Der Gast des Abends beim Neujahrsempfang der CDU in der Zehntscheuer in Nabern wurde mit einem großen Vergleich angekündigt. „Unseren Sebastian Kurz von Baden-Württemberg“, stellte Karl Zimmermann, Landtagsabgeordneter der CDU des Wahlkreises Kirchheim, Manuel Hagel vor. Der brillante Redner, der für 2020 in Nabern den letzten Neujahrsempfang der CDU im Wahlkreis durchführte, gilt als der neue Shooting-Star der CDU. Seit 2016 ist er Landtagsabgeordneter des Alb-Donau Kreises und CDU Generalsekretär für Baden-Württemberg.
Der 31-Jährige enttäuschte nicht: Er gab sich unverstellt, heimatverbunden und volksnah. Der gelernte Bankbetriebswirt empfahl seiner Partei, mehr zuzuhören als zu sprechen, denn falsch verstandene Toleranz bediente nur die politischen Ränder. So habe er in einem Schreiben vom Verband der Erzieherinnen die Forderung erhalten, dass sich die Kinder nicht als amerikanische Ureinwohner verkleiden sollten. „Darauf bedarf es eine klare Antwort“, so Manuel Hagel, „unsere Kultur wird dadurch nicht geschmälert, wenn sich Kinder im Karneval so verkleiden. Ist das nicht vielmehr Ausdruck einer im wahrsten Sinne gearteten „Verrücktheit“ in der Gesellschaft?“, gab er zu bedenken.
Er forderte klar erkennbare Konturen mit einer klaren Kante und Sprache. Seit über zehn Jahren sei die „Asymmetrische Demobilisierung“ Ausdruck eines politischen Stils in der CDU, die die politischen Ränder für Grüne und AfD mobilisiert hätten. „Wir beziehen keine Stellung, also sind wir nicht angreifbar, doch daran sollten wir uns nicht gewöhnen“, sagte Manuel Hagel, „das fällt uns nun auf die Füße.“ Dadurch sei niemand in der Lage, nicht einmal drei Themen zu benennen, für die die CDU heute stünde. Die Antwort gab er selbst: „Wir sind eine liberale, christlich soziale und konservative Partei.“ Ihre liberale Haltung zeigte sich zu vielen aktuellen Themen, wie Homoehe oder Integration. „Wer die Ärmel hochkrempelt, sich anstrengt, erreicht etwas. Chancengleichheit von Anfang an.“
Im Bildungssystem etwa sei es an der Zeit dem ewigen Akademisierungswahn ein Ende zu setzen. Wo einst Ministerpäsident Winfried Kretschmann forderte, dass 60 Prozent eines Jahrgangs Abitur machen sollten, müsste man sich fragen, ob die Menschwerdung erst beim Abitur anfange. Dafür erntete er spontanen Applaus. Inzwischen sind die ökonomischen Aussichten eines Handwerksmeisters viel besser als bei einem x-beliebigen Bachelor. Allerdings klagten ihm beim Besuch eines Handwerksbetriebs zwei Azubis, dass ihnen von ihrem kärglichen Lohn gerade einmal 100 Euro blieben nach Abzug der Fahrtkosten in die Berufsschule nach Mannheim mit Unterbringung im Wohnheim. Resigniert und politikverdrossen fragten sie, ob überhaupt jemand von der Politik sie „auf dem Schirm“ habe. „Jene Handwerksburschen sind nicht der Restposten der Gesellschaft, sondern die wichtige Basis für die Gesellschaft, deshalb ist es wichtig, ihnen zuzuhören und sich einzusetzen. Das ist der christlich soziale Gedanke“, sagte Manuel Hagel. Inzwischen übernimmt das Land wieder Fahrt- und Unterkunftskosten.
Im Vergleich zur liberalen FDP, die nach der Maxime „Das Stärkere setzt sich durch“ handeln würde, sieht sich Manuel Hagel dem christlichen Auftrag verpflichtet. „Das „C“ in der CDU ist ein „Urmarkenkern“, quasi der Sextant der Partei. Es sei nicht aus der „Zeit gefallen“, sondern steht für Freiheit, Solidarität, Anerkennung der demokratischen Grundordnung. Einzig und allein mit „konservativ“ wäre es nicht so einfach. Auch eine AfD beanspruchte konservativ zu sein. Erdrutschartige Verluste der Christdemokraten in der jüngsten Vergangenheit sprächen für sich. Doch „konservativ“ bedeutete für die CDU nicht die Zurückgewandtheit in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts oder ein Weltbild „wie es sein soll“, sondern nimmt das Weltbild wie es ist und entwickelt es weiter nach vorn. Mit der reaktionären AfD, die auf Spaltung und Hetze gepolt ist und ein herabwürdigendes Menschenbild habe, gebe es keine Gemeinsamkeiten.
Nach der Frage, ob es Volksparteien heute noch brauchen würde, antwortete Manuel Hagel mit einem eindeutigen „Ja“. „Nie sind sie dringender nötig gewesen als heute. Wir sind die Klammer in der Gesellschaft und garantieren den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir setzen uns für diesen demokratischen Staat ein und vertreten eine dem Leben zugewandte Politik“, sagte er nachdrücklich. „Wir werden Verantwortung übernehmen und uns selbst bewegen müssen.“ Danach ließ man den Abend bei kaltem Büffet und Getränken ausklingen.