Brauchtum
Kirchheimer Kloster-Deifel: Narrentaufe bei Frühlingswetter

Feiern, wählen, feiern: Die närrische Saison ist eröffnet. Neun Täuflinge bestanden die eklige Prüfung der Kloster-Deifel, der Marktplatz in Kirchheim war voll von schaulustigen Zuschauern.

Die Kirchheimer Kloster-Deifel haben auf dem Kirchheimer Marktplatz die fünfte Jahreszeit mit viel Getöse und vielen Zuschauern eröffnet. Foto: Sabine Ackermann

Hallo Kirchheim, geht das ein bisschen lauter? Ihr seid noch ein bisschen langsam drauf“, fordert Holger Böhm mehr Wumms von den Besucherinnen und Besucher ein. Für die Täuflinge habe man sich „wieder viel einfallen lassen“, verspricht der Zunftmeister und rührt danach gleich die Werbetrommel für den großen Fasnet-Umzug. „3000 Hästräger, 80 Gruppen, hoffe, dass alle dabei sind – die Narren in Berlin halten uns nicht auf.“ Kaum ausgesprochen, weist er auf die Neuheit eines „Klo-Wagens“ hin und betont augenzwinkernd: „Wer sein Angstwässerle loswerden will, der kann hier eine gepflegte Sitzung abhalten.“ Manche Täuflinge würden schon die Hosen voll haben.

Dann ist es soweit: der oberste Mephisto ist aus den rauchgeschwängerten Tiefen der Hölle ans Tageslicht gekommen, um seine weiteren Kollegen zu suchen. „Kloster-Deifel, wo na? D’Höll na! Fürchtet euch nicht“, holt der Zunftmeister im Namen der streng kontrollierenden Häswartin seine Deifel auf die Bühne, die sich dann gegenseitig vom Staub befreien. Auch das zuschauende Volk wurde mit einbezogen, sie mussten sagen, welche Utensilien nicht zur „Dienstkleidung“ eines waschechten Kloster-Deifels gehören. Angefangen von der Löwenmaske, Sonnenbrille, rosa Gummiente, silberne Weste bis zu einer fehlenden Hose, da war vieles dabei.

 

Die „Guggamusigg Rommdreibr“ aus Rechberghausen sorgte für die nötige Stimmung. Foto: Sabine Ackermann

 

Schließlich wurde aufgetischt, ein Mehrgänge-Menü, dass sich die Täuflinge via Glücksrad selbst zusammenstellen konnten. In weißer Schutzausrüstung gekleidete Vollstrecker versorgten die neun Täuflinge im Alter von 12 bis „18plus“ mit farbigen Geleebohnen: grün – saftige Birne oder Nasenpopel, rot – Pfirsichgeschmack oder Kotze, orange – Erdbeer-Banane-Smoothie oder toter Fisch. Weitere Gerichte waren Granatapfel oder alter Verband, Butterpopcorn oder faules Ei. Zum Trinken gab es schmutziges Spülwasser. „Die Geschmacksknospen sind geöffnet“, verkündet Holger Böhm. „Bähh, iiihh“, hört man immer wieder vom altersmäßig bunt gemischten Publikum, die aber trotzdem ihren Spaß beim Zuschauen hatten. „Das ist ja schlimmer als im Dschungel“, findet eine junge Frau, die zwischen „Mitleid und Bewunderung“ der mutigen Täuflinge schwankt. Danach wurden Celine, Fabian, Jacky, Katha, Luzia, Mareike, Sebastian, Valerie und Zoe löffelweise ein speziell angerichteter „Himbeertraum“ aus Sauerkraut, rote Beete, Makrelen, Zahnpasta und Knoblauch in den Mund geschoben. Hatten sie das mehr oder weniger freiwillig geschluckt, bekamen sie hinterher noch eine Würz-Ladung voller Ketchup und Senf, garniert mit Sägespänen und Mehlwürmern auf die Kleidung. Musikalisch untermalt wurde die Narrentaufe von der „Guggamusigg Rommdreibr“ aus Rechberghausen.

 

Info

Noch bis zum 4. März sind die Kloster-Deifel von Altbach bis Wäschenbeuren insgesamt 26-mal im Einsatz, darunter noch zwei Mal in Kirchheim: Am Wahlsonntag, 23. Februar, startet ab 14.14  Uhr der Umzug durch die Altstadt, am 27. Februar, dem „Schmotziga Doschdig“, wird um 17.17 Uhr das Rathaus gestürmt.

 

Neun Täuflinge nahmen die Strapazen des Aufnahmeritus auf sich und erfüllten ihre Aufgaben. Foto: Sabine Ackermann
1 von 20