Die Szene hat Symbolcharakter - auch im Hinblick auf die Bauverzögerungen, die es auf der Klosterweise gab: Der Wein, den es zu einem Richtfest braucht, steckt in der Flasche. Die Flasche hat einen Schraubverschluss, also kann schon beinahe nichts mehr schiefgehen. Trotzdem fehlt noch ein wichtiges Utensil, nämlich das Glas, das nach dem Richtspruch in den Grund fahren soll, um das Gebäude nach altem Handwerkerbrauch ordentlich zu weihen.
Die Nachbarschaft hilft aus und holt schnell ein Glas. Aber so kommt es eben auch beim Richtfest zur unvorhergesehenen Verzögerung. Danach geht alles ganz schnell, weil die Gäste nach innen drängen. Draußen ist es empfindlich kalt: Trotz kalendarischen Frühlingsbeginns schickt Petrus leichten Schneefall zum Richtfest.
Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker erinnert an lange Diskussionen im Vorfeld, als die Stadt mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit gegangen war, einen Teil der Klosterwiese zu bebauen: „Nicht alle waren von Anfang an begeistert. Deswegen finde ich es besonders schön, dass auch die weniger Begeisterten nun zum Richtfest erschienen sind.“
Als die Planung begann, war man noch von 10 000 Menschen im Kreis Esslingen ausgegangen, für die Wohnungen in der Anschlussunterbringung bereitzustellen seien: „Es sind dann weniger geworden, und da sind wir froh darum.“ Froh sei die Stadtverwaltung auch, weil es gelungen ist, den Weg einzuschlagen, den ein Bürgerbegehren gewünscht hat: „Wir können die Menschen ganz gut verteilen. Wir haben Wohnungen gefunden, Häuser gekauft - und wir bauen.“
Die Klosterwiese ist der dritte Standort - neben Hafenkäs und Jesinger Bolzplatz - der in absehbarer Zeit bezogen wird. „Ich will nichts beschönigen“, sagt die Oberbürgermeisterin vor zahlreichen Anwohnern: „Es gibt Situationen, die nicht so sind, wie man sich‘s wünscht. Das muss man offen ansprechen können.“ Aber genauso offen müsse man aufeinander zugehen, „damit ein Zusammenleben gelingt“. Auch in diesem Sinn hatte die Nachbarschaftshilfe mit dem Glas Symbolcharakter.
Beate Kloss-Nitzschke, die zuständige Mitarbeiterin des Hochbauamts, führt in die Grundgedanken des Bauens für die Anschlussunterbringung in Kirchheim ein: „Ein Wohnmodul besteht aus sechs Wohnungen, die 55 bis 80 Quadratmeter groß sind - ein Mal mit zwei, drei Mal mit drei und zwei Mal mit vier Zimmern.“ Oberstes Gebot sei kostengünstiges Bauen: „Deshalb gibt es keinen Keller, keine Balkone und ein flaches Dach. Der Baukörper ist sehr einfach.“ Die Grundrisse der Wohnungen seien flexibel, sodass man auf den unterschiedlichen Bedarf reagieren kann - je nachdem, ob Familien in die Wohnungen einziehen oder Alleinstehende.
Aber trotz aller Sparaspekte achte die Stadt darauf, solide und nachhaltig zu bauen. Die Häuser sollen auch in 50 Jahren noch bewohnt sein: „Deshalb haben wir in gewisse Gewerke auch etwas mehr investiert. So sind zum Beispiel die Treppen aus Eichen- statt aus Buchenholz.“ In den Wohnungen gibt es einen Küchen- und Aufenthaltsraum, ein Bad, eine Abstellkammer und ansonsten noch Schlafzimmer. Die größeren Wohnungen verfügen über ein separates WC.
Neben den beiden Wohngebäuden ist noch ein kleineres Häuschen entstanden, in dem das Sozialbüro untergebracht wird. Außer für regelmäßige Sprechzeiten und Beratungen soll das Büro auch als Treffpunkt und allgemeiner Aufenthaltsraum dienen. Ansonsten sind für Begegnungen Bänke im Freien vorgesehen.
Trockner beugen Schimmel vor
Die Wärme kommt über eine Gasheizanlage, die jeweils im Technikraum im Erdgeschoss untergebracht ist. Für warmes Wasser sorgt eine zusätzliche Solaranlage. Zur Ausstattung der Wohnungen gehört eine möblierte Küche - mit Herd und Spüle. In den Bädern stehen standardmäßig eine Waschmaschine und ein Trockner. Den Trockner gibt es vor allem deshalb, dass nicht zu viel Wäsche in der Wohnung aufgehängt wird. Das könnte sonst für Schimmelbildung sorgen.
Die Stadt schließt mit den Bewohnern keine eigenen Mietverträge ab. „Die Leute werden zugewiesen“, sagt die Oberbürgermeisterin. Wer eigenes Geld verdient, mit dem werde abgerechnet, auch bei den Nebenkosten. In den anderen Fällen springen die Jobcenter ein, wie bei anderen Hartz IV-Empfängern auch. „Die Stadt erzielt also Einnahmen mit den Gebäuden - vergleichbar mit einer Miete.“ Diese Einnahmen liegen bei rund 200 Euro pro Person und Monat, was umgerechnet etwa sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter entspricht.