Kirchheim
Kleiderordnung an Schulen: „Unterwäsche wollen wir nicht sehen“

Bildung „Lottrige, zerrissene oder freizügige Kleidung“ ist dem Bundeselternrat ein Dorn im Auge. Braucht es an Schulen in der Region einen Kleiderwechsel? Von Debora Schreiber

Ab wann ist das Top zu kurz, der Rock zu knapp und die Hose zu schmuddelig? Der Bundeselternrat hat sich für Kleidungsregeln an deutschen Schulen ausgesprochen. Gibt es in der Region Handlungsbedarf?

„Bei uns an der Schule gilt die Regel, dass wir die Unterwäsche nicht sehen möchten, und das gilt für Jungen gleichermaßen wie für Mädchen“, verrät Dunja Salzgeber, die Rektorin der Realschule Lenningen. Aber auch bei dieser Regel ist ihr wichtig, mit den Schülern, Eltern und Lehrern zusammen eine Lösung zu finden. Keiner soll übergangen, ausgeschlossen oder vor vollendete Tatsachen gestellt
 

Die Kleidungs­ordnung darf nicht in Stein gemeißelt werden.
Dunja Salzgeber
Rektorin der Realschule Lenningen

 

werden. „Die Schüler haben ein Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, und dem müssen wir Rechnung tragen“, erklärt die Rektorin. „Allerdings haben wir auch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag.“ Es sei wichtig, den Schülerinnen und Schülern zu erklären, dass sie mit der Art und Weise, wie sie sich kleiden, eine Außenwirkung erzielen. „Wenn man sich in einem System bewegt, muss man sich einschränken“, sagt Dunja Salzgeber. Bei einem Vorstellungsgespräch und überhaupt im Berufsleben werde ein gewisser Dresscode erwartet: Beherrscht man ihn nicht, geht es nicht.

Ist der gemeinsame Konsens erst mal gefunden, ist das Kapitel noch nicht abgeschlossen: „Die Kleiderordnung darf nicht in Stein gemeißelt werden“, sagt Dunja Salzgeber. Die Gesellschaft, die Mode und das allgemeine Verständnis ändern sich schnell. Eine Einordnung in angemessene Kleidung oder Lotterklamotten sei nicht einfach möglich – ist sie jedoch gefunden, könne sie sich schnell wieder ändern. Früher hätten beispielsweise Banker immer lange Hemden getragen, heute könnten es auch kurze sein.

Schüler achten aufeinander

Nicht so eng sieht Martin Roll, der Schulleiter des Ludwig-Uhland-Gymnasiums Kirchheim, die Diskussion um die Kleiderordnung. „Man muss auch auf die Jugendlichen zugehen“, sagt er. Die Jogginghose sei mittlerweile ein ganz normales Ausgeh-Outfit – die könne man nicht mehr verbieten. „Die Jugendlichen sind nicht gleich verlottert, nur weil sie es sportlich und bequem mögen“, sagt er. Auch bauchfrei findet er im gewissen Rahmen okay: So sei nun mal der derzeitige Trend. Außerdem sei eine Schule eine sich selbst regulierende Einrichtung. Die Schülerinnen und Schüler würden sich untereinander darauf aufmerksam machen, wenn der Griff in den Kleiderschrank daneben ging.

Der Gesamtelternbeirat Kirchheim (GEB) sieht das ähnlich: „Probleme wegen unangemessener Kleidung waren in den vergangenen Sitzungen kein Thema, und wir sehen hier auch keinen akuten Handlungsbedarf. Wir denken, dass keine starren, einheitlichen Regeln notwendig sind“, erklärt Stefanie Rau, die Vorsitzende des GEB. Im Fall der Fälle könne von Schule zu Schule individuell entschieden werden. „Aktuell haben wir an den Schulen beispielsweise mit dem Lehrkräftemangel aber viel dringendere und wichtigere Probleme als eine Kleiderordnung“, sagt Stefanie Rau.

Jugendliche äußern sich

An der Alleenschule in Kirchheim sind sich die Jugendlichen einig: „Ordentlich – nicht wie ein Schlafanzug – soll die Kleidung aussehen.“ Eine starre Kleiderordnung würde Emelie aber nicht gefallen: „Ich würde es nicht so cool finden, wenn ich nicht mehr tragen dürfte, was ich möchte.“

„Ich trage eigentlich immer schlichte Kleidung. Einmal habe ich mich ein bisschen bunter angezogen, aber da haben alle komisch geschaut“, verrät Tram Anh.

„Jeder soll anziehen, was er möchte, das darf auch gerne knallig sein“, sagt Sofia.

Von der Jungsfront äußert sich Dima: „Ich hätte nichts gegen eine Kleiderordnung, aber ich könnte mir vorstellen, dass es Probleme mit der Kultur mancher Schüler geben könnte“, erklärt er.

Sana ist Trägerin eines Kopftuchs und hätte nichts gegen eine Kleiderordnung – ihr ist nur wichtig, dass wenn die Hose eng sitzt, das T-Shirt locker fällt und umgekehrt.

An der alten Schule von Lea Marie war es verboten, bauchfrei oder in Jogginghose zur Schule zu kommen. Schlimm fand sie das nicht.

„Ich finde es wichtig, dass man sich in seinen Klamotten wohlfühlt, dann ist man auch viel selbstbewusster und wird nicht gemobbt“, sagt Märthe. Angemessene Kleidung sei jedoch auch eine Frage des Respekts. Ein Problem sieht sie an ihrer Schule nicht: „Man wird von den anderen Schülern gemustert und wenn man etwas Übertriebenes trägt, wird man darauf angesprochen.“ Da gäbe es schon einen gewissen Druck, dass man sich anpasst. Die Schülerinnen und Schüler stimmen überein: „Hier kleidet sich keiner zu krass, es tragen eh alle ungefähr dasselbe.“

„Es kam zwar noch nicht vor, aber wenn die Tops mal zu kurz werden, würden wir das auch ansprechen. Es ist einfach nicht gut, wenn die Lehrer Dinge sehen, die sie nicht sehen sollen“, erklärt Thorsten Bröckel, der Schulleiter der Alleenschule.