Kirchheim
Kirchheim vergoldet den trüben Oktober

Aktionstage Am verlängerten Wochenende lockten unter anderem der Autosalon, der Kinderflohmarkt und der Wollmarkt Scharen von Menschen in die Stadt. Von Andreas Volz

Es war nicht immer golden, aber es war auf jeden Fall Oktober, was das verlängerte Wochenende in Kirchheim zu bieten hatte. Es gab viele Angebote, die in die Stadt locken konnten. Den Weg zum Autosalon in der Fußgängerzone wiesen die blauen Luftballone, mit denen nahezu jedes Kind unterwegs war. Am Rathaus wurden sie verteilt, und ihr dezenter Werbeaufdruck erinnerte alle Autobesitzer daran, wo sie ihr Fahrzeug alle zwei Jahre begutachten lassen müssen.

In der Marktstraße, in der Max-Eyth-Straße sowie auf dem Marktplatz präsentierten Kirchheimer Autohändler am Sonntag alle gängigen Marken und boten sich für Fachgespräche an – wobei die Eingangsbereiche der Läden sowie die Autos selbst Schutz vor dem Regen boten, der den Stadtbummel nicht immer zum Vergnügen machte. Oft drehten sich die Gespräche um den Elektroantrieb, der immer mehr im Kommen ist – unabhängig von der Frage, wo genau der Strom herkommen soll.

Ein Junge begeisterte sich für das Raumangebot in einem Bus: „Mama, komm mal rein und schau nach hinten!“ Einige Meter weiter „beichtete“ ein Stammkunde seinem Händler, dass er die Marke wechseln müsse, gerade weil er sich zur Abwechslung einen Bus gönnen möchte. Wieder ein anderer stellt sich mit seiner Mobilität ganz anders auf: „I kauf mir jetzt demnächscht en Rollator“, ließ er im Gespräch durchblicken.

Wie dem auch sei, das Interesse am Autosalon war trotz des durchwachsenen Wetters groß. Den Händlern bleibt zu wünschen, dass sich die begonnenen Gespräche in Bälde fortsetzen und dass sich diese gemeinsam betriebene Werbung der Innungsmitglieder auch in Verkaufszahlen niederschlägt.

Handel im Wandel

Ganz anders gingen die Verkäufe am folgenden Feiertag vor sich. Den Kinderflohmarkt am Tag der Deutschen Einheit hatten viele „fliegende Händler“ genutzt, um bei sich im Keller oder auf der Bühne für etwas mehr Reinheit zu sorgen. Im Idealfall mussten sie ihre ausgebrauchten Waren gleich gar nicht mehr nach Hause tragen, weil sie willige Abnehmer fanden.

Der Rundgang über den Flohmarkt, der sich außer über die Markt- und die Max-Eyth-Straße auch noch über die Turmstraße erstreckte, war wie eine Zeitreise. Da gab es unter anderem Schallplatten und Kassetten. Immerhin war an einem anderen Stand sogar noch ein Kassettenrekorder im Angebot. Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Tontöpfe oder Geschirr: Es gab nichts, was es nicht gab und was die Kunden brauchen konnten – oder auch nicht. Passender Kommentar eines Passanten: „Das Angebot ist sehr zu loben. Aber ich konnte mich bis jetzt noch zurückhalten. Statt einzukaufen, sollte ich hier lieber verkaufen.“

Der Handel auf dem Flohmarkt ist wie immer Verhandlungssache. „Bisch du mit 50 Cent für des Autole eiverstanda?“ hieß es da. Ansonsten gab es schriftliche Ratgeber für alle Lebenslagen und Erziehungsfragen – von der Schwangerschaft bis hin zum Abiturwissen. Außerhalb dieser Reihe lief das ultimative Buch zur Fußball-WM 1982. Ältere erinnern sich noch an das skandalöse Österreich-Spiel.

Wolle in allen Variationen

Noch weiter zurück liegen die Tage, als es in Kirchheim noch den richtigen Wollmarkt gab. Das war zu Königs Zeiten. Zum sechsten Mal immerhin fand am Samstag und am Sonntag der neue Wollmarkt auf dem Schlossplatz und im Schlosshof statt. Alles rund um die Wolle war im Angebot, dazu noch Schmuck und Blumen, Essen und Trinken. Handwerkskunst gab es auch zu bestaunen: beim Filzen, beim Spinnen und beim Schnitzen.

Auch die Kundschaft selbst kann sich im Anschluss an den Wollmarktbesuch handwerklich betätigen. Schließlich gehören nicht nur Fertigprodukte zum Angebot, sondern auch das Rohmaterial: An etlichen Ständen gibt es Wolle zu kaufen. Von den Socken bis zum Pullover lässt sich daraus an langen Winterabenden „Schick durch Strick“ erstellen – vorausgesetzt, man oder frau beherrscht die alte Handarbeitstechnik noch.

Ponyreiten am Geflügelmarkt, Kinderspiele im Marstallgarten oder selbst das zeitlose Vergnügen des Kastaniensammelns sorgen dafür, dass auch die kleineren Besucher auf ihre Kosten kommen. Und wenn dann Eltern nach ihren Kindern mit Namen wie „Emma“ oder „Jakob“ rufen, scheint sich seit dem letzten richtigen Wollmarkt vor dem Ersten Weltkrieg nicht sehr viel geändert zu haben.