Kirchheim
Konventionen gehen über Bord

Musik Beim Konzert der Gruppe „Six, Alps & Jazz“ im Club Bastion blieb kein musikalischer Stein auf dem anderen. Die Truppe aus Multi-Instrumentalisten zündete ein wahres Feuerwerk der Töne. Von Rainer Kellmayer

So ungewöhnlich wie der Name „Six, Alps & Jazz“ ist die Musik, die die Mannschaft um den Allgäuer Multi-Instrumentalisten Matthias Schriefl macht. Im Kirchheimer Club Bastion zündete die 2009 gegründete Band ein schillerndes Feuerwerk der Töne, scherte sich dabei weder um musikalische Konventionen noch um stilistische Feinheiten, ließ immer wieder Volksmusik anklingen, ohne jedoch in Volkstümelei abzugleiten.

So beeindruckend wie der Anblick der Bühne, auf der mehr als zwei Dutzend Instrumente aufgebaut waren, war die musikalische Bandbreite der Musiker: Jeder bearbeitet in virtuoser Manier mehrere Instrumente. Das Spektrum umfasste vom Sousaphon bis zur Piccoloflöte alles, auf dem sich blasen lässt, und auch Exotisches wie Ophikleide oder Schwegel durfte nicht fehlen.

Immer mit Gags gewürzt

So opulent ausgestattet gingen die sechs Herren frisch ans Werk, ließen im „Afro Alphorn“ mit ihren gewaltigen Instrumenten heimatliche Klänge ertönen - natürlich nicht in Reinkultur, sondern mit einem Füllhorn an musikalischen Gags gewürzt. Da sorgte der präzis gezupfte Walking Bass ordentlich für Drive, das Baritonsaxofon groovte und die Flöte steuerte flirrende Kaskaden bis in die Höhenlagen bei. Immer wieder setzten die Alphörner knackige Riffs, und eine durch Stampfen untermalte Gesangseinlage brachte das Ganze gewaltig durcheinander. Doch stets fand „Six, Alps & Jazz“ zurück auf die Spur. „Kölner Dom“ bescherte kammermusikalisch feines Spiel der Holzbläser, durchsetzt mit klagenden Lauten des Flügelhorns und gekrönt von hellen Spitzentönen der Piccolotrompete.

Und singen kann Schriefls Crew auch, wie in „Mini Heimat“ zu hören war: Nicht immer ganz intonationsrein, jedoch mit Inbrunst und voller Begeisterung. Nach der a-cappella gesungenen Einleitung meinte man eine instrumentale Fuge á la Bach zu hören. Doch die formale Strenge dauerte nur kurz, dann ging wieder alles durcheinander. Ein bunter Stilmix entwickelte sich, reichlich schräge Töne schlichen sich ein, und das Saxofon steuerte einen jazzigen Chorus bei. Zum Schluss löste sich der musikalische Tumult in harmonischen Gesangstönen auf. „Die Musik macht richtig Laune“, äußerte sich eine junge Dame begeistert. Damit sprach sie den Zuhörern aus dem Herzen, die nicht nur die Frische der unkonventionell zusammengewürfelten Musik genossen, sondern ein ums andere Mal von Schriefls knitzer, gelegentlich fast hinterfotziger Moderation zu Lachsalven hingerissen wurden. Doch die humorigen Ansagen passten zur Musik, bei der nichts normal war.

In „Hop di Hop“ grundierten wilde Sousaphontöne das musikalische Geschehen, der Saxofonist brachte sein Instrument zum Jubeln und der jazzige Drive nahm gewaltig Fahrt auf - ein Mordsspaß, der Appetit auf mehr machte. Dieser wurde sogleich gestillt mit einer Jodelfanfare, bei der nicht nur Blechbläserglanz aufleuchtete, sondern virtuoses Beatboxing quirlige Schlagzeugaktionen imitierte. Zusätzlich beanspruchten Jodeleinlagen die Gurgeln der Musiker, die sich in sämtlichen musikalischen Sätteln gerecht zeigten und bei allem Klamauk immer wieder mit virtuosem Einsatz ihrer Instrumente beeindruckten. So reihte sich Höhepunkt an Höhepunkt, des Jubilars Ludwig van Beethoven wurde mit einer sehr eigenwilligen Version der „Mondscheinsonate“ gedacht, und nach dem wilden Schlusstitel „Schädelweh“ sorgte das zugegebene „Schlofliadle“ für Beruhigung der Gemüter.