Georg-Friedrich Händel war ein umjubelter Star seiner Zeit. Obwohl die Musikwelt Londons dem barocken Meister nach ersten Opernerfolgen und fulminanten Aufführungen seiner berühmten „Wassermusik“ zu Füßen lag, gönnte sich der 32-Jährige ab 1717 als Hofkomponist auf Schloss Cannon eine Auszeit. Im Hinterland Londons konnte er in Ruhe experimentieren und neue Formen und Themen entwickeln, die in seinen späteren Meisterwerken immer wieder auftauchen. Dass die damals entstandenen „Chandon-Anthems“, trotz ihrer komprimierten Form, wahre Perlen der Musik sind, hörte man beim Konzert des Kirchheimer Kammerchors in der Jakobuskirche Notzingen.
Kammerchor spielt seine Qualitäten voll aus
Aus den elf Kantaten, deren Texte Händel allesamt dem alttestamentarischen Buch der Psalmen entnahm, hatte Bezirkskantor Ralf Sach die Nummern zwei und acht ausgewählt. Nach einer von der Capella Martini zur Eröffnung klangpräzise realisierten Sinfonia, spielte der Kirchheimer Kammerchor „In the Lord put I my trust“ seine Qualitäten voll aus: Die Balance der Stimmgruppen stimmte, die vokalen Stränge mischten sich bestens, und auch die Intonation bewegte sich weitgehend auf der Idealspur. Im engagiert musizierenden Instrumentalensemble hatte der Kammerchor eine sichere Stütze. Zudem waren die Gesangssolisten Pluspunkte der in sich stimmigen, von Dirigent Ralf Sach durchdacht angelegten Interpretationen.
In der Arie „God is a constant“ überzeugte Philipp Nicklaus mit spannungsvoll geformten Melodielinien und Glanz in den Höhenlagen. Bei einer etwas dezenteren Orchesterbegleitung wäre der Solopart jedoch noch vorteilhafter zur Wirkung gekommen. Besser gelang die klangliche Abstimmung in „The righteous Lord“, wo der Tenor die getragenen Kantilenen über durchsichtigem orchestralem Grund wunderbar frei entfalten konnte.
Sängerin Maria Martinez Gabaldon beeindruckt
Beeindruckende stimmliche Qualitäten zeigte die aus Spanien stammende Sängerin Maria Martinez Gabaldon. Sie absolvierte die Sopranpartie mit schön timbriertem, in allen Lagen ausgeglichenem Organ und mühelos angesteuerten Spitzentönen: Es war ein Genuss, der jungen Sängerin zuzuhören.
Auch in der Kantate „O come, let us sing“ ergänzten sich Gesangssolisten und Chor aufs Beste: Sopran und Tenor setzten vokale Höhepunkte, und der Kirchheimer Kammerchor sorgte für spannungsvolle Kontraste. In der wunderbaren Akustik der Jakobuskirche entfaltete sich der Chorklang frei schwingend. Die Choristen waren bestens vorbereitet, sorgten für frische Klänge und saubere Artikulation. Wo es die Partitur verlangte, ging man zupackend ans Werk – jedoch stets auf nobler Klangspur. Volltönend und mit Verve vorgetragen setzte der Chor mit „There is a sprung“ den glanzvollen Schlusspunkt eines beeindruckenden Konzerts.
Zuvor hatte Ralf Sach zwischen den beiden Kantaten Georg-Friedrich Händels „Orgelkonzert F-Dur“ gespielt. Im Altarraum sorgte das von Konzertmeisterin Katharina Kefer geführte Orchester für eine solide Begleitung, und von der Empore herab ließ Sach brillante Orgelklänge erschallen.
Souverän setzte er mit Präzisionsarbeit an Manualen und Pedal den virtuosen Notentext um: Das Laufwerk perlte makellos. Nach den bestens abgestimmten Dialogen zwischen Orchester und Orgel in der herrlich schwingenden Siciliana brach sich im finalen Presto unbändige Musizierlust Bahn. Ralf Sach ließ die Triolen mit flinken Fingern laufen, und begeisterte das Publikum mit einem furiosen Feuerwerk der Töne.

