Kaum war der Bebauungsplan für den Ginsterweg in der Ötlinger Halde endgültig beschlossen, hat sich der Ausschuss für Infrastruktur, Wirtschaft und Umwelt (IWU) auch schon mit dem konkreten Bau an dieser Stelle befasst und die Ausschreibungen freigegeben. Entstehen soll ein zweigeschossiges „Mehrfamilienwohnhaus zur Anschlussunterbringung und zur Vermeidung von Obdachlosigkeit“. In den vier Wohnungen können - je nachdem, ob Familien oder Einzelpersonen einziehen werden - mindestens 12 und höchstens 22 Menschen wohnen.
Die Baukosten für das Gebäude selbst sollen sich auf 877 000 Euro belaufen. Hinzu kommen 143 000 Euro für die Außenplanung, sodass die Gesamtkosten die Millionen-Grenze um 20 000 Euro über- schreiten. Die hohen Kosten führte Birgit Spann, Leiterin des Sachgebiets Hochbau, im Ausschuss auch auf die zweigeschossige Bauweise zurück: Mit einem weiteren Stockwerk wären die Kosten im Vergleich deutlich niedriger. Bei den Gebäuden auf der Klosterwiese seien noch gute Ausschreibungsergebnisse hinzugekommen: „Das kann passieren, ist aber nicht immer der Fall.“ Insofern bleibt für den Ginsterweg noch abzuwarten, was die Ausschreibungen bringen.
An den Kosten entzündete sich eine lebhafte Diskussion. Stadtrat Hans-Peter Birkenmaier (Freie Wähler) plädierte für Sechs-, Acht-, Zehn- oder gar Zwölf-Familien-Häuser: „Ein Vier-Familien-Haus wie im Ginsterweg sollten wir als Stadt nicht mehr bauen. Das ist viel zu klein. 600 Euro Baukosten pro Kubikmeter umbauten Raums ist an dieser Stelle deutlich zu hoch. Das sind Preise wie im absoluten Luxus-Wohnungsbau.“
Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker und Ötlingens Ortsvorsteher Hermann Kik verteidigten den zweigeschossigen Bau als einzig möglichen Kompromiss mit den Anwohnern. „Ursprünglich wollten wir zwei Gebäude mit jeweils drei Stockwerken bauen“, sagte die Oberbürgermeisterin. Nach langen Diskussionen mit der Nachbarschaft sei schließlich noch das eine, niedrigere Gebäude übriggeblieben - „im Wissen darum, dass es teurer wird“. Hermann Kik ergänzte: „Wir brauchen die Diskussionen nicht erneut zu führen. Unter Betrachtung der Umgebung und des Wohngebiets ist dieser Kompromiss der einzig richtige.“
Dafür gab es aber noch eine weitere Diskussion, angestoßen von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Sabine Bur am Orde-Käß: „Wir sollten in höheren energetischen Standards bauen“, forderte sie. Im Ginsterweg solle der Anfang gemacht werden, nach KfW 55-Förderrichtlinien zu dämmen, auch wenn die Stadt dafür nicht den entsprechenden Zuschuss erhalten wolle.
Zahlreich waren die Gegenargumente: Die Oberbürgermeisterin wollte den Bau so schnell wie möglich fertigstellen und deswegen auf weiteres Umplanen verzichten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Thilo Rose stellte fest: „Aus umweltpolitischer Sicht ist der Vorschlag sicher gut. Aber bezahlbaren Wohnraum schaffen wir dadurch nicht.“ Stadtrat Andreas Banzhaf (Freie Wähler) hielt den Antrag nicht für zielführend, weil eine stärkere Dämmung die komplette Statik verändern könne. Die Folgen wären ganz neue Planungen und somit auch Mehrkosten und deutliche Zeitverluste.
Eine knappe Mehrheit im Ausschuss schloss sich aber dem Antrag der Grünen an, den auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Eisenmann unterstützte: „Wenn wir jetzt nicht anfangen, höhere energetische Standards zu setzen, wann wollen wir dann damit beginnen?“ Der Antrag bekam schließlich die hauchdünne Mehrheit von zehn zu neun Stimmen.
Eine weitere Anfrage wurde allerdings nicht zum Antrag erhoben: Heinrich Brinker (Linke) fragte, warum für das Gebäude im Ginsterweg keine Balkone vorgesehen seien. Die Antwort der Oberbürgermeisterin war zwar eindeutig, ließ aber ein hinteres Balkontürchen offen: „Aus Kostengründen haben wir bis jetzt bei allen Gebäuden dieser Art auf Balkone verzichtet. Eines Tages ließe sich das aber noch nachrüsten.“
Auch so bleibt die Frage, ob sich der Zeitplan erfüllen lässt, den Angelika Matt-Heidecker vorgab: „Ich gehe davon aus, dass wir das Gebäude nächstes Jahr fertigstellen. Wir sind zur Unterbringung verpflichtet und können uns keine anderthalb Jahre Zeit lassen.“