„Bei uns ist alles ganz normal, und doch ein bisschen anders.“ So beschreibt die Kirchheimerin Ann-Kathrin Tausch den Alltag ihrer Familie. Schon seit er sich erinnern kann, ist Julius, der mittlere der drei Söhne, querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen.
Seine Behinderung hält den Sechsjährigen jedoch nicht zurück. Er besucht eine normale Schule, macht gerne Sport und spielt mit seinen Freunden – eben wie die anderen Jungs in seinem Alter. Eine Sache hat Julius seinen Mitschülern jedoch voraus: Aktuell kann man ihn im Fernsehen und auf der großen Leinwand im Kino sehen. Mit einigen anderen Kindern aus ganz Deutschland war Julius Teil einer Weihnachtskampagne der Organisation Aktion Mensch für Inklusion, die zeigt: „Ein bisschen anders“ ist genauso normal und genauso okay.
Es war einfach großartig. Er erzählt immer noch wahnsinnig viel davon.
Ann-Kathrin Tausch, Mutter von Julius
Dass Julius auf dem Radar der zuständigen Casting-Agentur landet, scheint wie ein Wink des Schicksals. Auf der Suche nach einem Kind im Rollstuhl setzt sich die Agentur mit dem inklusiven Sportverein beim MTV Stuttgart in Verbindung – dort, wo auch Julius regelmäßig Rollstuhlsport betreibt. Mit tatkräftiger Unterstützung durch seine Eltern schickt der Erstklässler sein selbstgedrehtes Bewerbungsvideo auf den Weg. Dann heißt es: warten.
Vier Tage voller Highlights
Eine Woche vor dem Drehtermin bekommt Familie Tausch endlich die lang ersehnte Rückmeldung: Julius hat den Part in der Tasche. Bevor er gemeinsam mit seinen Eltern und den beiden Brüdern zum Dreh nach Berlin reisen darf, müssen Mama und Papa allerdings noch einiges an Papierkram erledigen. Unter anderem braucht Julius eine Arbeitsgenehmigung vom Jugendamt und eine Erlaubnis der Schule. Denn: Zwei der vier Reisetage fallen in die Schulwoche. Für diese Zeit wird er vom Unterricht freigestellt. „Zum Glück“, fügt Julius grinsend hinzu.
Dann kann es auch schon losgehen. Mit vollgepackten Koffern geht es ab nach Berlin. Für Julius ist es das erste Mal in der Hauptstadt. Vor Ort hat Aktion Mensch dafür gesorgt, dass es Familie Tausch an nichts fehlt. Von der Unterbringung bis zum eigenen Chauffeur ist alles organisiert und bezahlt. Für die Familie habe der Fahrer sogar „nigelnagelneue“ Kindersitze besorgt und einen Abstecher zu Berliner Sehenswürdigkeiten wie dem Brandenburger Tor gemacht, erzählt Julius begeistert.
Doch der Sechsjährige ist natürlich nicht ausschließlich zum Sightseeing in der Stadt. Samstagabend geht es auch schon an die Anprobe der Klamotten (oder in Filmsprache: das „Fitting“). Passend zum weihnachtlichen Setting des Videos lautet der Dresscode: dicke Winterklamotten. „Als Ende September gedreht wurde, war es aber noch relativ warm“, erzählt Ann-Kathrin Tausch. So sei man unter den Mützen und Mänteln ordentlich ins Schwitzen gekommen. „Die Winterwerbung filmst du im Sommer mit Jacke, und im Winter dann andersrum“, merkt Julius an. „Immer in der falschen Jahreszeit.“
Eine Leidenschaft ist geboren
Am Sonntag steht für die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler ein Fotoshooting für die sozialen Medien auf dem Programm, der eigentliche Dreh findet am Montag in einem örtlichen Buchgeschäft statt. Er sei schon etwas nervös gewesen, gesteht Julius. Um den am Ende gerade mal 45 Sekunden langen Clip zu filmen, verbringen die Kinder und ihre Familien ganze sieben Stunden am Set. „Da steckt eine wahnsinnige Mühe dahinter“, berichtet Ann-Kathrin Tausch. Um den perfekten Shot zu bekommen, habe man zum Teil Stunden mit nur einer Bewegung verbracht.

Für Julius war es trotzdem eine einzigartige Erfahrung. „Es war einfach großartig. Er erzählt immer noch wahnsinnig viel“, so Tausch. „Er hat außerdem eine neue Begeisterung dafür gefunden, wie so ein Film gemacht wird.“ Auch den Teams der Casting-Agentur und Aktion Mensch gebühre ein ordentliches Lob für ihr Engagement und die gute Organisation. Laut eigener Aussage war das Coolste für Julius neben dem Hotelessen aber, „dass man ausschlafen konnte“.
Den fertigen Werbeclip darf Familie Tausch Anfang Dezember das erste Mal gemeinsam im Fernsehen bestaunen. Dank seines TV-Auftritts ist der Sechsjährige auf dem Schulhof natürlich ein kleiner Star: „Mich haben schon elf ganz fremde Kinder angesprochen und gesagt: Hey du, wir haben dich im Fernsehen gesehen“, erzählt Julius stolz.
Öfter Menschen im Rollstuhl auf dem Bildschirm zu sehen, fände er schön. „Wir freuen uns immer, wenn wir jemanden sehen“, ergänzt seine Mutter. „Ihm fällt jeder Rollstuhlfahrer in der Stadt auf und jedes Playmobil-Männchen, das im Rollstuhl sitzt.“ „Lego-Männchen“, korrigiert Julius.
In Zukunft möchte der Sechsjährige unbedingt öfter schauspielern und vor der Kamera stehen – aber natürlich nicht ohne Mama.
Den Clip gibt es online unter www.aktion-mensch.de/frohe-weihnachten-fuer-alle#Weihnachtsspot zu sehen.