Für Benjamin Noll kann die Viertelstunde am Bahnhof noch ziemlich teuer werden. Er hatte seine Tochter an einem frühen Wintermorgen zur Bahn gebracht und kein Geld dabei. „Es war Samstagmorgen bei minus sechs Grad, ich wollte meine Tochter nicht allein am Bahnsteig stehen lassen“, sagt er. Keine 15 Minuten später war er wieder am Auto und staunte nicht schlecht: Er hatte einen Strafzettel an der Windschutzscheibe über einen Betrag, der ihn förmlich umhaute: 48,20 Euro sollte er bezahlen. „Bitte überweisen Sie das Geld innerhalb von zehn Tagen“, stand auf dem Zettel neben Kennzeichen und Fahrzeugtyp.
Noch schneller ging es bei Frank Huber: Er wollte am Bahnhof nur kurz etwas Geld abheben, um dann schnell weiterzufahren. Die wenigen Kurzzeitparkplätze direkt beim Geldautomaten waren – wie so oft – belegt. Nur deshalb fuhr er auf die Plätze des Bahnhofgeländes in unmittelbarer Nähe, um das Auto im Blick zu behalten. Schließlich weist ein Schild darauf hin, dass Strafen von mindestens 35 Euro drohen.
Nach drei Minuten kam jemand
Das Geldabheben hat dann auch nur geschätzte drei Minuten gedauert, aber als er sich zum Wagen aufmachte, tauchte plötzlich ein Kontrolleur auf. „Er hatte den Strafzettel schon ausgestellt und ließ überhaupt nicht mit sich reden“, erzählt Frank Huber. Fazit: 49,40 Euro und ein blödes Gefühl, dass man ihm „aufgelauert“ hat.
Das Unternehmen Conti-Park, welches die Parkplätze vor Bahnhöfen im Auftrag der Deutschen Bahn bundesweit betreibt, antwortet schnell, freundlich und routiniert: „Schwarzparken ist kein Kavaliersdelikt, denn Contipark entsteht durch nicht bezahlte Parkgebühren ein Schaden von einer Million Euro pro Jahr. Das ist in Anbetracht der günstigen Contipark-Tarife eine ungeheuer hohe Zahl“, heißt es auf Anfrage des Teckboten. „Leider ist vielen Autofahrerinnen und Autofahrern auch der Unterschied zwischen Halten und Parken nicht mehr geläufig. Parken liegt dann vor, wenn der Fahrer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält. Dabei ist es völlig einerlei, ob er schnell mal zum Bäcker geht oder zum Geldautomaten“, erklärt Pressesprecher Christoph Blase.
Grundsätzlich bestünde in Kirchheim aber die Möglichkeit, Tickets bar, mit Karte oder per App zu bezahlen. Außerdem räume die Contipark den Kunden eine Kulanz ein. „In der Regel sind es fünf Minuten. Doch unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind angewiesen, sich immer zu vergewissern, ob jemand an den Parkscheinautomaten in Sichtweite – in der Regel zwei – steht und sich dann auf das Fahrzeug zubewegt“, fügt der Sprecher hinzu. Im Zweifel würden dieses Kundinnen und Kunden auch angesprochen. „Sollte etwa jemand mit einer Brötchentüte und einem gekauften Parkschein zum Auto zurückkommen, weil er beim Bäcker erst wechseln musste, so ist das für uns völlig in Ordnung – wenn das nicht eine halbe Stunde gedauert hat. Was sich aber anhand des Aufdruckes schnell klären lässt“, erklärt Christoph Blase. Von derartiger Kulanz hat Frank Huber allerdings beim Geldabheben nichts gemerkt.
Wenn man sich also trotz der Kulanzvorgaben ungerecht behandelt fühlt oder die Kontrolleurinnen und Kontrolleure auf stur schalten, gibt es auch noch die Beschwerdestelle. Contipark teilt dazu mit: Unser Serviceteam ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17.30 Uhr unter der Telefonnummer: 0 30/3 19 87 15 55 zu erreichen. Außerhalb dieser Zeiten steht unser Serviceteam per E-Mail zur Verfügung: kundenservice@contipark.de.
Genau das hat Benjamin Noll gemacht: Er hat dem Unternehmen einen Brief geschrieben. „Ich habe Verständnis für Ihr Business, aber bitte haben Sie in diesen Zeiten auch Verständnis für Bürger, die nicht so viel Geld haben“, schrieb er darin nach der Schilderung seines Falls. Die Antwort: Sobald uns alle benötigten Angaben vorliegen, wird der Vorgang bis zur Beantwortung angehalten. Damit ist auch die Zahlungsfrist vorläufig aufgehoben. Die Prüfung des Vorganges kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir bitten Sie um etwas Geduld.“ Die bringt der Kirchheimer gerne auf, wenn ihm die Zeit auf dem Parkplatz schon nicht gewährt wurde. Denn solange keine Antwort kommt, muss er auch nicht zahlen.