Animateurin
Kirchheimerin arbeitet als Biking-Guide auf der Aida

Bianca Boyaciyan aus Kirchheim erobert als „Biking-Guide“ der Aida-Kreuzfahrtflotte die sieben Weltmeere. Nach Hause geht es für sie erst wieder im kommenden Frühjahr.

Immer gut drauf: Bianca Boyaciyan fühlt sich als Biking-Guide auf hoher See so richtig wohl.      Foto: Brigitte Geiselhart

Weihnachten feiert man am liebsten zuhause. Dieser Meinung ist auch Bianca Boyaciyan aus Kirchheim. Doch diesmal ist alles anders. Kein Fest im Kreis der Familie. Keine heimischen Weihnachtspartys, auch die geliebten Gutsle ihrer Mama werden fehlen. Warme Kleidung muss sie hingegen nicht vermissen. Die 28-Jährige verbringt die Feiertage nämlich nicht bei winterlichen Temperaturen im Ländle, sondern unter karibischer Sonne.

Als „Outdoor Guide“ der Aida-Kreuzfahrtflotte sorgen sie und ihr Biker-Team dafür, dass sportlich orientierte Urlauber auf ihre Kosten kommen – und sich bei den Landausflügen mit den etwa 85 bordeigenen Cross- und E-Bikes so manche Kalorie auch wieder abtrainieren können. Am Heiligen Abend liegen sie mit der Aidabella vor Costa Rica und an den Weihnachtstagen in Panama vor Anker.

Dezember 2024: Die Aidabella ist mit knapp 2000 Passagieren und etwa 625 Besatzungsmitgliedern aus über 20 Nationen von den norwegischen Fjorden kommend unterwegs und hat die Reise über England, Spanien und Portugal quer über den Atlantik angetreten. Den Winter über wird sie in den Gewässern der Karibik ihre Runden drehen. Mit an Bord ist Bianca Boyaciyan. Sie ist immer gut drauf – und das nicht nur, weil die klimatischen Bedingungen dazu einladen, mit der Sonne um die Wette zu strahlen. Immerwährender Urlaub? Nein, dafür eine anstrengende Siebentagewoche.

Ein Traumschiff als Arbeitsplatz

Für die nächsten Monate ist das Traumschiff ihr Arbeitsplatz und auch ihr Zuhause. Urlaubslaune trotz Arbeit? Aber ja. Outdoor-Aktivitäten – vor allem  mit Radsport – das ist ihre Welt. Mit dem Fahrrad einen sechsstündigen Ausflug auf St. Kitts zu machen, die herrlichen Naturschönheiten dieser Inselwelt bewundern zu dürfen und dabei mehr über Land und Leute zu erfahren, darauf kann man sich doch nur freuen. Nicht zu vergessen den ausgiebigen Badestopp, der an einem weißen, fast menschenleeren Sandstrand auch noch bevorsteht. Aber erst einmal heißt es, in die Pedale zu treten. Immerhin gilt es, hügeliges Terrain, 42 Fahrkilometer und auch knapp 710 Höhenmeter zu bewältigen. Dass am Ende alle Radler trotzdem ein Lächeln auf den Lippen haben, ist nicht zuletzt auch Bianca Boyaciyans Verdienst.

Geboren und aufgewachsen ist die Seefahrerin zusammen mit zwei älteren Schwestern in Kirchheim. Nach der Teck-Realschule machte sie 2015 ihr Abitur an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule. An der Musikschule lernte sie Blockflöte und Klavier und machte gerne mit Freunden zusammen Sport. „Ihre“ Stadt war für sie immer eine gute Mischung von nicht zu städtischem und doch auch nicht mehr dörflichem Charakter. Auch das anschließende duale Betriebswirtschaftsstudium in Stuttgart empfand sie als gelungene Kombination aus Theorie und Praxis. Um ihren Horizont zu erweitern, reiste sie nach Südafrika, um in einem der Townships ein Soziales Jahr zu absolvieren. „Ich habe viel gelernt über das Land und die Menschen. Aber auch über mich selbst“, reflektiert die 28-Jährige. „Dass ich sehr gerne draußen in der Natur bin, wandere, neue Orte entdecken und Sport treiben möchte.“

Das Team der Biker. Abends oder an Seetagen heißt es, die 85 bordeigenen Bambus-Bikes zu warten und für den nächsten Ausflug wieder herzurichten.      Foto: Brigitte Geiselhart

