und Feuerbälle erhellten den nächtlichen Himmel über ganz Kirchheim - mit Ausnahme der Innenstadt. Zumindest vom erhöhten Beobachtungsposten aus präsentierte sich der historische Stadtkern überwiegend als schwarzes Loch. Das Feuerwerksverbot in der historischen Altstadt wird seit Jahren von den meisten Partygängern eingehalten.
Hören und Sehen verging den Feuerwerksbeobachtern zwar nicht komplett, aber das Hörvermögen wurde durch die vielen Sprengkörper-Explosionen doch stark strapaziert. Die Welt über Kirchheim visuell wahrzunehmen, wurde dagegen mit zunehmendem Pulverdampf immer mehr erschwert. Was lässt sich daraus ableiten? Jahreswechsel bestehen vor allem aus Knall und Rauch.
Auch Jahre sind Schall und Rauch
„Schall und Rauch“ sind demnach also nicht nur Namen, sondern auch Jahreszahlen. Sie vergehen wie nichts und bleiben maximal als blasse Erinnerung irgendwo im Hinterkopf noch abgespeichert. Dabei ist „2020“ durchaus eine besondere Jahreszahl. Bis der Kalender eine vergleichbare Zahl anzubieten hat, wird einhundertundein Jahr vergehen: Erst 2121 gibt es wieder vorne und hinten dieselben Bestandteile in der Ziffernfolge.
Was bringt das Jahr 2020 den historisch interessierten „Rückblickern“? Schon das Wiener Neujahrskonzert hat es gestern gezeigt: 2020 steht ganz im Zeichen des 250. Geburtstags Ludwig van Beethovens - auch wenn der große Tag in Bonn am Rhein erst Mitte Dezember ansteht.
Weitere Erinnerungen wird es im Sommer und im Herbst geben - und zwar an das Jahr 1870. Der Deutsch-Französische Krieg liegt dann genau 150 Jahre zurück. Zu hoffen ist, dass die Erinnerungen daran ganz anders aufgearbeitet werden, als das noch im Kaiserreich der Fall gewesen wäre. Militärparaden würden dem Gedenken aus heutiger Sicht nicht mehr gerecht werden.
Dabei mahnen gerade zum Jahreswechsel Knallerei und Pulverdampf zum Innehalten - zeigen sie doch, dass beides sich auch freudig und friedlich betreiben lässt, ohne dass man dabei auf andere Menschen zielt. Trotzdem ist beim Feuerwerk im Landkreis Esslingen auch wieder so manches schiefgelaufen, wie das Polizeipräsidium aus Reutlingen mitteilt.
Im gesamten Präsidiumsbereich waren etwa 430 Einsätze zu verzeichnen: Ausgelöst wurden sie durch „Streitigkeiten, Sachbeschädigungen, betrunkene Personen und Verstöße gegen das Waffengesetz - durch unerlaubtes Führen von Schreckschusswaffen“. Außerdem ist es beim Jahreswechsel zu insgesamt 65 Bränden gekommen, „die überwiegend auf unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern zurückzuführen waren“.
In Oberesslingen hat es bereits um 0.10 Uhr auf einem Balkon gebrannt - ohne größere Schäden. Vermutlich hatte eine Feuerwerksrakete Gartenmöbel entzündet. Um 0.40 Uhr hat sich in Kemnat ein 19-Jähriger verletzt, weil in seiner Hand ein Feuerwerkskörper explodierte. In Bernhausen wiederum kam es zu einer unglücklichen Kettenreaktion: Um 0.48 Uhr hat vermutlich eine Rakete einen Mülleimer im Brand gesetzt. Wäre es dabei geblieben, hätte sich der Schaden noch in Grenzen gehalten. Allerdings war neben der Mülltonne ein BMW geparkt, der deswegen ebenfalls Feuer fing.
In Jesingen war die Feuerwehr in der Neujahrsnacht ab 3.14 Uhr im Einsatz: In der Holzmadener Straße haben eine Holzhütte und ein Container gebrannt.