Heinrich Brinker macht Nägel mit Köpfen: Kaum war es offiziell, dass Sahra Wagenknecht mit der Linken brechen und eine eigene Partei gründen will, hat auch er den Austritt aus der Partei vollzogen, der er 24 Jahre lang angehört hat – zunächst als PDS, seit 2007 als „Die Linke“. So schnell sein Austritt einerseits
erfolgt ist, so schwer ist ihm dieser Schritt andererseits gefallen: „Ich habe mir das nicht leicht gemacht, nach dieser langen Zeit“, sagt er. „Ich habe da viel Energie reingesteckt, um hier einen Kreis- und einen Ortsverband aufzubauen.“
Von seinen Zielen und Idealen verabschiedet er sich indessen nicht. Er ist eher der Ansicht, dass sich seine bisherige Partei davon verabschiedet hat: „Gerade jetzt wird eine linke Opposition gebraucht.“ Was die Partei, die sich „die Linke“ nennt, in dieser Hinsicht allerdings biete, nennt er „einen Totalausfall, auf Bundes- wie auch auf Landesebene“.
Nach seiner Ansicht ist es die Linkspartei selbst, die sich von ihrem Programm entfernt: „Sie konzentriert sich zu sehr auf die Großstadtmilieus und auf die jungen Leute.“ Dadurch würden Kernthemen in Frage gestellt, beispielsweise das langjährige Tabu der Linken, Waffen in Krisengebiete zu liefern. Eigentlich stehe die Linke nämlich für Entspannungspolitik. Aktuell lege die Partei auch zu viel Wert „auf das Genderthema“ oder auf bestimmte ökologische Themen – was zu einer grundsätzlichen Problematik führe: „Da fühlen sich viele Stammwähler gar nicht mehr verstanden.“
Die Folge: Die klassische Klientel der Linken, die nicht mehr das Gefühl habe, wahrgenommen zu werden, gehe entweder gar nicht mehr wählen oder, „noch schlimmer, wählt sogar die AfD“. Darauf müsse man reagieren.
Was bedeutet Heinrich Brinkers Reaktion für Kirchheim und für sein Mandat im Gemeinderat? „Da ändert sich gar nicht so viel. Wir werden als Gruppierung weiterhin existieren, und wir werden uns auch nicht aufspalten. Frau Dahner hat ebenfalls ihren Austritt aus der Partei erklärt.“ Somit sitzen beide weiterhin als gewählte Vertreter der Liste „die Linke“ im Kirchheimer Gemeinderat, auch wenn bei beiden keine Parteimitgliedschaft mehr besteht.
In Gemeinderäten ist es nicht unüblich, dass jemand für eine Partei im Ratsrund sitzt, ohne Mitglied in dieser Partei zu sein. Heinrich Brinker und Ute Dahner legen sicher keinen großen Wert mehr darauf, weiterhin der Linken als Partei zugerechnet zu werden: „Wenn die Linke jetzt sagen würde, wir dürfen gar nicht mehr unter ihrem Namen firmieren, dann ginge das ja auch gar nicht mehr.“
Neue Liste zur Kommunalwahl
Allzu lange dürfte das Problem nicht bestehen: Die nächsten Kommunalwahlen stehen bereits am 9. Juni 2024 an. Heinrich Brinker wird dann nicht mehr auf einer Liste der Linken kandidieren. Eine Liste BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) kann es aber auch noch nicht geben: „Die Parteigründung erfolgt ja zunächst auf Bundesebene, und zwar Ende Januar / Anfang Februar. Landesverbände wird es erst Mitte des Jahres geben.“ Das wäre also zu spät, um als Ortsverband bei den Kommunalwahlen anzutreten. Heinrich Brinker denkt deshalb an eine Liste, die er unter dem Namen „Kirchheim.Sozial“ aufzustellen versuchen würde: „Wenn eine solche Liste zustandekommt, würden wir für diese Liste auch kandidieren.“
Sein Engagement im Rosa-Luxemburg-Club Kirchheim sieht Heinrich Brinker durch seinen Parteiaustritt nicht gefährdet: „Die Rosa-Luxemburg-Stiftung soll ja unabhängig von der Partei sein. Es ist keine Parteistiftung, sie ist lediglich parteinah.“ Inhalt der Stiftung sei politische Bildungsarbeit. Diese Arbeit will Heinrich Brinker gerne fortführen – unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit.
Mehr Inhalte sind gefordert
Das „Drama“ der Linkspartei sieht Heinrich Brinker in der fehlenden inhaltlichen Auseinandersetzung. Hier geht es ihm um eine Wirtschaftspolitik, die den Mittelstand fördert – weil der Mittelstand „hier für Arbeitsplätze sorgt“. Es geht ihm auch um eine aktive Friedenspolitik. Auch die aktuelle Energiepolitik prangert er an: „Bei den aktuellen Preisen ist Deutschland global gar nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Sahra Wagenknecht und ihr neues Bündnis sind für ihn die einzige Alternative zu bisherigen Linkspartei. „Sahra Wagenknecht ist konsequent links.“