Beide Seiten haben recht: Zunächst einmal ehrt es die CDU-Fraktion im Kirchheimer Gemeinderat, über die Kernaufgaben der Stadt nachzudenken. Dazu gehört mit Sicherheit die Haushaltskonsolidierung, nicht aber das Vorhalten öffentlicher Gebäude für gastronomische Zwecke. Deshalb ist die Forderung, die Stadt möge das Wachthaus verkaufen, durchaus berechtigt und nicht von vornherein von der Hand zu weisen.
Aber: Zu den erweiterten Aufgaben einer Stadt kann es durchaus gehören, auch der Gastronomie als verlässlicher Verpächter zur Seite zu stehen. Ziel eines privaten Eigentümers wäre es ja auch, mit einer solchen Immobilie - trotz notwendiger Investitionen in deren Sanierung und Erhalt - Gewinn zu erzielen. Warum sollte das also für die Stadt Kirchheim nicht möglich sein? Wenn man das Wachthaus als „Pachthaus“ betrachtet, sollte es dem städtischen Haushalt auf Dauer mehr nutzen als schaden.
Hinzu kommt in diesem Fall noch ein Auftrag zum Erhalt des historischen Stadtbilds. Völlig zu Recht zählen Freie Wähler und SPD das Wachthaus zu den bedeutenden Bauwerken der Stadt Kirchheim, die es zu erhalten gilt. Der Stadt kommt hier eine besondere Verantwortung zu. So wie sie das Spital vor einigen Jahren komplett saniert hat und so wie sie jetzt viel Geld in die Neugestaltung des Kornhauses investieren muss, so hat sie sich eben auch um das Wachthaus zu kümmern - und zwar in Eigenregie als städtisches Eigentum.
Das ist die Stadt nicht nur ihrem historischen Erbe schuldig, sondern auch ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft. Nur so kann die Stadt Kirchheim das bewahren, was sie seit dem Stadtbrand von 1690 ausmacht: ihr ziemlich homogenes Erscheinungsbild als Fachwerkstadt. Das hilft der Wirtschaft und dem innerstädtischen Handel - und es erfreut Einwohner und Touristen gleichermaßen. Von Andreas Volz