Sprung ins kalte Wasser

Durch Corona war sie in Berlin „gestrandet“ und arbeitete zwei Jahre als Sales Managerin in einem Kundenservice. Sie wollte wieder zurück zu ihren Wurzeln, aber auch die Welt und neue Orte entdecken. Auf einer Party lernte sie eine Kollegin kennen, die gerade von der Aida nach Hause kam. „Noch am selben Abend habe ich mich beworben“, erzählt sie begeistert. Dann ging alles recht schnell. Schon kurze Zeit später kam der buchstäbliche Sprung ins kalte Wasser. Denn bevor jemand als Crew-Mitglied angeheuert werden kann, muss man in Rostock ein einwöchiges Sicherheitstraining absolvieren. Da hieß es unter anderem, in voller Montur in das eiskalte Hafenbecken zu springen. Erst nach bestandener schriftlicher und praktischer Prüfung gibt es das Zertifikat – und man darf an Bord arbeiten.

Lieber auf dem Rad als im Bus

Im April 2022 fuhr sie zunächst als Ausflugsbegleiterin auf der Aidaprima Routen um die europäischen Metropolen und Norwegen. Schnell wurde ihr klar, dass sie auf den Exkursionen lieber mit dem Rad als im Bus unterwegs sein möchte, und sie wechselte zu den „Bikern“. Hier galt es, Touren selbst vorzubereiten, vielleicht morgens schon mal vorab die Strecke zu radeln, sich mit den Highlights und Stationen der Route vertraut zu machen. „Ich bin jeden Tag happy, an dem ich rauskomme und radeln darf“, schwärmt sie. „Man erlebt die Umgebung auf ganz andere Weise, jede neue Gegend ist anders, alles ist immer neu und aufregend.“

Erst im März geht es wieder zurück. Dann will sie Maultaschen essen und auf der Teck einfach nur den Ausblick genießen: „Kirchheim ist halt mein Heimathafen.“

 

Arbeiten auf dem Schiff

Berufe an Bord: An Bord der Aida-Schiffe sind rund 170 verschiedene Berufsbilder vertreten, sowohl in den klassischen Bereichen wie Nautik, Technik oder Hotellerie und Gastronomie, aber auch in Bereichen wie Wellness, Sport, Tourismus, Betriebswirtschaft oder Entertainment. Hierzu gehören zum Beispiel Spa-Therapeuten, Tauchlehrer, Licht- und Tontechniker, Mediengestalter, Musiker, Schauspieler, aber auch Personalmanager. Auf dem Internetprotal www.aida-jobs.de finden Interessierte alle aktuellen Job- und Ausbildungsangebote mit den ausführlichen Anforderungsprofilen und die Möglichkeit der Onlinebewerbung.

Sicherheit an erster Stelle: Bevor ein Besatzungsmitglied an Bord geht, ist es verpflichtet, ein einwöchiges Sicherheitstraining in Hamburg oder Rostock zu absolvieren. In Theorie und Praxis werden alle Mittel der Brandbekämpfung erlernt und eingeübt. „Das war für mich schon sehr beeindruckend“, erzählt Lisa-Maria Föll. Einen Feuerlöscher mal selbst in der Hand zu halten und zu betätigen, sei doch etwas ganz anderes als „nur“ die Theorie. „Wir waren auch in einer absolut dunklen Kammer, in die Rauch geblasen wurde. Es gab verschiedene Hindernisse, und wir mussten zu zweit den Ausgang finden. Das war mega-spannend“, erinnert sie sich. Oder wenn es galt, im Überlebensanzug ins Wasser zu springen und als Gruppe zusammenzubleiben. Auf jeden Fall wurde trainiert, ein Gefühl für die verschiedenen Notsituationen zu bekommen, und abschließend gab es sogar einen Test. An Bord gibt es für die Crew weiterhin wöchentliche Übungen, bei denen alle möglichen Szenarien simuliert werden – ein Brand in der Küche oder in einer Gästekabine, Person über Bord, Stromausfall und vieles mehr. „Wenn man dann aber alles über das Schiff, die Rettungsmittel und die Abläufe gelernt hat, fühlt man sich auch sehr sicher auf einem Schiff“, ist Bianca Boyaciyan überzeugt.     bg