Über das Heizen wird derzeit überall heiß diskutiert – nicht nur im Bundestag in Berlin, sondern auch vor Ort in den Kommunen. Baden-Württemberg sei in diesem Punkt Vorreiter, sagt Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader und empfindet das als großen Vorteil: „Wir sind da ganz vorne dabei und können deshalb auch frühzeitig von den Fördergeldern profitieren, die derzeit bei 50 Prozent der Gesamtkosten für einzelne Projekte liegen.“
Auch die Hälfte der Kosten wäre für die ersten vier Projekte, die die Stadtverwaltung im Sinn hat, noch eine ganz ordentliche Summe – unabhängig davon, wer diese Kosten tatsächlich tragen würde. Momentan stehen für die vier
ersten Nahwärmenetze, die Kirchheims Kommunale Wärmeplanung vorsieht, Kosten von ungefähr 27 Millionen Euro im Raum.
Gedacht ist an Wärmenetze für das Gewerbegebiet zwischen Steingau- und Hegelstraße, für die Innenstadt, für den Schafhof sowie für den Ortsteil Nabern. Bis zur tatsächlichen Umsetzung werden noch einige Jahre verstreichen. Wenn Eigentümer allerdings vorhaben, in den genannten Gebieten in den nächsten fünf bis zehn Jahren ihre Heizung komplett auszutauschen, empfiehlt der Oberbürgermeister vorläufig abzuwarten. Es könnte in jedem Fall eine Überlegung wert sein, sich an das entstehende Netz anzuschließen.
Außer den Standorten ist fast alles noch unklar. Alles beginnt mit der jeweiligen Machbarkeitsstudie. Die Art der Energie, die zum Einsatz kommen soll, spielt in den Studien ebenso eine Rolle wie die Finanzierung oder die Frage, welcher Anbieter die Wärmenetze umsetzen soll. Die Stadtwerke Kirchheim gehören auf jeden Fall zum Kreis der Anbieter, werden aber nicht unbedingt die gesamte Stadt abdecken können.
Um das gesamte Stadtgebiet geht es ohnehin nicht. Kirchheims Klimaschutzmanagerin Beate Arman spricht von 156 Clustern, in die der Kommunale Wärmeplan die bebaute Fläche der Stadt einteilt. In 41 dieser 156 einzelnen Gebiete „könnte sich ein Nahwärmenetz lohnen“. In weiteren 39 Clustern wäre ein solches Netz immerhin eine zusätzliche Option.
Einer der wichtigsten und kostenträchtigsten Punkte ist der Leitungsbau, um jedes anzuschließende Gebäude mit der jeweiligen Heizzentrale verbinden zu können. Gerade in der Innenstadt könnten deswegen auch mehrere solcher Zentralen entstehen. Ob die Wärme dann durch Geothermie, Biomasse oder sonstige Möglichkeiten erzeugt werden soll, auf diese Fragen geben die Machbarkeitsstudien Antworten.
2040 ohne Öl und Gas
Oberbürgermeister Bader zufolge steht aber bereits fest: „Bei Geothermie, Photovoltaik, Abwasserwärmenutzung und Biomasse haben wir in Kirchheim noch Potenzial, bei Wasser und Wind eher nicht.“ Trotzdem heißt das ehrgeizige Ziel, bis 2040 bei der Wärmeenergie gänzlich ohne die fossilen Brennstoffe Erdöl und Erdgas auszukommen: „Das geht aber nicht nur über den Weg, andere Energiequellen zu nutzen. Dafür muss zusätzlich auch noch in die Wärmedämmung investiert werden.“
Wärmepumpen seien ebenfalls eine Alternative zu Öl- und Gasheizungen, meint der Oberbürgermeister. Die denkbare Lösung, über den Neckarhafen in Plochingen Wasserstoff nach Kirchheim zu liefern, sei allerdings für Privathaushalte eher nicht geeignet. Wasserstoff eigne sich besser für die Sektoren Verkehr und Industrie, wirft Beate Arman ein – wobei auch beim Verkehr im Zusammenhang mit Wasserstoff eher nicht an den Individualverkehr zu denken ist. Eine andere Frage stellt sich die Klimaschutzmanagerin, wenn es um die Industrie geht: „Da müssen wir klären, welche Betriebe in Kirchheim besonders viel Prozesswärme brauchen, also Fertigungsprozosse mit einem hohen Wärmebedarf haben.“ Möglicherweise lässt sich in solchen Fällen ja auch die Abwärme noch nutzen. Das wäre aber keine Lösung für künftige Wärmenetze. Es wäre eher direkt vor Ort nutzbar.
Jedenfalls gibt es in Kirchheim jetzt schon einen großen Beratungsbedarf. Die Stadt schafft deshalb eine neue Stelle, um Eigentümer persönlich zu beraten, aber auch für größere Informationsveranstaltungen. Wer sich ohne Beratung in die Kommunale Wärmeplanung einlesen möchte, findet den Abschlussbericht auf der Homepage der Stadt.