Vatikan
Kirchheimer bereitet sich auf Audienz beim Papst vor

Roland Ziegler und Sandra Feierabend sind im Oktober Ehrengäste bei Papst Leo XIV. Sohn Jan ist neues Mitglied der Schweizergarde.

Gelb, Rot und Blau – die Galauniform der Schweizergarde trägt die Farben des Wappens der Familie Medici. Aus der Florentiner Dynastie gingen drei Päpste hervor. Roland Ziegler und Sandra Feierabend begleiten ihren Sohn Jan im Oktober zur Vereidigung im Vatikan. Foto: privat

So klein und bisweilen unzugänglich das Land, so international sein Ruf. Ein Renommee, das die Schweizer nicht zuletzt einer ganzen Reihe von Exportschlagern zu verdanken haben. Es gibt das Schweizer Messer, Schweizer Uhren, edle Schokolade, löchrigen Käse oder auch verschwiegene Banken. Fast alles, was aus dem Land der Eidgenossen den Weg hinaus in die weite Welt findet, gilt als hochwertig, exakt, sicher und zuverlässig.

Etwas weniger bekannt, dafür umso prunkvoller: die Schweizergarde. Seit mehr als einem halben Jahrtausend sichert das ungewöhnliche Militärkorps in den farbenfrohen Renaissance-Uniformen den päpstlichen Palast und seinen heiligsten Bewohner. Einem ehemaligen Kirchheimer, der seit knapp zwei Jahrzehnten in der Schweiz lebt und arbeitet, beschert dieser Umstand nun eine Privataudienz beim neuen Pontifex Leo XIV. Am 4. Oktober, zum Fest des heiligen Franz von Assisi, werden sich für Roland Ziegler und Sandra Feierabend die Tore zur päpstlichen Residenz in der Ewigen Stadt öffnen. Der Anlass ist ein besonderer: Sohn Jan wird an diesem Tag im Vatikan feierlich vereidigt. Der Stiftschüler aus Engelberg, hoch überm Vierwaldstättersee gelegen, tritt seine 26-monatige Dienstzeit in der Leib- und Palastwache des Papstes an. Wer immer vorgelassen wird zum Heiligen Stuhl, er muss vorbei an den Männern mit Schwert und Hellebarde.

Selbst für Schweizer führen nicht alle Wege nach Rom. Für die Eltern ist es dennoch bereits die zweite Reise in die Ewige Stadt in diesem Jahr. Eigentlich hätte die Feier bereits am 6. Mai stattfinden und das Gelübde nicht auf Papst Leo, sondern seinen Vorgänger Franziskus lauten sollen. Dessen überraschender Tod am Ostermontag schockte nicht nur katholische Gläubige in aller Welt, er brachte auch das bis dahin vorgesehene Protokoll zu Fall.

Jetzt also der zweite Anlauf mit neuem Dienstherrn. Im Wintersportort Engelberg unterm Gipfel des Titlis wird das Ereignis angemessen gefeiert. Ein Schweizergardist kam zwar schon einmal aus dem 4500-Seelen-Ort, der vor allem bekannt ist, weil hier der Skisprung-Weltcup regelmäßig Station macht, doch das ist mehr als 40 Jahre her. Im Hochtal auf über 1000 Meter Höhe gibt es nicht nur Hotels, sondern auch ein 900 Jahre altes Benediktiner-Kloster, dessen Gründungssage dem Ort einst seinen Namen gab. Dort besuchte Jan Feierabend das Internat, machte Abitur, bevor er auf der Rekrutenschule in Sankt Gallen seinen Militärdienst antrat. Der 21-Jährige gilt als Talent mit vielen Facetten: ein versierter Biathlet und Skifahrer, vielfach musisch begabt, ein Kunstliebhaber und begabter Pianist. Auf die Zeit in Rom freut er sich. „Mir liegt nicht nur das militärische Leben“, sagt der junge Schweizer. „Ich liebe die italienische Kultur – ihre Sprache, Kunst und Geschichte.“ Eine angebotene Schnupperreise der Schweizergarde hat ihn vor drei Jahren auf den Geschmack gebracht. Loyalität, Tapferkeit, Zuverlässigkeit und Disziplin – „die Werte, die diese Institution ausmachen“, sagt er, „sind auch für mich von großer Bedeutung“.

Einen Teil der Ausbildung, die auch Selbstverteidigung und den Umgang mit Schusswaffen einschließt, hat er schon hinter sich. Sie beginnt mit einem einmonatigen Trainingsblock im Vatikan. Danach folgen vier Wochen Sicherheitsdienst unter Anleitung von Instruktoren der Tessiner Kantonspolizei. Der dreiwöchige Schlussteil der Ausbildung findet wiederum in Rom statt. Als „intensiv und spannend“ beschreibt er diese Zeit fernab des Alltags in der Heimat. Nur eines vermisst er: die Berge und den Glanz der Wintertage auf den Skipisten rund um Engelberg. 

 

Männlich, ledig, untadelig

Die Schweizergarde wurde 1506 durch Papst Julius II. gegründet. Er bat die eidgenössische Tagsatzung – die Vertretung aller Kantone – um die Entsendung von Schweizer Söldnern zum Schutz des Vatikans. Das Korps bildet bis heute die Leib- und Palastwache und ist dem Papst direkt unterstellt. Gleichzeitig kontrolliert die Schweizergarde sämtliche Zugänge in den Vatikan.

Ein Gardist muss klare Kriterien erfüllen: Er muss Schweizer Staatsbürger sein, praktizierender Katholik und ledig. Das Mindestalter liegt bei 19 Jahren, die obere Altersgrenze bei 30 Jahren. Einer Aufnahme in die Schweizergarde gehen zudem umfangreiche Gesundheitschecks voraus, die den Bewerber auf seine physische und psychische Belastbarkeit hin prüfen. Besonders wichtig: Ein Gardist muss über einen einwandfreien Leumund verfügen und die Rekrutenschule der Schweizer Armee durchlaufen haben. Voraussetzung ist zudem eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur. bk