Bildung
Kirchheimer Chemielehrer startet Youtube-Karriere

Der Kirchheimer Lehrer Florian Schweizer sorgt mit seinem Kanal „Chemie gecheckt“ für Begeisterung. Seit Dezember lädt er Lernvideos hoch, um Schülerinnen und Schüler beim Lernen zu unterstützen.

Der Kirchheimer Chemielehrer Florian Schweizer zeigt mit einer beeindruckenden Feuerflamme auf der Hand, dass Alkane brennbar sind. Dazu hat er eine Seifenblasenlösung mit Methangas entzündet. Foto: Nick Häusler

„Alkane, Alkane, das ist die homologe Reihe der Alkane.“ Die Zeilen eines Songs, der am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium in den vergangenen Wochen zum Hit und Ohrwurm geworden ist. Statt am Abend vor der Klausur gestresst durch den Ordner zu blättern und krampfhaft zu versuchen, sich so viele Infos wie möglich einzuprägen, können die Schülerinnen und Schüler nun Videos des Lehrers Florian Schweizer anschauen. Seit einigen Wochen lädt er die Lernvideos auf seinem Youtube-Kanal „Chemie gecheckt“ hoch. Er will chemische Konzepte auf verständliche Art und Weise darstellen und seinen „Unterricht auf ein neues Level hieven“.

Das kommt gut an: Egal, ob es die Kommentare auf Youtube oder die Zurufe im Schulhaus sind – die LUG-Schülerschaft gehört zu seinen größten Fans. Auch ein „Bester Lehrer ever!“ taucht immer wieder unter seinen Erklärfilmen auf. Schweizer ist es besonders wichtig, alles Schritt für Schritt zu erklären und stets einen Alltagsbezug herzustellen – entsprechende Experimente kommen dabei nicht zu kurz. Ein dynamisches „Hey-Hey“ zur Begrüßung sowie ein breites Grinsen gehören natürlich auch immer dazu. 

Ich selbst hätte als Schüler viel lieber Videos geschaut, anstatt nur die Arbeitsblätter anzugucken.

Florian Schweizer, Chemielehrer am LUG

Werden Lehrer arbeitslos?

Eines steht fest: Wegen „Chemie gecheckt“ müssen Lehrerinnen und Lehrer nicht um ihren Job fürchten, bestätigt Florian Schweizer lachend. „Die Videos sollen den Unterricht nicht ersetzen, sondern ihn lediglich ergänzen“, sagt er. Vom Sofa aus können Teenager verpassten Lernstoff nacharbeiten, komplette Themenblöcke wiederholen und sich damit auch besser auf Prüfungen vorbereiten. „Ich selbst hätte als Schüler viel lieber Videos geschaut, anstatt nur die Arbeitsblätter anzugucken“, sagt der 30-jährige Bad Boller.

Die Idee, Lernvideos zu erstellen und auf Youtube hochzuladen, ist jedoch keinesfalls etwas Neues. Es gibt bereits dutzende Kanäle mit Erklärfilmen zur Chemie. Warum also macht sich „Herr Schweizer“ all den Aufwand? Eine berechtigte Frage, für die der Lehrer eine Antwort parat hat: „Man merkt, dass die Videos anderer Kanäle nicht auf den Bildungsplan in Baden-Württemberg zugeschnitten sind und es fachsprachlich nicht immer zu unserem Unterricht passt.“ 

Der absolute Ohrwurm

Bislang hat der Lehrer für Chemie und Naturwissenschaften 13 Videos auf seinem Kanal veröffentlicht. Angefangen mit den chemischen Stoffen und ihren Eigenschaften, soll es  bald mit dem Bau von Atomen weitergehen. Der Startschuss für die Youtube-Karriere war der Clip zu den Alkanen. Zunächst in der eigenen Klasse abgespielt, wollten Schweizers Schüler den Song auch auf Youtube haben. „Das sind zehn Vokabeln, die jeder Chemieschüler unbedingt drauf haben sollte“, argumentiert Schweizer. Der Ohrwurm ist inzwischen auf Spotify verfügbar, damit er auch auf dem Weg zur Schule gehört werden kann. Für die musikalische Vertonung hat er Unterstützung von Künstlicher Intelligenz bekommen. Einen singenden „Herrn Schweizer“ gibt es nur beim Abischerz.

So lange braucht ein Clip

Geplant ist jede Woche ein neues Video zu veröffentlichen. Vom ersten Lernjahr bis zum Abiturjahrgang möchte Florian Schweizer chronologisch jedes Thema abdecken. „Er sucht andere Wege, um an die Schüler heranzukommen – toll, dass wir so einen Lehrer hier am LUG haben“, sagt Schulleiter Martin Roll. Auch von Freunden und Kollegen bekommt er durchweg positives Feedback. „Das freut mich sehr und motiviert zum Weitermachen“, sagt Schweizer.​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

In die Produktion der Videos steckt der Chemiker viel Zeit und Energie. Der Dreh, die Tonaufnahmen, das Vorbereiten von Experimenten, das Erstellen der vielen Grafiken und Animationen sowie letztendlich der Schnitt am Computer nehmen den gesamten Freitagnachmittag in Beschlag. „Weniger als sechs Stunden pro Video sind nicht drin“, so der Lehrer. Zusätzlich hat er bereits in den Sommerferien im vergangenen Jahr ein Skript verfasst und intensive Vorbereitungen getroffen. Verbesserungsvorschläge sowie vor allem mentale Unterstützung bekommt er dabei von seiner Partnerin, die ebenfalls Lehrerin ist.

Der große Reichtum?

Dass man als Youtuber und Influencer ordentlich Asche machen kann, ist allgemein bekannt. Doch wie viel verdient der Kirchheimer Chemielehrer mit seinen Erklärvideos? Eine Frage, die in Schweizers Umfeld immer wieder auf großes Interesse stößt. „Aktuell kommt tatsächlich gar nichts bei rum. Es ist eine reine Herzensangelegenheit“, sagt der Lehrer. Ersichtlich wird das auf alle Fälle in den Kommentarspalten unter seinen Videos. „Herr Schweizer“ geht auf individuelle Fragen seiner Zuschauer ein. „Das mag ich an kleinen Kanälen. Hier kann man die Antwort vom Youtuber bekommen und dazu noch eine richtig gute und detaillierte“, schreibt ein Nutzer als Feedback auf Schweizers Erklärungen.

Die Begeisterung für die Chemie und die Liebe zu seinem Beruf hat Florian Schweizer in gewisser Weise schon in die Wiege gelegt bekommen. Sein Papa Ernst ist ebenfalls unterrichtender Chemiker – zuhause wird dementsprechend oft über Chemie debattiert. „Zum Leidwesen meiner Mama“, schmunzelt Florian Schweizer.